Schauspielerin Marie Bäumer: Sie lebt ihre Liebe für Pferde heute auch beruflich aus. (Quelle: POP-EYE/Rene du Vinage via www.imago-images.de)
Längere Zeit zog sich Marie Bäumer aus der Schauspielwelt zurück. Was dahintersteckt und welche Träume sie hegt, verrät sie im Gespräch mit t-online.
Marie Bäumer war Mitte 20, als sie mit der Komödie “Männerpension” ihren Durchbruch als Schauspielerin feierte. Es folgten weitere große Rollen, zu den bekanntesten zählt die der Saloon-Sängerin Uschi in Michael Bully Herbigs Westernparodie “Der Schuh des Manitu”. Im Nachfolger “Das Kanu des Manitu”, der im August in den Kinos anlief, spielt die heute 56-Jährige nicht mit.
Statt in Film und Fernsehen ist Bäumer aktuell vorwiegend in ihrem eigenen Unternehmen Escapade in ihrer Wahlheimat Südfrankreich präsent, bietet nahe Avignon Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung mit Pferden an. Im Interview mit t-online erklärt sie, dass sie dem Schauspielerleben jedoch nicht abgeschworen hat – stattdessen stecken andere Gründe hinter ihrem zeitweiligen Rückzug.
Marie Bäumer: Ich bin endlich angekommen.
Was meinen Sie damit?
Schauen Sie: Ich sitze hier in Frankreich auf einer Yogamatte, blinzle in die Sonne und sehe Zypressen um mich herum. Diese Wärme, die Gerüche und Geräusche: Das macht mich glücklich.
Wie haben Sie Ihr Glück gefunden?
Drei Dinge sind wichtig: Kleine, alltägliche Rituale geben Halt. Das nächste sind Vorbilder. Mir gibt etwa der Dalai Lama mit “Ethik ist wichtiger als Religion” Halt. Und das Dritte ist, dass wir viel Kraft aus Empathie, also wirklichem Mitgefühl, schöpfen können. Sie macht es möglich, trotz aller möglichen Ängste, nicht hart und selbstbezogen zu werden.
Sie leben schon seit fast 20 Jahren in Frankreich. Wollen Sie Ihren Lebensmittelpunkt noch mal woanders hinverlegen?
Nein, Frankreich ist meine Heimat geworden. Ich bewege mich wie viele Menschen, die hier hergekommen sind, zwischen zwei Ländern, zwischen Frankreich und Deutschland – beruflich und auch hinsichtlich meiner sozialen Kontakte. Ich bin in den vergangenen Jahren mehr hier gewesen, aber insgesamt hält sich das die Waage.
Was hält die Zukunft für Sie bereit?
Meine Abenteuer- und Reiselust ist wieder aktiviert. Ich habe zum Beispiel in diesem Frühjahr eine kleine, ganz spontane Tour mit einer Freundin und drei Pferden durch die Camargue gemacht. Wir wollen jetzt darüber schreiben und das Erlebte teilen. Es war ein Ausflug, bei dem ich gemerkt habe, da fängt alles in mir an, zu vibrieren und zu pulsieren.
Pferde sind ein großer Teil Ihres Lebens und Ihrer Arbeit bei Escapade. Warum spielen Pferde solch eine große Rolle in Ihrem Leben?
Pferde sind für mich meine stärkste Bezugsquelle und Inspiration. Sie haben vieles von dem, was uns Menschen auch guttut: Sie haben Sensibilität, Kraft und Spielfreude. Sie suchen immer Anschluss. Das führt dazu, sich selbst mit der eigenen Gefühlswelt auseinanderzusetzen und zu entrümpeln.
Helfen Ihnen die Pferde dabei, Energie freizusetzen?
Ja, immer wieder. Ich bin ein Kurzstreckenläufer und kann sehr schnell, sehr viel Kraft aufbringen – dann schießt mein Energielevel schlagartig in die Höhe. Aber mit 25 hatte ich andere, zumindest physische Kräfte als mit 45 Jahren. Inzwischen bin ich 56 und muss auf meinen Körper hören, mich meinen Leistungsgrenzen anpassen und ein gesundes Maß finden.
Inwiefern fühlen Sie sich heute anders als mit Mitte 20 zu Beginn Ihrer Karriere?
Ich habe sicherlich eine andere Form von Bewusstsein. Ich blicke heute stärker auf meine Gefühlswelt als früher. In den vergangenen Jahren hat sich mein Fokus mehr auf mein Inneres gerichtet als auf das Außen.
Ich überfordere meinen Körper heute nicht mehr so sehr wie früher.
Marie Bäumer
In welchen Situationen waren Sie zu viel auf das Außen fokussiert?
