Matthias Reim – ein Name, der wie ein Echo durch die deutsche Musiklandschaft hallt, ein Symbol für eine Ära, in der Pop, Schlager und Rock zu einer einzigartigen Melodie verschmolzen. Geboren 1957 im hessischen Korbach, in einem Haushalt, in dem Bildung und Kultur großgeschrieben wurden, schien sein Weg alles andere als der eines Rockstars zu sein. Sein Vater, ein strenger Literaturlehrer, und seine sanfte, musikliebende Mutter schufen ein Umfeld, in dem der junge Matthias früh seine Leidenschaft für die Musik entdeckte. Mit 14 Jahren griff er zur Gitarre, ein Instrument, das zu seinem treuesten Begleiter werden sollte, und ahnte bereits, dass sein Schicksal in den Klängen und Melodien verborgen lag. Niemand hätte damals gedacht, dass dieser Junge aus der Provinz zu einem der größten Stars Deutschlands aufsteigen würde, dessen Lieder das Lebensgefühl von Millionen Menschen prägen sollten.
Der Weg zum Ruhm war jedoch kein leichter. Ende der 1970er Jahre betrat Reim eine Musikszene, die sich im Umbruch befand. Ohne formale Ausbildung, ohne mächtige Förderer, nur bewaffnet mit seinen Texten und einer Stimme, die heiser und rau, aber gleichzeitig wild und unendlich aufrichtig klang, kämpfte er sich durch. Jahrelang schrieb er im Verborgenen für andere Künstler, zog von Studio zu Studio, immer auf der Suche nach dem einen Moment, der alles verändern sollte.
Dieser Moment kam 1990 und traf Deutschland wie ein Blitz. Mit „Verdammt, ich lieb‘ dich“ landete Matthias Reim einen Hit, der nicht nur die Charts stürmte, sondern zu einem kulturellen Phänomen wurde. Das Lied über eine verfluchte, unentrinnbare Liebe, über den zermürbenden Kampf zwischen Verlangen und Verzweiflung, sprach einer ganzen Generation aus der Seele. Es war die Hymne einer Zeit, in der die deutsche Musik ihre eigene, kraftvolle Identität fand. Der Erfolg überrollte Reim wie eine Lawine. Plötzlich stand er im Rampenlicht, tourte durch Europa, war ein gefeierter Fernsehstar. Doch der Ruhm hatte eine dunkle Kehrseite. Als sensibler Künstler war er auf den plötzlichen Ansturm von Geld, Versuchungen und Erwartungen nicht vorbereitet. Er verlor den Boden unter den Füßen, traf fatale Geschäftsentscheidungen, vertraute den falschen Leuten und investierte in Projekte, die ihn in den Ruin treiben sollten.
Nur wenige Jahre nach seinem kometenhaften Aufstieg folgte der brutale Absturz. Die Finanzkrise traf ihn mit voller Wucht, und er stand vor einem Schuldenberg, der ihn zur Insolvenz zwang. Vom gefeierten Idol wurde er über Nacht zum Versager, zum abschreckenden Beispiel für die Vergänglichkeit des Ruhms. Die Boulevardpresse stürzte sich auf ihn, zerpflückte sein Leben und seine Karriere. Es war der tiefste Punkt in seinem Leben, ein Moment, in dem viele zerbrochen wären. Doch Matthias Reim entschied sich zu kämpfen. „Ich bin zum Singen geboren, und nur die Musik kann mich retten“, sagte er und bewies eine unglaubliche Resilienz. Er kehrte zurück ins Studio, gezeichnet vom Schmerz, aber mit einer neuen, tiefgründigen Ehrlichkeit in seiner Musik. Seine Lieder wurden trauriger, reifer, spiegelten die Narben wider, die das Leben ihm zugefügt hatte. Und gerade in dieser Verzweiflung fand seine Kunst eine neue, unzerstörbare Kraft.
