„Ich liebe ihn“: Mit 56 Jahren wagt Inka Bause nach Tragödie und Trauer ein neues Glück
Fast zwei Jahrzehnte lang war sie die strahlende Fassade des deutschen Fernsehens, die Frau, die anderen zum Liebesglück verhalf, während ihr eigenes Herz im Stillen litt. Inka Bause, die ewig lächelnde Moderatorin und Sängerin, hat mit 56 Jahren drei einfache Worte ausgesprochen, die eine Welle der Rührung und des Erstaunens auslösten: „Ich liebe ihn.“ Ein Satz, der so viel mehr ist als ein Geständnis. Es ist das letzte Kapitel einer langen, schmerzvollen Reise, die von großer Liebe, unerträglichem Verlust und der stillen Kraft des Weiterlebens erzählt.
Die Geschichte von Inka Bause ist untrennbar mit der Musik und der Ära der DDR verbunden. Geboren 1968 in Leipzig als Tochter des legendären Komponisten Arnt Bause, war ihr Weg vorgezeichnet. Musik war keine Wahl, sie war die Luft, die sie atmete. In einem Haus voller Melodien lernte sie früh Geige, Klavier und Gesang. Doch es war nicht nur das Talent, das sie auszeichnete, sondern eine tiefe, fast melancholische Seele, die in der Musik Trost und Wahrheit suchte.
Im pulsierenden Herzen der ostdeutschen Musikszene, in Berlin, traf sie auf Hendrik Bruch. Er war das Gegenteil der lauten, aufstrebenden Künstler seiner Zeit – ein stiller, nachdenklicher Musiker, der die leisen Zwischentöne den großen Gesten vorzog. Ihre Begegnung war kein lauter Paukenschlag, sondern ein leises Erkennen zweier verwandter Seelen. In einer Gesellschaft, in der Emotionen oft von Ideologie übertönt wurden, fanden sie in der Musik eine gemeinsame Sprache. Ihre Liebe war eine stille Rebellion, eine zarte Annäherung, die keiner großen Worte bedurfte.
Als Hendrik zum Wehrdienst eingezogen wurde, schien das Schicksal ihre junge Liebe auf die Probe zu stellen. Doch Inka schickte ihm keine gewöhnlichen Briefe. Sie sandte ihm einen Text der Dichterin Giesela Steineckert – ein musikalisches Versprechen. Ihr Vater Arnt komponierte die Melodie dazu. Aus einer privaten Liebesbotschaft wurde Kunst, und die Verbindung zwischen Inka und Hendrik wurde unauflöslich. Sie waren nicht nur Liebende, sie waren Verbündete in einer Welt, die sich im Umbruch befand.
Im Jahr 1996 gaben sie sich das Ja-Wort, fernab des medialen Rummels. Kurz darauf krönte die Geburt ihrer Tochter Annelie ihr stilles Glück. Inka war als Sängerin etabliert, Hendrik konzentrierte sich auf das Komponieren. Sie führten ein Leben zwischen Bühne, Studio und Kinderzimmer, das nach außen hin perfekt schien. Doch hinter der harmonischen Fassade zogen dunkle Wolken auf. Hendrik, der sensible Künstler, der die Welt intensiver empfand als andere, begann an seiner eigenen Wahrnehmung zu zerbrechen.
Die Depression, damals ein Wort, das man nur hinter vorgehaltener Hand flüsterte, schlich sich in ihr Leben. Inka, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, versuchte verzweifelt, die Balance zu halten – für die Familie, für die Bühne und für den Mann, den sie über alles liebte, aber immer weniger erreichen konnte. „Die Depression war wie eine Baustelle in unserem Leben, ständig präsent, aber nie wirklich zu Ende gebaut“, beschrieb sie Jahre später die Tragödie mit einer entwaffnenden Ehrlichkeit. Hendrik kämpfte mit seinen Dämonen, mit dem Druck zu funktionieren. Inka kämpfte gegen seine Dunkelheit an – mit Liebe, Verständnis und Hoffnung. Doch oft bedeutet der Kampf für einen geliebten Menschen, selbst in dessen Schatten verloren zu gehen.
Zweimal, so berichten Freunde, versuchte Hendrik, sich das Leben zu nehmen. Jedes Mal blieb Inka zurück, zerrissen zwischen der Erleichterung, ihn noch zu haben, und der tiefen Verzweiflung der eigenen Hilflosigkeit. Sie musste die schmerzhafte Lektion lernen, dass Liebe allein nicht heilen kann, was in der Tiefe zerbrochen ist. Im Jahr 2003 starb ihr Vater Arnt Bause, ihr Fels in der Brandung, ihr Mentor. Während sie um ihn trauerte, versank Hendrik noch tiefer in seiner inneren Finsternis. „Ich hatte das Gefühl, zwei Menschen gleichzeitig zu verlieren“, gestand sie später.
