Der Schatten von Dresden und der Schmerz des Verlusts: Das stille Leben der Western-Legende Terence Hill im hohen Alter

Venedig/Umbrien. Für Millionen von Fans weltweit ist er der lässige Revolverheld Trinity, der mit unnachahmlicher Eleganz und blitzschnellen Fäusten an der Seite seines kongenialen Partners Bud Spencer für Gerechtigkeit sorgte. Sein strahlend blaues Lächeln und die Fähigkeit, in jeder Prügelei als unversehrter Sieger hervorzugehen, machten Terence Hill, alias Mario Girotti, zu einer Ikone des europäischen Kinos. Doch jenseits des Glanzes der Leinwand, hinter dem ewigen Sunnyboy-Image, verbirgt sich eine Geschichte, die von tiefgreifenden Traumata, persönlichem Schmerz und einer stillen Resilienz gezeichnet ist. Heute, in hohem Alter, führt die Legende ein Leben, das auf den ersten Blick vielleicht überrascht – und in seiner Askese und seinem Rückzug von manchen als “traurig” empfunden wird. Doch es ist vor allem ein Leben der Selbstbestimmung und des Friedens, hart erkämpft nach Jahrzehnten im Rampenlicht und einem Schicksalsschlag, der ihn beinahe zerbrach.

Die Ursprünge seiner Geschichte sind komplex und untrennbar mit den dunkelsten Kapiteln der europäischen Historie verbunden. Geboren in Venedig als Mario Girotti, Sohn des italienischen Chemikers Girolamo Girotti und der Dresdnerin Hildegard Thieme, führte ihn das Schicksal schon früh in die Wirren des Zweiten Weltkriegs. Die Familie zog in die sächsische Stadt Lommatzsch, der Heimatstadt seiner Großeltern mütterlicherseits, wo sein Vater arbeitete. Hier, mitten in Deutschland, erlebte der junge Mario die Schrecken des Krieges hautnah.

Aus Lommatzsch heraus, so erinnerte er sich später, sah er das verheerende Bombardement von Dresden: „Alles war komplett rot“. Diese kindliche Erfahrung prägte ihn zutiefst, hinterließ Narben, die über Jahrzehnte nicht verheilten. „Was eine Bombe mit einem Kind macht, bleibt ein Leben lang, auch wenn es nicht verletzt ist. Ich hatte Albträume, bis ich 30 war“, gestand Hill. Dieser frühe Einblick in menschliches Leid steht in scharfem Kontrast zu der unbeschwerten Komik, die er später auf der Leinwand verkörperte.

Nach der Rückkehr nach Italien begann seine Karriere, fast zufällig, um sein Studium an der Universität Rom zu finanzieren. Er studierte Literatur und Philosophie, aber das Kino hatte ihn bereits in seinen Bann gezogen. Regisseur Dino Risi entdeckte ihn bei einem Schwimmwettbewerb und besetzte ihn in Urlaub mit einem Gangster. Mario Girotti spielte regelmäßig während seiner Teenagerjahre, um sein Studium zu finanzieren. Er arbeitete mit angesehenen Regisseuren zusammen.

Der entscheidende Moment, der ihn zur Vollzeit-Schauspielerei trieb, kam jedoch, als Luchino Visconti ihn für eine kleine, aber prestigeträchtige Rolle im Meisterwerk Der Leopard besetzte. An der Seite von Giganten wie Alain Delon, Burt Lancaster und Claudia Cardinale spielte Girotti den Grafen Cavriagi, einen Anhänger von Garibaldi. Diese Erfahrung war mehr als nur ein Job; sie war eine Offenbarung. Hill erkannte: „Es war ein entscheidender Moment, der mich dazu brachte, die Schauspielerei als Vollzeitkarriere zu verfolgen. Bis dahin war ich mir nicht sicher, ob es der richtige Weg für mich war.“ Er erinnerte sich an die akribische Sorgfalt: „In Der Leopard hatte ich sogar für meine kleine Rolle fünf Kostümanproben, um den richtigen Rotton für mein Hemd zu finden.“ Diese Hingabe zur Kunst des Kinos festigte seine Entscheidung, die klassische Philologie aufzugeben und sich ganz der Leinwand zu widmen.

Nach einer Phase in Westdeutschland, in der er ein Dutzend Filme drehte und zu einem Pionier der frühen europäischen Western wurde, kehrte er nach Italien zurück. Es war das Jahr seiner Heirat mit Lori Zwicklbauer, einer Amerikanerin deutscher Herkunft, die er am Set des Films Gott vergibt… Django nie kennengelernt hatte. An demselben Set traf er auch Carlo Pedersoli, der als Bud Spencer in die Filmgeschichte eingehen sollte.

Der amerikanische Trend verlangte nach anglo-amerikanisch klingenden Künstlernamen. Girotti bekam eine Liste von 20 Namen und wählte Terence Hill, weil der Name gut klang und die Initialen „TH“ zu denen seiner Mutter, Hildegard T., passten. Hills Teilnahme am Film war ein Glücksfall; er ersetzte einen Kollegen, der sich bei einem Streit den Fuß gebrochen hatte.

