„Gagen gekürzt und keine Wertschätzung“: Marisa Burger bricht das Schweigen und erhebt schwere Vorwürfe gegen das ZDF
Der Abschied von Marisa Burger von den „Rosenheim-Cops“ markiert das Ende einer Ära. Über zwei Jahrzehnte lang war die Schauspielerin als Polizeisekretärin Miriam Stockl das charmante, unverzichtbare Zentrum der bayerischen Kultserie des ZDF. Mit ihrem unverwechselbaren Satz „Es gabat a Leich“ leitete sie unzählige Male auf heitere Weise ernste Ermittlungen ein und avancierte zur nationalen Fernsehikone. Nun, kurz bevor die Kameras für sie das letzte Mal ausgeschaltet werden – ihr finaler Drehtag ist für den 17. Oktober 2025 angesetzt –, meldet sich die 52-Jährige mit einer emotionalen und schonungslosen Bilanz zu Wort. Ihre Kritik ist keine leise Wehmut, sondern eine deutliche Anklage, die einen tiefen Riss in der Fassade des öffentlich-rechtlichen Sendebetriebs offenbart und eine hitzige Debatte über die Wertschätzung langjähriger TV-Stars auslösen wird.
Die Paradoxie des Erfolgs: Gekürzte Gagen trotz Quotenhoch
Die „Rosenheim-Cops“ sind ein unverbrüchlicher Erfolgspfeiler im ZDF-Vorabendprogramm. Die Quoten sind stabil, die Fanbasis loyal, und die Marke ist ein Millionengeschäft. Die Enthüllungen Marisa Burgers stehen in einem erschreckenden Gegensatz zu dieser äußeren Erfolgsgeschichte. Gegenüber der Abendzeitung packt Burger aus, dass die Bedingungen hinter den Kulissen alles andere als rosig waren. Sie spricht von mehrfach gekürzten Gagen – ein Schicksal, das im Angesicht eines anhaltenden Serienerfolgs nur schwer zu vermitteln ist.
Dieser Sachverhalt, so Marisa Burger, sei nicht nur eine persönliche Kränkung, sondern habe auch strukturelle Gründe: Unter anderem sei kein Inflationsausgleich berücksichtigt worden. In einer Zeit, in der die Lebenshaltungskosten kontinuierlich steigen und die finanzielle Belastung für jeden Einzelnen zunimmt, bedeutet eine Kürzung der faktischen Kaufkraft eine massive Missachtung der erbrachten Leistung. Für eine Schauspielerin, die über 20 Jahre hinweg täglich Millionen von Zuschauern verlässlich vor den Bildschirm lockte und maßgeblich zum Kultstatus und damit zum finanziellen Erfolg des Formats beitrug, ist dies ein Schlag ins Gesicht. Es wirft ein düsteres Licht auf die Vergütungspraktiken in Teilen des öffentlich-rechtlichen Systems und beleuchtet die prekäre Situation von Freiberuflern, deren Gehälter trotz eines florierenden Marktes scheinbar willkürlich gedrückt werden. Es entsteht der Eindruck, dass der Sender den Erfolg der Serie als gegeben hinnimmt und die kreativen Köpfe und Gesichter, die diesen Erfolg tragen, nicht entsprechend würdigt.
Das schmerzlichste Statement: Das Schweigen des Senders
Noch schmerzhafter als die finanziellen Kürzungen empfindet Marisa Burger jedoch das menschliche und professionelle Versagen des Senders in der Kommunikation ihres Abschieds. „Das ZDF hat sich bis jetzt noch nicht zu meinem Abschied geäußert“, moniert die Schauspielerin. Und sie fügt eine messerscharfe Analyse hinzu, die weit über das Persönliche hinausgeht: „So Bürger, das ist auch ein Statement unserer Branche, was Wertschätzung betrifft.“
Dieses Schweigen, diese demonstrative Funkstille eines Milliardenunternehmens gegenüber einer langjährigen Stütze eines seiner erfolgreichsten Formate, wiegt schwer. Es ist die Verweigerung der öffentlichen Anerkennung einer Lebensleistung, die in der schnelllebigen Fernsehbranche selten geworden ist. Die Tatsache, dass das ZDF es versäumte, einen offiziellen Dank, eine Würdigung oder auch nur eine knappe Pressemitteilung zum Ausscheiden einer der beliebtesten Figuren des deutschen Fernsehens herauszugeben, ist ein Affront. Es signalisiert eine kalte, rein ökonomische Betrachtungsweise, die Künstler auf austauschbare Manövriermasse reduziert. Burgers Kritik trifft damit ins Zentrum einer Debatte über die Seele des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Soll dieser nur effizient und quotenstark sein, oder hat er auch die ethische Verpflichtung, die Menschen, die ihn prägen, mit Respekt und Anerkennung zu behandeln? Das Schweigen des Senders spricht hier Bände und dient Marisa Burger als stärkstes Argument für ihren Entschluss.
