“Irgendwann da oben”: Andreas Gabaliers herzzerreißender Pakt mit dem Himmel nach dem Tod von Vater und Schwester
Auf den größten Bühnen Europas ist er der “Volks-Rock’n’Roller”, ein Energiebündel in Lederhosen, das mit seinem Lächeln und seiner Musik Hunderttausende in Ekstase versetzt. Doch hinter der strahlenden Fassade des Superstars Andreas Gabalier verbirgt sich eine Geschichte von unermesslichem Schmerz und einer Familientragödie, die einen Menschen zerbrechen kann. Zweimal riss ihm das Schicksal den Boden unter den Füßen weg, als er erst seinen Vater und nur zwei Jahre später seine jüngere Schwester durch Suizid verlor. In diesen dunkelsten Stunden seines Lebens, als der Schmerz übermächtig schien, fand er Halt in einer Kraft, die für ihn bis heute ein zentraler Anker ist: seinem unerschütterlichen Glauben.
Die Katastrophe schlug 2006 mit unvorstellbarer Wucht zu. Sein Vater, Wilhelm Gabalier, setzte seinem Leben vor dem eigenen Haus ein Ende. Er übergoss sich mit Benzin und zündete sich an. Ein Akt der Verzweiflung, der für die Familie aus dem Nichts kam und ein tiefes Trauma hinterließ. Andreas war damals gerade 21 Jahre alt, ein junger Mann am Anfang seines Weges. Der Verlust des Vaters war ein Schock, der das Fundament seiner Welt erschütterte.
Doch das Schicksal war noch nicht fertig mit seiner grausamen Prüfung. Nur zwei Jahre später, im Jahr 2008, nahm sich auch seine jüngere Schwester Elisabeth das Leben. Sie konnte den Verlust des Vaters nie überwinden und wählte denselben schrecklichen Weg. Für Andreas und seine Familie war dies der zweite unerträgliche Schlag, ein kaum zu begreifender Albtraum, der ihn an den Rand des Abgrunds stieß. “Es gibt wohl für nichts eine Erklärung, warum und wieso die Dinge so passieren”, gestand er Jahre später in einem Interview. Die Frage nach dem “Warum” blieb quälend und unbeantwortet im Raum stehen.
In dieser Zeit der tiefsten Finsternis, in der Wut, Trauer und Verzweiflung um die Vorherrschaft kämpften, klammerte sich Gabalier an das, was ihm seit seiner Kindheit in der Steiermark mitgegeben wurde: den Glauben an Gott und die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Es war kein einfacher, naiver Glaube, sondern eine bewusste Entscheidung, der Dunkelheit eine Hoffnung entgegenzusetzen. “Ich wurde sehr katholisch erzogen, der Glaube an Gott gibt mir schon Halt”, erklärte er.
Dieser Glaube manifestierte sich auf die für ihn kraftvollste Weise: in seiner Musik. In einem Moment tiefster Trauer setzte er sich hin und schrieb seine Gefühle nieder. Das Ergebnis war die Ballade “Amoi seg’ ma uns wieder” – ein Lied, das nicht nur zu einem seiner größten Hits werden sollte, sondern auch zu seiner persönlichen Hymne der Hoffnung wurde. Es ist ein direktes Gespräch mit den Verstorbenen, ein Versprechen und ein Trostpflaster für die eigene Seele.
Der Text ist eine rohe, ehrliche Auseinandersetzung mit dem Verlust: “Und irgendwann bleib i dann dort, lass alles rundherum einfach steh’n und lieg’n. Und wann’s dann so weit is’, dann werd’ i zu dir geh’n.” Es sind Zeilen, die Millionen von Menschen zu Tränen rühren, weil sie eine universelle Wahrheit aussprechen: die Sehnsucht nach einem Wiedersehen mit geliebten Menschen. Für Andreas Gabalier ist dieser Gedanke mehr als nur ein Wunsch. Es ist eine feste Überzeugung, die ihm die Kraft zum Weitermachen gab. “Dass man irgendwann da oben wieder zusammenkommt”, wie er es beschreibt, ist der Kern seines Glaubens und die Botschaft, die er mit diesem zutiefst persönlichen Lied in die Welt hinausträgt.
Die Bühne wurde für ihn zum Ort der Therapie. Jedes Mal, wenn er “Amoi seg’ ma uns wieder” vor einem Meer aus Lichtern singt, teilt er seinen Schmerz mit Zehntausenden. Er verarbeitet nicht nur seine eigene Trauer, sondern spendet auch unzähligen anderen Menschen Trost, die ähnliche Verluste erlitten haben. Das Lied schuf eine unsichtbare Verbindung zwischen dem Künstler und seinem Publikum, eine Gemeinschaft der Trauernden und Hoffenden.
Andreas Gabalier trägt seinen Glauben nicht plakativ vor sich her, aber er ist ein fester Bestandteil seiner Identität. Der Kreuz-Anhänger, den er oft um den Hals trägt, ist mehr als nur ein modisches Accessoire. Er ist ein Symbol für die Kraft, die ihn durch die Hölle getragen hat. Der Glaube half ihm, nicht in Hass oder Bitterkeit zu versinken, sondern einen Weg zu finden, mit dem Unbegreiflichen zu leben. Er ist überzeugt: “Ohne meinen Glauben hätte ich das alles nicht geschafft.”
Heute, viele Jahre nach den Schicksalsschlägen, hat der Schmerz seine schärfsten Kanten verloren, doch die Narben bleiben. Andreas Gabalier hat gelernt, mit der Trauer zu leben und sie in positive Energie umzuwandeln. Sein Glaube gibt ihm die Zuversicht, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Es ist ein stiller, aber kraftvoller Pakt mit dem Himmel, der ihm die Stärke gibt, jeden Abend auf die Bühne zu gehen und den Menschen Freude zu schenken – immer in dem Wissen, dass sein Vater und seine Schwester von “irgendwo da oben” zusehen.