Die Welt erinnert sich an ihn als die Stimme von Trio, als das Gesicht hinter dem minimalistischen Welthit “Da Da Da”, der eine ganze Generation prägte. Doch der Mann, Stephan Remmler, ist ein Meisterwerk des Kontrasts – ein Künstler, der auf dem Gipfel des globalen Ruhms stand und sich bewusst für die Stille entschied. Mit 78 Jahren ist sein Leben eine tiefgründige Erzählung über den Preis des Erfolgs, die unheilbaren Wunden des Verlusts und die hart erkämpfte Suche nach dem wahren Glück, weit weg von den gleißenden Lichtern der Bühne.
Geboren am 25. Oktober 1946 in Witten, wuchs Remmler in den Trümmern und der Stille der deutschen Nachkriegszeit auf. Es war eine Ära der Not, geprägt von Verlust. Diese frühe Prägung, insbesondere der frühe Tod seines Vaters, grub sich tief in die Seele des Jungen. Die Musik wurde für ihn mehr als nur ein Zeitvertreib; sie wurde sein Zufluchtsort, seine Sprache, der “einzige Ort, an dem er sich gehört fühlte und er selbst sein konnte”. Diese tiefe Leere und der Wunsch, seine Traurigkeit und seinen dennoch unbändigen Lebensdurst auszudrücken, legten den Grundstein für seine künstlerische Laufbahn.

Obwohl er Kunst und Sprachen studierte, war es die Musik, die ihn rief. Als er Anfang der 1980er Jahre mit Kralle Krawinkel und Peter Berens die Band Trio gründete, ahnte niemand, dass sie im Begriff waren, Popkultur-Geschichte zu schreiben. Ihr größter Hit, “Da Da Da”, entstand fast als Scherz, ein spielerisches Experiment in Reduktion. Doch dieses minimalistische Meisterwerk traf einen Nerv. Es wurde zu einem internationalen Phänomen, einem Symbol der Neuen Deutschen Welle und katapultierte Remmler ins Zentrum eines globalen Sturms.
Plötzlich war Stephan Remmlers Name überall. Er wurde als Symbol für Kreativität, Freiheit und Innovation gefeiert. Doch hinter der Fassade des Erfolgs, hinter dem Lachen und den eingängigen Melodien, begann der Lärm der Showbitzwelt an der Seele des introvertierten Künstlers zu zehren. Der Erfolg kam “zu schnell” und machte ihn “schwindlig”. Remmler, der oft als der kreative Kopf und Anführer von Trio galt, war auch derjenige, der sich am meisten sorgte. Er liebte die Kunst, aber er verabscheute den Lärm. Er liebte die Kreativität, aber er “mochte es nicht, im Mittelpunkt zu stehen”.
Mit wachsendem Ruhm wuchs auch die Distanz – nicht nur zu sich selbst, sondern auch innerhalb der Band. Der unerbittliche Arbeitsdruck und die unterschiedlichen künstlerischen Visionen begannen, die einst unzertrennlichen Freunde zu entfremden. Als sich Trio Mitte der 1980er Jahre auflöste, war die Enttäuschung der Fans riesig. Remmler jedoch hüllte sich in das, was ihn am meisten auszeichnete: Schweigen. Seine knappe Erklärung – “Alles hat einen Anfang und ein Ende” – klang banal, enthielt aber die ganze Tiefe eines Mannes, der die Vergänglichkeit des Ruhms bereits erkannt hatte.
Nach dem Ende von Trio startete Remmler eine faszinierende Solokarriere. Er weigerte sich, sich auf ein Genre festzulegen, und experimentierte mit Pop, Schlager, Rock und sogar Volksmusik. Jedes Lied trug seine unverkennbare Handschrift: eine Mischung aus Humor, Satire und einer tief sitzenden, “anhaltenden Einsamkeit”. Es war, als ob er versuchte, das Unaussprechliche in Noten zu fassen, seine Tränen hinter einem sanften Lächeln zu verbergen. Je mehr Menschen ihn kannten, desto einsamer schien er sich zu fühlen.