Ein dreijähriger Kampf: Die emotionale Zerrissenheit
Marisa Burgers Abschied war keine spontane Laune oder eine Kurzschlussreaktion. Es war ein tiefgreifender, jahrelanger Prozess. „Drei Jahre lang habe ich mit mir gerungen, bevor klar war: Es ist Zeit für etwas Neues“, verrät sie. Diese Zeitspanne verdeutlicht das immense Gewicht der Entscheidung. 20 Jahre lang war Miriam Stockl nicht nur eine Rolle, sondern ein fester Bestandteil von Burgers Identität und Leben. Ein solcher Ausstieg ist nicht nur ein beruflicher Wechsel, sondern ein Abschied von einer Familie, einem geregelten Alltag und einer öffentlichen Persona.
Der innere Kampf zeugt von Loyalität und Zuneigung zur Serie und zum Team, aber auch von einem wachsenden Gefühl der Unzufriedenheit und des Unrechts. Die Diskrepanz zwischen der eigenen emotionalen Verbundenheit und den professionellen Enttäuschungen durch den Arbeitgeber führte zu einem unhaltbaren Zustand.
Als sie schließlich die finalen Drehbücher ihrer Rolle las, brach die aufgestaute Emotion Bahn: Sie habe „ganz furchtbar geheult“. Diese Tränen sind nicht nur der Wehmut über das Ende der Rolle geschuldet; sie sind ein Ausdruck der Erschöpfung nach dem dreijährigen Ringen, der Enttäuschung über die mangelnde Anerkennung und des Schmerzes über die Art und Weise, wie dieser Abschied seitens des Senders gehandhabt wurde. Der Abschied ist somit nicht nur emotional, sondern eine kathartische Befreiung von einem Arbeitsumfeld, das ihre Leistungen nicht angemessen honorierte.
Die Ära Stockl und das kulturelle Erbe
Marisa Burgers Rolle als Miriam Stockl ging weit über die Funktion einer Polizeisekretärin hinaus. Sie war die ruhige, warmherzige Seele im turbulenten Rosenheimer Kommissariat, die den scharfsinnigen Ermittlern mit bayerischem Charme und Pragmatismus den Rücken freihielt. Ihre Figur verkörperte Beständigkeit und wurde zu einem der Hauptgründe für die Langlebigkeit der Serie.
Ihr Ausstieg hinterlässt nicht nur eine menschliche Lücke, sondern auch eine kreative Herausforderung für die Produzenten. Wie ersetzt man eine Ikone, deren Präsenz und Sprachwitz fester Bestandteil des kollektiven TV-Erlebnisses geworden sind? Die Bedeutung ihrer Figur für die Marke „Rosenheim-Cops“ kann kaum überschätzt werden. Gerade vor diesem Hintergrund erscheinen die Vorwürfe der Gehaltskürzung und mangelnden Wertschätzung noch skandalöser. Es entsteht der Eindruck, dass das ZDF die Unverzichtbarkeit und den Kultfaktor seiner Stars als selbstverständlich erachtet.
Blick nach vorn: Unabhängigkeit im digitalen Zeitalter
Marisa Burger verabschiedet sich jedoch nicht in die Untätigkeit. Ihr Schritt aus dem starren Korsett des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist zugleich ein Sprung in die kreative Selbständigkeit und Unabhängigkeit. Gemeinsam mit ihrer Schauspielkollegin Solwe Weigd plant sie einen neuen Podcast.
Sie betont, dass dieses neue Projekt „im positiven Sinne“ angelegt sei – eine klare Abgrenzung zur negativen Erfahrung beim ZDF. Ein Podcast bietet die Freiheit, Themen selbst zu bestimmen (Theater, Bücher, Film), Gagen selbst zu verhandeln und direkt mit dem Publikum in Kontakt zu treten, ohne die Hierarchien und Budgetzwänge eines großen Senders. Dieser Schritt ist symptomatisch für viele etablierte Künstler, die das Korsett traditioneller Medienhäuser verlassen, um in digitalen Formaten sowohl kreative als auch finanzielle Autonomie zu finden. Marisa Burgers Abschied ist somit nicht nur eine Abrechnung mit der Vergangenheit, sondern auch eine strategische Neuausrichtung hin zu einer modernen, selbstbestimmten Karriere. Sie nutzt ihre Bekanntheit, um eine eigene Marke aufzubauen, und sendet damit ein klares Signal an die TV-Landschaft: Wertschätzung ist kein Privileg, sondern eine Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit. Ihr letzter Auftritt wird nicht nur das Ende von Miriam Stockl markieren, sondern auch den Anfang einer wichtigen Debatte über die Arbeitsbedingungen der Kult-Stars in Deutschland. Die gesamte Branche ist nun gefordert, auf ihre schweren Vorwürfe eine überzeugende Antwort zu liefern.