Die Nachricht schlug in Güstrow und weit darüber hinaus ein wie ein Blitz in die Seele einer geschockten Nation: Nach wochenlanger, unerträglicher Ungewissheit im Mordfall des achtjährigen Fabian verkündete die Polizei einen Fahndungserfolg. Doch die Festnahme vom 6. November war nicht einfach nur die Ergreifung eines mutmaßlichen Täters, sondern die Enthüllung eines Verrats von unvorstellbarer Tragweite. Die Frau, gegen die ein Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts des Mordes erlassen wurde, ist Gina H. – die Ex-Freundin des Vaters, eine Frau, die als Vertrauensperson in den engsten Kreis der Familie vorgedrungen war.
Dieser Fall ist der vielleicht schlimmste der vergangenen Jahre in Deutschland, nicht nur wegen der Grausamkeit der Tat an einem Kind, sondern wegen der eiskalten Perfidie, mit der die mutmaßliche Täterin ihre Doppelrolle als besorgte Freundin und mörderische Intrigantin spielte. Die Festnahme von Gina H. wirft ein düsteres Licht auf die Abgründe menschlicher Eifersucht und Rache, die selbst vor dem Leben eines unschuldigen Kindes nicht Halt machen.

Die Chronologie des Schreckens: Wochen der Angst
Seit dem 10. Oktober, dem Tag, an dem der kleine Fabian aus Güstrow getötet wurde, lebte die Gemeinschaft in Mecklenburg-Vorpommern in einem Zustand lähmender Angst. Ein Kindermörder war auf freiem Fuß, möglicherweise mitten unter ihnen. Für die Eltern Fabians begann ein Martyrium der Ungewissheit, eine Situation, die in der Öffentlichkeit als „unerträglich“ beschrieben wurde. Die tapfere Fassung der Eltern, die inmitten ihres unvorstellbaren Schmerzes von der Unterstützung ihrer Freunde zehrten, zeigte die immense emotionale Belastung, die dieser Fall mit sich brachte.
Die Ermittler gaben alles, folgten wochenlang jeder Spur, arbeiteten weit über die normale Dienstzeit hinaus. Die Polizei und Staatsanwaltschaft wussten um das große Mitgefühl in der Bevölkerung und die Notwendigkeit, den Fall schnellstmöglich aufzuklären. Doch während die Öffentlichkeit nach einem Unbekannten fahndete, spielte die mutmaßliche Mörderin ihre Rolle in unmittelbarer Nähe zum Geschehen.
Die Festnahme: Das Lügengebäude stürzt ein
Der Durchbruch gelang am Abend des 6. Novembers. Polizisten standen vor und in dem Haus der Verdächtigen in Reimshagen. Die Handschellen klickten bei Gina H., der Ex-Freundin von Fabians Vater.
Die Ermittlungsergebnisse, die in wochenlanger akribischer Arbeit zusammengetragen wurden, verdichteten sich so stark, dass ein Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts des Mordes gegen die weibliche Person vollstreckt werden konnte. Die Festnahme von Gina H. war eine Überraschung, da sie eine zentrale, aber höchst verdächtige Rolle im Fall gespielt hatte: Sie war diejenige, die Fabians Leiche angeblich zufällig gefunden hatte.
Im Zuge der Ermittlungen durchsuchte die Polizei insgesamt drei Gebäude. Insbesondere der Wagen der Frau und ihre persönlichen Gegenstände wurden beschlagnahmt. Das Ziel der Maßnahmen war klar: Beweisgegenstände zur Tat sichern und vor allem die zahlreichen Zeugenaussagen, die bereits vorlagen, auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen. Die Ermittler waren offenbar ihren Lügen auf der Spur. Der Fundort der Leiche, ein Tümpel, lag rund 15 km von ihrem Wohnort entfernt. Die Behauptung, sie habe den Leichnam dort zufällig beim Spazierengehen entdeckt, klang von Anfang an konstruiert und weckte das Misstraen der Ermittler.