Die Partnerschaft mit Bud Spencer sollte die Welt des Kinos revolutionieren. Die beiden verstanden sich sofort. Regisseur Giuseppe Colizzi erkannte ihre Leinwanddynamik und paarte sie in Vier für ein Ave Maria. Ihr Durchbruch kam jedoch mit Sie nannten ihn Mücke, dem meistgesehenen italienischen Film aller Zeiten in Bezug auf die reine Zuschauerzahl. Die ikonischen Szenen, wie Hill, der gierig Bohnen verschlang – eine Szene, für die er lange gefastet hatte, um die Authentizität zu gewährleisten – wurden zu ihrem Markenzeichen.

Die komödiantischen Western, mit ihren „gigantischen Festmalen, wissenden Blicken, wahrer Freundschaft und inszenierten Schlägen“, brachten ihnen die Zuneigung des Publikums und den Respekt der Kollegen ein. Kinder und Erwachsene wussten, dass ihre Schläge nicht echt waren, aber ihr Talent und ihre Botschaft waren es. Beide lehnten Rollen ab, die ihren Werten widersprachen. Ihre „unrealen Schläge, die irgendwie gut fürs Herz waren“, wurden zum Markenzeichen eines ganzen Genres.

Trotz des Ruhms, der mit Filmen wie Zwei wie Pech und Schwefel und der Solo-Rolle in Sergio Leones Mein Name ist Nobody nur noch zunahm, sah Terence Hills Leben einen Abgrund. Ein Schicksalsschlag von unvorstellbarer Härte traf ihn: Sein adoptierter, junger Sohn Ross Hill verstarb bei einem tragischen Autounfall. Ross war auch in Filmen wie Don Camillo und Renegade aufgetreten.

Der Verlust stürzte Terence Hill in eine lange Phase der Depression, die ihn lähmte. Diese Tragödie warf einen tiefen, dunklen Schatten auf das Leben des Mannes, der so oft das Glück und die Leichtigkeit verkörperte. Die Welt des Films schien ihm fremd. Erst allmählich, durch seinen tiefen Glauben und die Rückkehr zur Arbeit, fand er einen Weg zur Heilung. Er sprach offen über seinen Schmerz und die Trauer und betonte den mählichen Heilungsprozess, den die Zeit sich brachte.

Die Arbeit im italienischen Fernsehen markierte seine Wiederauferstehung. Über zwei Jahrzehnte lang prägte er die Rolle des Don Matteo, eines radfahrenden Priesters, der Kriminalfälle löst. Später spielte er Pietro in der Bergpolizei-Serie Un passo dal cielo. Diese Rollen zeigten eine neue, ruhigere Seite von Hill, eine weisere Figur, die das Leid verarbeitet hatte. Sie bewiesen seine anhaltende Popularität, die mit einer Rekordzuschauerzahl für die Serie gipfelte.

Auch nach dem Tod seines geliebten Partners Bud Spencer, mit dem er eine echte, streitfreie Freundschaft pflegte, setzte Terence Hill seine Solokarriere fort. Er führte Regie und spielte in dem Film Mein Name ist Thomas, einem selbst geschriebenen Projekt, das seine Rückkehr auf die große Leinwand markierte.

Heute lebt Terence Hill mit seiner Frau Lori dauerhaft in Umbrien, einer italienischen Region, die er während der Dreharbeiten zu Don Matteo lieben lernte. Er kehrte zu den Wurzeln seines Vaters zurück, weg vom Hollywood-Glamour. Sein heutiger Lebensstil ist der eines Mannes, der Frieden und Balance gefunden hat.

Er war immer ein athletisches Kraftpaket, aktiv in Sportarten wie Schwimmen, Boxen und Kunstturnen. Auch im Alter hält er an einem asketischen, vegetarischen Lebensstil fest: „Während sein Filmpartner Bud Spencer sich während der Drehpausen mit Pasta stärkte, griff der drahtige Hill lieber zu Äpfeln und Reiswaffeln.“ Dieses bescheidene, zurückgezogene und sportliche Leben, frei von politischer Vereinnahmung – im Gegensatz zu Spencer, der offen rechtskonservativ war – ist vielleicht das, was manche Beobachter als “traurig” interpretieren, insbesondere im Vergleich zum explosiven Ruhm seiner Western-Ära.

Doch es ist in Wahrheit ein Zeugnis seiner inneren Stärke. Terence Hill hat die Schrecken des Krieges und den tiefsten persönlichen Verlust überlebt. Er hat sich neu erfunden, ist seinen Wurzeln treu geblieben und genießt heute einen stillen, hart erarbeiteten Frieden in der italienischen Landschaft. Die Trauer um Ross und die Erinnerung an Bud Spencer sind Teil seines Lebens, aber sie definieren es nicht. Stattdessen lebt er ein Leben, das von Disziplin, Glauben und der unerschütterlichen Kraft der Familie – Lori, Jess und die Erinnerung an Ross – getragen wird, ein würdiger Abschluss für eine der bemerkenswertesten Karrieren der Filmgeschichte. Sein Leben ist alles andere als traurig; es ist ein ergreifendes Epos über Ausdauer und die Suche nach dem wahren Zuhause.

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