Die Öffentlichkeit bekam von dem Drama hinter den Kulissen kaum etwas mit. Inka lächelte weiter in die Kameras, moderierte Shows, veröffentlichte Alben. Es war das Lächeln einer Frau, die gelernt hatte, ihre Tränen hinter dem Make-up zu verstecken. Die emotionale Distanz zwischen ihr und Hendrik wuchs. Es war keine Frage des Wollens mehr, sondern des Überlebens. 2004, nach Jahren des Kämpfens, trennte sich das Paar. Leise, ohne Skandal. Es war, wie Inka es formulierte, „kein Ende der Liebe, sondern das Ende des Leidens.“
Auch nach der offiziellen Scheidung 2005 blieben sie verbunden – durch ihre Tochter, durch die gemeinsamen Erinnerungen. „Ich mag das Wort ‚Ex‘ nicht“, sagte sie einmal. „Hendrik war und bleibt der Mann meines Lebens.“ Es war keine Sentimentalität, sondern die ehrliche Anerkennung einer Liebe, die sich gewandelt, aber nie aufgehört hatte zu existieren. Aus Leidenschaft war Fürsorge geworden, aus Ehe eine tiefe, wenn auch schmerzhafte Freundschaft.
Der 12. September 2016 ist ein Datum, das sich für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt hat. Einen Tag vor dem Geburtstag ihrer Tochter Annelie setzte Hendrik Bruch seinem Leiden ein Ende. Für Inka brach eine Welt zusammen. Der Schock lähmte sie. Die quälende Frage „Wenn ich ihn an diesem Abend angerufen hätte, wäre es anders gekommen?“ bohrte sich in ihre Seele. Eine Frage, auf die es keine Antwort gibt und die doch für immer bleibt. Der Suizid eines geliebten Menschen ist ein Bruch in der Zeit, eine Wunde, die niemals ganz verheilt.
In den Wochen danach zog sich Inka vollständig zurück. Sie musste nicht nur ihre eigene Trauer bewältigen, sondern auch für ihre Tochter da sein, die an ihrem Geburtstag ihren Vater verlor. Gemeinsam beschlossen sie, Hendrik nicht als Opfer zu sehen, sondern als einen Menschen, der zu sensibel für diese laute Welt war. Sie schufen Rituale, um ihn in ihrer Mitte zu behalten. Jedes Jahr am 12. September zünden sie Kerzen an, kochen sein Lieblingsessen und erzählen Geschichten. „Es ist, als käme er für einen Abend zu uns zurück“, so Inka.
Langsam fand sie zurück ins Leben, doch sie war eine andere. Der Verlust hatte sie verändert, aber nicht gebrochen. Sie begann, offen über Depression und mentale Gesundheit zu sprechen. Ihr privates Trauma wurde zu einem öffentlichen Engagement. „Wenn ich nur einen Menschen dazu bringe, über seine Dunkelheit zu reden, dann hat Hendriks Tod wenigstens einen Sinn“, sagte sie. Fast ein Jahrzehnt lang blieb eine Tür in ihrem Herzen verschlossen. Sie lachte, sie arbeitete, aber sie liebte nicht mehr.
Und dann, als niemand damit rechnete, trat ein neuer Mensch in ihr Leben. Unscheinbar, abseits des Rampenlichts, bei einer Benefizveranstaltung. Kein Musiker, kein Kollege, einfach nur ein Mann, drei Jahre jünger als sie. Es war kein filmreifer Moment, sondern etwas viel Selteneres: ein Gefühl von Ruhe. „Er hat mich angesehen, als wäre ich kein Name, keine Figur, sondern einfach ein Mensch“, beschrieb sie diese Begegnung.
Für eine Frau, die ihr ganzes Leben in der Öffentlichkeit stand, war das das größte Geschenk. Ihr leises Geständnis „Ich liebe ihn“ war die Folge dieses stillen Ankommens. Diese neue Liebe ist anders. Es ist keine stürmische Leidenschaft, sondern ein tiefes Einverständnis, eine Wärme, die langsam wächst. Der Mann an ihrer Seite ist kein Ersatz für Hendrik. Er ist ein neues Kapitel, das nur geschrieben werden konnte, weil Inka gelernt hat, mit ihrer Vergangenheit zu leben, ohne von ihr gefangen zu sein.
Hendrik bleibt ein Teil von ihr, ein leiser Schatten in ihren Liedern, eine Tiefe in ihrem Blick. Doch nun steht jemand an ihrer Seite, der sie in der Gegenwart verankert und sie daran erinnert, dass das Leben nicht nur aus Erinnerungen besteht, sondern auch weitergeht. Inka Bause hat gelernt, dass man nicht vergessen muss, um wieder lieben zu können. Man muss nur den Mut haben, die Tür zum Herzen wieder einen Spalt zu öffnen. Ihre Geschichte ist der Beweis, dass Schmerz nicht das Ende ist, sondern manchmal der Anfang von etwas Neuem, Tieferem, Echterem. Das Leben schreibt die schönsten Liebesgeschichten oft dann, wenn niemand mehr daran glaubt.