Das war in Phasen der Fall, in denen ich zum Beispiel drei Kinofilme im Jahr gedreht habe. Das ist wirklich intensiv. Pausen zu machen, ist kaum möglich. In dieser Zeit war ich noch jünger, man hat dann eine andere Energie. Heute horche ich anders hin, was mir wirklich entspricht. Ich überfordere meinen Körper heute nicht mehr so sehr wie früher.
In den vergangenen Jahren haben Sie sich aus dem Filmgeschäft zurückgezogen.
Ich habe mich nie vollständig aus der Schauspielerei verabschiedet. Aber etwa durch Situationen wie die Corona-Pandemie habe ich mich erst mal auf Escapade konzentriert. Da war so viel zu tun, das macht man nicht mal eben mit links. Corona war eine extreme Situation für uns alle, und ich war dann froh, dass ich damals diese Aufgabe hatte. Das war nicht so wie bei vielen, die in der Stadt mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen hatten. Ich hatte in der Zeit auch Angebote und habe dann aber gedacht, dass das die beste Chance sei, sich anzustecken – mit 80 Leuten irgendwo aus allen Ecken an einem kleinen Ort im Winter zu arbeiten.
Bleiben wir beim Film. Warum spielen Sie im neuen Herbig-Film “Das Kanu des Manitu” nicht mehr in der Rolle der Uschi mit?
Da müssten Sie sich an Bully Herbig wenden. Ich weiß es leider nicht.
Der erste Teil der Westernparodie, “Der Schuh des Manitu”, stand in der Kritik. Es standen die Vorwürfe der kulturellen Aneignung und des Sexismus im Raum. Wie blicken Sie heute auf den damaligen Film zurück?
Das war für mich ein schöner Ausflug in den Comedy-Bereich, und ich persönlich mochte “Der Schuh des Manitu” am liebsten von den Filmen, die Bully Herbig damals gemacht hat. Das liegt ganz sicher nicht daran, dass ich mitgespielt habe. Ich fand ihn am authentischsten und am lustigsten. Ich bin aber auch einfach ein großer Western-Fan.
Ist der Humor noch zeitgemäß?
Mittlerweile ist die Befangenheit sehr groß, was überhaupt und wie erzählt werden kann und darf. Ich finde, das ist schon eine ganz schöne Herausforderung. Diese Aufmerksamkeit Themen wie Sexismus gegenüber: Ich finde, dass man aufpassen muss, dass man nicht nur Frauen in den Fokus stellt, sondern sieht, dass auch Männer von schwierigen Situationen wie Gewalt und Manipulation betroffen sein können.
Marie Bäumer spielte in der “Der Schuh des Manitu” die Rolle der Uschi. (Quelle: stock&people/imago-images-bilder)
Werden solche Themen zu feinfühlig behandelt?
Ich finde es sehr wichtig, Missstände zu benennen und Entwicklungen anzustoßen, die das gesellschaftliche Miteinander verbessern. Aber in Deutschland neigen wir dazu, ein Stück weit in eine Kontroll- und Aufpasser-Mentalität zu gehen und sehr schmalspurig zu werden. Es ist wichtig zu gucken, wo man das Augenmerk hinrichtet. Wo ist wirklich eine Anfeindung und wo wird nur der Anschein erweckt, dass irgendwas schlimm sein könnte. Wenn jemand sagt, das sei nicht sein Humor, ist das völlig in Ordnung, das ist wie bei Parfüm. Man mag etwas oder nicht, einem ist etwas angenehm oder nicht, man lacht über etwas oder eben nicht. Das ist etwas sehr Individuelles.
Für mich ist eine Grenze erreicht, wenn es zynisch oder sarkastisch wird.
Marie Bäumer
Darf Humor prinzipiell alles?
Ich würde sagen, das hat mit Ethik zu tun. Wenn ich merke, dass jemand menschlich bleibt hinter einer pointierten Art, andere nicht demontiert, ist das in Ordnung. Aber sich selbst zu stärken, indem man sich über andere lustig macht, damit kann ich sehr wenig anfangen. Für mich ist eine Grenze erreicht, wenn es zynisch oder sarkastisch wird.
Können Sie sich vorstellen, wieder zu drehen?
Es bahnt sich so langsam an. Erst kam das Angebot für das Buch über unsere Reise mit den Pferden und jetzt merke ich, dass eben auch andere Themen noch ihren Platz haben wollen und das ist sehr schön. Ich lese wieder Drehbücher, es ist aber noch nichts unterschrieben. In welche Richtung es geht, verrate ich noch nicht, aber es wird auf jeden Fall spannend.