Auch sein Privatleben war eine ständige Achterbahnfahrt. Reim liebte intensiv, leidenschaftlich und mit der ganzen Hingabe eines Künstlers. Er hatte mehrere Ehen, Beziehungen und ist Vater von sechs Kindern. Jede Frau, die seinen Weg kreuzte, hinterließ tiefe Spuren in seinem Herzen und in seinen Liedern. Die wohl bekannteste und meistdiskutierte Beziehung war die zur Schlagersängerin Michelle. Ihre Liebe war ein Feuerwerk, eine Verbindung zweier Künstler auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Sie bekamen eine gemeinsame Tochter, Marie, doch der Druck des Ruhms und die inneren Dämonen ließen die Beziehung zerbrechen. Die Trennung war schmerzhaft und öffentlich, doch Reim verlor nie ein schlechtes Wort über sie. „Es gibt Menschen, die wir für immer lieben, auch wenn sie nicht mehr da sind“, offenbarte er einmal – ein Satz, der die Tiefe seiner Gefühle erahnen lässt.
Nach dem finanziellen und privaten Scheitern blieb die Musik sein einziger Anker. Er war nicht mehr der ungestüme junge Mann von „Verdammt, ich lieb‘ dich“, sondern ein erfahrener Mann, der den wahren Wert von Glück und Schmerz kannte. Er gründete seine eigene kleine Plattenfirma, schrieb unermüdlich weiter und trat auf, wo immer man ihn hören wollte. Songs wie „Ich hab geträumt von dir“ oder „Einsamer Stern“ wurden zu Bekenntnissen, zu einer Form der Vergebung für sich selbst. Das Publikum hielt ihm die Treue, nicht weil er perfekt war, sondern weil er echt war – ein Mensch mit Fehlern, Wunden und einer unbändigen Kraft, immer wieder aufzustehen.
Doch das Schicksal schien ihn weiter zu prüfen. Immer wieder hatte Reim mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, insbesondere mit seinem Herzen. Mehrfach mussten Tourneen abgesagt werden, was seine Fans in große Sorge versetzte. Die Krankheit zwang ihn, innezuhalten, sein Leben zu überdenken und zu erkennen, was wirklich zählte. In diesen stillen, von Angst geprägten Momenten fand er eine neue Definition von Glück. Es war nicht mehr der tosende Applaus oder der Platz an der Spitze der Charts. Glück war für ihn nun, jeden Morgen aufzuwachen, seine Kinder lachen zu hören und in Frieden Musik schreiben zu können.
Heute, mit über 60 Jahren, steht Matthias Reim immer noch auf der Bühne. Seine Stimme ist vielleicht noch rauer geworden, seine Augen spiegeln die Stürme wider, die er durchlebt hat, aber seine Leidenschaft ist ungebrochen. Er muss niemandem mehr etwas beweisen. Er singt, weil er es lieben, weil jede Melodie ein Teil seiner Seele ist. Seine Kinder beschreiben ihn als einen sensiblen und emotionalen Mann, der trotz seiner Stärke in Tränen ausbrechen kann, wenn ihn eine alte Erinnerung einholt. Es ist diese Zerbrechlichkeit, die ihn menschlich und seine Musik so unendlich wertvoll macht. Er hat gelernt, seine eigene Traurigkeit zu akzeptieren und sie in Kunst zu verwandeln. Sein Glück findet er heute nicht im Rampenlicht, sondern in den kleinen Momenten: in einer Umarmung seiner Kinder, im Entstehen einer neuen Melodie, im Lächeln des Publikums, das mit ihm gemeinsam durch alle Höhen und Tiefen gegangen ist. Matthias Reim ist der lebende Beweis dafür, dass wahre Stärke nicht darin liegt, niemals zu fallen, sondern immer wieder aufzustehen. Sein Leben ist ein Lied – ein Lied über Schmerz, Verlust, Hoffnung und die unsterbliche Kraft der Musik.