5.700 Meter – Als Laura Dahlmeiers Körper versagte: Was verbirgt Huber wirklich?
Es sollte die Krönung einer ohnehin außergewöhnlichen Sportlerkarriere werden. Eine letzte große Herausforderung, ein Triumph über sich selbst – und vielleicht über die Grenzen des Machbaren. Was als glanzvoller Aufstieg begann, endete jedoch in tiefer Dunkelheit und blieb unauflösbar im Eis des Karakorum stecken. Der Tod der zweifachen Olympiasiegerin Laura Dahlmeier am Laila Peak am 7. August 2025 ist heute Gegenstand hitziger Debatten und polizeilicher Ermittlungen – und mittendrin fällt immer wieder ein Name: Thomas Huber.
Anfang vom Ende
Laura Dahlmeier, eine der erfolgreichsten deutschen Wintersportlerinnen, war für ihre Umsicht und ihren Perfektionismus bekannt. Nach ihrem Rücktritt vom Biathlon engagierte sie sich für Umwelt- und Bergsteigerprojekte, suchte die Grenzerfahrung, aber niemals den Leichtsinn. Am 5. August startete ihr Team den finalen Aufstieg zum 6.096 Meter hohen Laila Peak, gemeinsam mit dem erfahrenen Extrembergsteiger Thomas Huber, einer internationalen Bergsteigerlegende, berüchtigt für seinen Ehrgeiz und seine Risikofreude.
Im Basislager waren die Wetterbedingungen anfangs stabil, doch Zug um Zug verdunkelte sich der Horizont. Der Wetterdienst warnte vor aufkommendem Schneefall, und offenbar sprach Laura selbst am Vorabend des entscheidenden Schrittes auf die Zustände an. Laut Zeugen entwickelte sich daraus ein lautstarker Streit – Laura wollte umkehren, bittete das Team, abzubrechen. Huber aber widersprach: „So eine Chance bekommst du nur einmal im Leben.“
War es grenzenloser sportlicher Ehrgeiz? War es Gruppenzwang – oder lauerte dahinter noch mehr? Die Stimmen aus dem Basislager sind sich uneins, doch in fast jedem Augenzeugenbericht taucht derselbe Satz auf: „Laura hatte Bedenken, aber Thomas drängte.“
Die letzten Stunden
Am Gipfeltag, den 7. August, zeichnete sich rasch ab, dass die dünne Luft Laura zu schaffen machen würde. Um 5:40 Uhr funkte sie noch ein letztes Mal ins Basislager: „Mir geht’s nicht gut. Es ist kalt. Er …“ Das Band bricht ab. Minuten später ist die Funkstille endgültig.
Thomas Huber berichtet später, im dichten Schneetreiben habe er den Kontakt zu ihr verloren. Er kehrte alleine zurück, sichtbar erschöpft, mit beschädigtem GPS-Tracker. Die Ausrüstung: nass, voll Schnee und Eis. Seine Aussage, ein plötzlicher Sturm habe sie getrennt, wird jedoch durch internationale Wetterdaten vom Laila Peak am Tatmorgen stark in Zweifel gezogen: Klare Sicht, moderate Temperaturen, kaum Wind.
Als die pakistanische Rettungseinheit am Nachmittag anrückte, fanden sie Laura tot – nur etwa 300 Meter unterhalb des Gipfels, an einer geschützten Stelle. Keine Lawinenspuren, kaum Anzeichen eines Sturzes. Offizielle Todesursache: akute Höhenkrankheit. Aber warum hatte sie so schlecht Luft bekommen? Hatte wirklich niemand früher helfen können?
Mehr als ein Unfall?
Seit Wochen recherchieren Investigativjournalisten. Immer wieder fallen neue Widersprüche auf: Die Aussagen von Hubers Teamkollegen passen ebenso wenig zusammen wie die technischen Daten der erhaltenen GPS- und Funkgeräte. Wer war wann zuletzt in ihrer Nähe? Weshalb kam die Bergung erst Stunden nach ihrem Tod in Gang und nicht sofort, nachdem der Funkspruch abgebrochen war?
Noch gravierender: Die Behörden in Pakistan haben inzwischen ein offizielles Ermittlungsverfahren angekündigt – wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung, vielleicht sogar mit bedingtem Vorsatz. Im Raum steht auch der Verdacht, Huber könnte einen Komplizen im Team gehabt haben. Laut zwei anonymen Rettungskräften wurden Funkgeräte der Gruppe nach der Rettungsaktion absichtlich sabotiert. War es, um Zeit zu gewinnen? Oder damit niemand eine Hilferoute schicken konnte?
Beziehungen im Eis
Im Internet explodieren die Spekulationen. War es ein Eifersuchtsdrama? Gab es einen Konkurrenzkampf? Oder war es am Ende ein tragischer Streit um Ruhm in der ewigen Wildnis, bei dem Herz, Verstand und Körper an ihre Grenze gerieten? Nahestehende Freundinnen von Laura zeichnen ein differenziertes Bild: „Sie war vorsichtig, hat immer einen Plan B gehabt – aber sie war auch sehr loyal. Es gibt Menschen, denen hat sie einfach zu sehr vertraut.“
Huber selbst schweigt bislang zu den Vorwürfen. In einem knappen Interview spricht er von „einer Tragödie, wie sie leider immer wieder in den Bergen passiert.“ Doch bleibt die Frage offen, warum er nicht früher Hilfe geholt oder sich seinen eigenen Aussagen nach in ein größeres Risiko begeben hat, um Laura zu finden. Seine Aussage, der Schneesturm habe die Sicht genommen, kann durch Satellitenbilder nicht bestätigt werden.
Letzte Spuren, offene Fragen
Das letzte Foto von Laura, geschossen etwa 20 Minuten vor ihrem Tod, zeigt eine Frau voller Zuversicht: Sie lächelt in die Kamera, sonnengebräunt, entspannt. „Sie war bereit, umzukehren, hätte aber auf die Gruppe gehört“, berichtet eine ihrer engsten Freundinnen.
Die Ermittler aus Pakistan und aus Deutschland arbeiten zusammen. Untersucht wird, ob das Team sich an den Notfallplan gehalten hat: Wer hätte wann was tun müssen? Wurde Laura ausreichend mit Sauerstoff und Medikamenten versorgt? Insider aus dem Umfeld der Sherpas sprechen von interkulturellen Missverständnissen und internen Konflikten.
Die Wahrheit schweigt – vorerst
Die Berge verschlingen seit Jahrhunderten ihre Opfer und bewahren ihre Geheimnisse hartnäckig. Auch im Fall Dahlmeier & Huber bleibt vieles im Nebel der Gipfel verborgen. Was sich auf 5.700 Metern tatsächlich zutrug, wissen nur die Beteiligten – und vielleicht nicht einmal sie selbst.
War es der gnadenlose Wille, den Gipfel um jeden Preis zu erreichen? Ein Fehlurteil im entscheidenden Moment? Oder doch die tödliche Mischung aus Konkurrenz, Missverständnissen – und einer fatalen Entscheidung?
Die Wahrheit liegt irgendwo hoch oben, im ewigen Eis des Karakorum. Und sie schweigt.