Ein Schuss, der eine Nation erschüttert: Das sinnlose Opfer des jungen Polizisten Alexander L.
Es gibt Nächte, die eine unsichtbare Narbe auf der Seele einer ganzen Stadt hinterlassen. Der vergangene Freitag in Völklingen war eine solche Nacht. Es war ein Abend, der als Routine begann und in einer nationalen Tragödie endete, ein Abend, der das Leben des 28-jährigen Polizeikommissaranwärters Alexander L. auf brutalste Weise beendete und Deutschland schmerzhaft an die Zerbrechlichkeit von Ordnung und Sicherheit erinnerte.
Für die meisten Menschen war es ein normaler Freitagabend. Für Alexander L. und seine 24-jährige Kollegin war es Dienst. Sie waren auf Streife, wachten über die Straßen ihrer Stadt im Saarland. Als sie auf eine verdächtige Person aufmerksam wurden, taten sie das, wofür sie ausgebildet wurden: Sie begannen eine Routinekontrolle. Es ist ein Satz, „Routinekontrolle“, der in Polizeiberichten so oft vorkommt, dass er seine Bedrohlichkeit fast verloren hat. Doch an diesem Abend wurde er zum Synonym für einen Albtraum.
Was dann geschah, zerriss die nächtliche Stille und das Leben von Alexander L. in tausend Stücke. Der 47-jährige Mann, den die Beamten kontrollieren wollten, zögerte keine Sekunde. „Unvermittelt“, so beschreiben es die Ermittler später, zog er eine Waffe und eröffnete das Feuer. Es gab keine Diskussion, keine Warnung, nur die kalte, mörderische Absicht. Alexander L., der junge Mann, der kurz vor dem Abschluss seines Studiums stand und eine vielversprechende Karriere vor sich hatte, wurde tödlich getroffen. Er hatte keine Chance. Seine Kollegin wurde ebenfalls von den Kugeln getroffen und brach schwer verletzt zusammen. Sie überlebte, aber ihr Leben wird nie wieder dasselbe sein.
Der Täter, der bei dem Schusswechsel ebenfalls verletzt wurde, konnte noch am Tatort festgenommen werden. Er war den Behörden bereits bekannt, ein Mann mit einer Vergangenheit von Waffen- und Drogendelikten. Doch das Wissen um seine kriminelle Vorgeschichte bietet keinen Trost, es beantwortet nicht die quälende Frage nach dem „Warum“. Warum diese Eskalation? Warum diese sinnlose, absolute Gewalt gegen zwei Menschen, die nur ihren Job machten?
Die Nachricht von den tödlichen Schüssen verbreitete sich wie ein Lauffeuer und stürzte die gesamte saarländische Polizei und weit darüber hinaus in einen Zustand des Schocks und der tiefen Trauer. „Wir sind fassungslos“, brachte es der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft (GdP), Andreas Rinnert, auf den Punkt. Es sind Worte, die das Gefühl einer ganzen Berufsgruppe widerspiegeln, die täglich den Kopf für die Gesellschaft hinhält und nun einen der ihren auf so grausame Weise verloren hat.
Der saarländische Innenminister Reinhold Jost fand bewegende Worte: „Wir sind in Gedanken bei der Familie, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen. Diese schreckliche Tat macht uns alle tief betroffen.“ Als Zeichen der landesweiten Trauer ordnete er Trauerbeflaggung für alle öffentlichen Gebäude an. Eine stille Geste, die doch eine ohrenbetäubende Botschaft aussendet: Wir haben einen von uns verloren. Einen Helden.
Am Tatort in Völklingen spielen sich herzzerreißende Szenen ab. Kollegen, Freunde und auch wildfremde Bürger legen Blumen nieder, zünden Kerzen an und halten in stillem Gedenken inne. Das Flatterband der Polizei, das den Ort des Grauens absperrt, ist zu einem improvisierten Schrein der Trauer geworden. Jede einzelne Kerze ist ein Licht der Erinnerung an Alexander L., jede Blume ein Symbol des Mitgefühls und des Respekts für seinen ultimativen Einsatz.
Diese Tat reißt eine Wunde, die weit über Völklingen hinausreicht. Sie ist eine brutale Mahnung an die gesamte Gesellschaft. Sie zeigt das untragbare Risiko, dem sich Polizistinnen und Polizisten jeden einzelnen Tag aussetzen, wenn sie ihre Uniform anziehen. Sie verlassen ihre Familien, nicht wissend, ob sie am Ende ihrer Schicht unversehrt zurückkehren werden. Sie stellen sich zwischen die Bürger und die Gefahr, oft unsichtbar und als selbstverständlich hingenommen. Der Tod von Alexander L. macht diese Gefahr auf die schmerzhafteste Weise sichtbar.
Er war nicht nur eine Uniform. Er war ein Sohn, ein Freund, ein Kollege. Ein junger Mann mit Träumen und Plänen, der die Welt ein kleines bisschen sicherer machen wollte. Sein Leben wurde ihm von einem Mann genommen, der für all das nichts als Verachtung übrig zu haben schien. Zurück bleibt eine unendliche Leere und die Hoffnung, dass seine schwer verletzte Kollegin die körperlichen und seelischen Wunden überwinden kann.
Während die Ermittlungen laufen und die Justiz ihren Weg gehen wird, trauert eine ganze Nation um einen jungen Mann, den sie nie kennenlernen durfte, dem sie aber alles verdankt. Alexander L. ist ein Held wider Willen. Sein Opfer darf niemals vergessen werden. Es muss eine ständige Mahnung sein, den Frauen und Männern in Uniform mit dem Respekt und der Dankbarkeit zu begegnen, die sie verdienen. Jeden Tag. Bei jeder Kontrolle. In jeder Schicht.