Die zerstörte Vertrauensperson: Die eiskalte Fassade
Die Perfidie dieser Tat liegt nicht nur in der Gewalt, sondern im Verrat des Vertrauens. Gina H. war keine Fremde; sie war eine Vertrauensperson des kleinen Fabian. Sie hat selbst einen siebenjährigen Sohn, und die beiden Jungen spielten regelmäßig zusammen. Sie hatte einen Platz im inneren Kreis der Familie, der ihr nicht nur Zugang zum Opfer verschaffte, sondern ihr auch ermöglichte, über Wochen hinweg die besorgte Zeugin zu spielen.
Noch drei Wochen vor ihrer Festnahme hatte Gina H. gegenüber RTL in die Kamera gesprochen und ihre Unschuld beteuert. Ihre Worte klingen im Nachhinein zutiefst zynisch: „Ich habe ihn geliebt wie mein eigenes Kind und hätte dem kleinen Mann niemals etwas angetan“. Diese Aussage, die Fassade der trauernden, unschuldigen Freundin, machte die Tat so grausam. Sie täuschte nicht nur die Ermittler, sondern lebte inmitten der trauernden Gemeinschaft und der leidenden Eltern.
Ihr Verhalten nach der Tat erregte jedoch bei einigen Nachbarn höchstes Misstrauen. Frank Schuh, ein Mann aus der Nachbarschaft, der Fabian und Gina H. kannte, beschrieb sie als „Schauspielerin“ und als „eiskalt“. Während die ganze Nachbarschaft in Sorge um das verschwundene Kind war und nach seinem Tod in tiefer Betroffenheit, sei sie ungerührt „hier rumgelaufen“, als ob es sie gar nicht berührt hätte. Schuh berichtete fassungslos, dass sie spazieren gegangen sei, „als wenn nichts gewesen wäre“, und gleichzeitig die Lüge verbreitete, sie sei „wie die eigene Mutter gewesen“ für das Kind.
Diese eiskalte Diskrepanz zwischen öffentlichem Verhalten und innerer Gefühlswelt ist das Markenzeichen einer psychopathischen oder hoch narzisstischen Persönlichkeit, die in der Lage ist, eine Rolle zu spielen, um das Chaos zu vertuschen, das sie selbst angerichtet hat.
Die gespaltene Gemeinschaft: „Eiskalt“ oder „Beliebt“
Die Festnahme führte zu einer tiefen Spaltung und Fassungslosigkeit in der Nachbarschaft. Während Frank Schuh die Frau als berechnend und eiskalt beschreibt, war sie bei anderen Anwohnern wiederum sehr beliebt. Diese Nachbarn konnten sich nicht vorstellen, dass eine „normale“ Frau, die einen so normalen Umgang pflegte, plötzlich zu so etwas fähig ist. Die Tatsache, dass sie persönlich „sehr gerne gemocht“ wurde, machte die Nachricht von ihrer Festnahme für einige doppelt schmerzhaft.
Diese Spaltung ist typisch für Verbrechen, die im sozialen Nahfeld stattfinden, bei denen die Täter eine glaubwürdige Maske tragen. Die Fähigkeit der Gina H., zwei völlig unterschiedliche Identitäten zu pflegen – die beliebte, normale Frau und die eiskalte Intrigantin – ist das, was diesen Fall so erschreckend macht. Für die Anwohner, die sie mochten, bricht nun nicht nur die Illusion der Sicherheit, sondern auch die des Vertrauens in die eigene Menschenkenntnis zusammen. Sie müssen nun ihre eigenen Wahrnehmungen revidieren und sich der furchtbaren Möglichkeit stellen, einem Mörder im Alltag begegnet und ihn gemocht zu haben.

Das perfide Motiv: Rache und das PDA-Syndrom
Der Kriminologe Axel Petermann lieferte im RTL-Beitrag eine wichtige Analyse zum möglichen Tatmotiv, die den Fall in ein psychologisches Licht rückt. Er erklärte, dass Frauen seltener Täterinnen von Tötungsdelikten sind als Männer, aber wenn sie töten, geschieht dies meistens im näheren Umfeld. Die Motive sind in der Regel persönlich: Eifersucht, Wut und Hass.
In diesem Zusammenhang wird das sogenannte PDA-Syndrom (Proxy Detachment by Assault) relevant. Dieses Phänomen beschreibt, dass Frauen jemanden töten, um eine andere Person damit zu verletzen – besser gesagt, um „ihm das Liebste zu nehmen, was diese Person überhaupt hatte“.