Der vielleicht radikalste Schritt in seinem Leben war jedoch kein musikalischer, sondern ein persönlicher. Er heiratete die Frau, die er als seine “einzige Stütze” bezeichnete – eine Lebensgefährtin, die nicht nur sein Leben teilte, sondern auch “die tiefsten Winkel seiner Seele verstand und akzeptierte”. Sie bekamen drei Söhne, und diese Familie wurde zu seinem neuen Zentrum. Im mittleren Alter traf er eine bewusste Entscheidung: Er kehrte der Unterhaltungsbranche den Rücken und zog mit seiner Familie nach Spanien.
Es war kein Rückzug aus Müdigkeit, sondern eine “Entscheidung für die Freiheit”. Die Freiheit, “wahrhaftig zu leben”, abseits des Lärms der Showbitzwelt. In seinem Haus am Meer fand er den Frieden, nach dem er sich immer gesehnt hatte. Er tauschte das Rampenlicht gegen das Rauschen der Wellen und den Applaus Tausender gegen das Lachen seiner Kinder am Esstisch.
Doch die Trauer blieb ein ständiger Begleiter in seinem Leben. Die “Stille” seines neuen Lebens wurde auf tragische Weise von den Echos der Vergangenheit durchbrochen. Der Tod seiner beiden engen Freunde und Bandkollegen, Kralle Krawinkel und Peter Berens, hinterließ tiefe Wunden. Trio, die Band, die sein Leben definiert hatte, existierte nicht mehr. Er war nun der “einzige Überlebende”. Diese Verluste ließen ihn die Vergänglichkeit noch schmerzhafter spüren. “Die Vergangenheit fühle sich manchmal wie ein Film in Zeitlupe an”, sagte er. Die Erinnerung an die gemeinsamen Bühnenmomente, gefolgt von der brutalen Realität, dass “nichts für die Ewigkeit ist”, prägte seine späten Jahre.
Diese Verluste machten ihn jedoch nicht bitter. Im Gegenteil, sie vertieften sein Mitgefühl und seine Dankbarkeit für die verbleibende Zeit. Der Künstler, der einst die Massen bewegte, fand nun Trost in der Philosophie der Einfachheit. Auf die Frage nach dem Glück antwortete er, es komme nicht vom Applaus, sondern von “einfachen Momenten”: mit seiner Frau am Tisch zu sitzen, dem Meer zuzuhören, Klavier zu spielen, ohne an Ruhm oder Geld zu denken.

Mit 78 Jahren lebte Remmler ein bewusst langsames Leben in einer schnelllebigen Welt, wie sein Sohn es beschrieb. Das Alter brachte, wie er zugab, “Phasen nachlassender Gesundheit” mit sich. Er musste wegen Erschöpfung ins Krankenhaus, was seine Familie in Sorge versetzte. Doch er begegnete diesen Herausforderungen mit derselben stoischen Ruhe, die seine Karriere geprägt hatte. Er pflegte einen gesunden Lebensstil, spazierte jeden Morgen am Strand und fand im Meer ein Symbol für sein eigenes Leben: “Egal wie viele Wellen es gibt, die Wasseroberfläche kommt immer wieder zur Ruhe.”
Sein Vermächtnis ist daher weitaus komplexer als ein einzelner Popsong. Während “Da Da Da” als Teil der globalen Popkultur weiterlebt, liegt Remmlers wahres Erbe in seiner Integrität. Er ist der Beweis, dass man dem ohrenbetäubenden Lärm des Ruhms widerstehen und seine eigene Melodie finden kann. Er ist der “nachdenkliche Künstler”, der Geschichtenerzähler, der es wagte, sich für die Liebe, die Familie und die “Aufrichtigkeit” zu entscheiden.
Er stand nicht mehr auf der strahlenden Bühne, aber er brauchte sie auch nicht. In seinem Haus am Meer, umgeben von den Fotos seiner Liebsten und den Erinnerungen an eine bewegte Vergangenheit, griff er gelegentlich noch zur Gitarre. Seine Stimme war nicht mehr so kraftvoll wie früher, aber sie trug etwas in sich, das die Zeit nicht auslöschen konnte: die tiefe, ehrliche Seele eines Mannes, der gelernt hatte, der Stille zuzuhören – und in ihr seine eigene, unvergängliche Musik fand.