Im Fall Fabian, dessen mutmaßliche Täterin die Ex-Partnerin des Vaters ist, liegt der Schluss nahe, dass der Mord ein Akt der ultimativen Rache war, der sich nicht direkt gegen den ehemaligen Partner, sondern gegen sein Kind richtete. Die Eifersucht auf die neue Konstellation, die Wut über das Ende der Beziehung oder der Wunsch, dem Vater den größtmöglichen Schmerz zuzufügen, könnten die treibenden Kräfte hinter dieser grausamen Tat sein. Ein Kind wird in diesem Szenario zum reinen Objekt des Hasses, zum Mittel, um den Ex-Partner auf die brutalste Weise emotional zu zerstören.
Diese psychologische Komponente der Rache macht die Tat so besonders perfide: Sie war nicht nur gegen Fabian gerichtet, sondern primär gegen den Vater, der sein Kind verlor, weil er die Beziehung zu Gina H. beendet hatte.
Die Kälte der Tat: Spurenverwischung als Indiz
Die Art und Weise, wie Fabians Leiche nach dem Mord behandelt wurde, zeugt von einer eiskalten Berechnung und einer hohen kriminellen Energie der mutmaßlichen Täterin. Die Leiche wurde angezündet, um Spuren zu verwischen. Dieses Vorgehen deutet darauf hin, dass die Tat nicht im Affekt geschah, sondern möglicherweise geplant war oder zumindest direkt nach der Tat eine sofortige und rationale Entscheidung zur Vertuschung getroffen wurde. Eine solche Handlung ist ein starkes Indiz für die kriminelle Energie und die innere Kälte, mit der die Täterin agierte.
Zusätzlich sorgt die Existenz eines Fotos, das die Leiche zeigte und das offenbar gemacht wurde, während sie brannte, für weitere Rätsel. Es ist weiterhin unklar, wer dieses Foto geschossen hat. Sollte Gina H. selbst das Foto gemacht haben, würde dies ihre eiskalte, fast dokumentarische Herangehensweise an die Tat noch beunruhigender unterstreichen. Die Frage, wer das Bild schoss und zu welchem Zweck, bleibt ein wichtiger Puzzlestück, das die Ermittler aufzuklären haben.
Der Weg zur U-Haft und die Hoffnung auf Antworten
Am Tag nach der Festnahme wurde Gina H. am Amtsgericht Rostock einem Richter vorgeführt. Der bereits erlassene Haftbefehl wurde ihr persönlich verkündet, und sie verbleibt vorerst in Untersuchungshaft. Die Arbeit der Polizei und der Staatsanwaltschaft, die mit immensem Einsatz und großem emotionalen Druck agierte, hat zu diesem wichtigen Schritt geführt.
Trotz der erdrückenden Indizien und des dringenden Tatverdachts gilt für Gina H. bis zu einer möglichen Verurteilung weiterhin die Unschuldsvermutung. Doch die Festnahme hat in Güstrow eine Welle der Erleichterung ausgelöst. Die Angst vor dem Mörder, der unter den Menschen lebte, ist gewichen, und die Hoffnung auf Gerechtigkeit hat einen festen Anker gefunden.
Die seelischen Narben, die dieser Fall hinterlässt, sind tief. Für Fabians Familie ist die Festnahme zwar ein wichtiger Schritt zur juristischen Aufklärung, doch der Schmerz bleibt. Die größte und quälendste Frage, die über diesem Fall schwebt, ist die nach dem Warum. Warum musste der kleine Fabian sterben? Die Antwort, die im Abgrund der Eifersucht und des Verrats liegt, wird die Gemeinschaft noch lange beschäftigen. Es ist die Geschichte eines Vertrauensmissbrauchs, der die dunkelsten Seiten der menschlichen Seele offenbart und der uns alle daran erinnert, dass das Böse oft das unscheinbarste und vertrauteste Gesicht trägt. Die juristische Aufarbeitung ist nun der nächste Schritt, um Licht in dieses beispiellose Dunkel zu bringen und der Familie Fabians endlich die Möglichkeit zu geben, Frieden zu finden.