Ein tiefes Gefühl der Stille hat sich über die brandenburgische Mark und weit darüber hinaus gelegt. Es ist eine Stille, die mehr sagt als tausend laute Worte. Deutschland trauert um einen Mann, der für viele mehr war als nur ein Schauspieler. Er war ein vertrautes Gesicht, eine Konstante in einer unruhigen Zeit, ein Symbol für eine unaufgeregte, bodenständige Ehrlichkeit, die in der heutigen Welt so selten geworden ist. Horst Krause, der unvergessliche Dorfpolizist aus „Polizeiruf 110“, ist am 5. September 2025 im Alter von 83 Jahren in einem Pflegeheim in Teltow verstorben. Sein Tod, der am 8. September bekannt gegeben wurde, hinterlässt eine Leere, die weit über die Fernsehlandschaft hinausreicht.
Die Nachricht von seinem Ableben löste eine Welle der Anteilnahme aus, die in ihrer stillen Intensität bemerkenswert war. Es waren keine hysterischen Ausbrüche, sondern ein kollektives, fast andächtiges Innehalten. In den sozialen Medien und den Zeitungen des Landes fanden sich unzählige Beileidsbekundungen, die alle einen ähnlichen Ton anschlugen: den Verlust eines Mannes, der sich anfühlte wie ein Teil der eigenen Familie. Regisseur Bernd Böhlich, der die Figur des Horst Krause einst schuf, fand die vielleicht treffendsten Worte für diesen Verlust. Er nannte ihn „die Seele Brandenburgs“. Und genau das war er. Krause verkörperte nicht nur eine Rolle, er verkörperte eine ganze Region, eine Mentalität, ein Lebensgefühl. Er war der knorrige Baum in der märkischen Landschaft, tief verwurzelt, wettergegerbt und von einer unerschütterlichen Ruhe.
Sein Abschied vom Leben war ein Spiegelbild seines Charakters. Keine große, öffentliche Trauerfeier, kein pompöses Staatsbegräbnis für einen Mann, der über Jahrzehnte die deutsche Fernsehunterhaltung prägte. Stattdessen fand die Beisetzung bereits am 7. September, nur zwei Tage nach seinem Tod, auf dem Friedhof in Teltow statt. Es war eine Zeremonie, die seine Lebensphilosophie auf den Punkt brachte: bescheiden, privat und absolut authentisch. Nur etwa 50 Personen waren anwesend – seine engsten Verwandten, einige wenige Freunde und Weggefährten aus der Filmbranche. Sie kamen, um Abschied zu nehmen von einem Mann, der trotz seines Ruhms immer einer von ihnen geblieben war.
Die Trauerfeier, die um 14 Uhr begann, wurde von Ortspfarrer Martin Lehmann geleitet. Seine Worte malten das Bild eines Menschen, der eine tiefe Verbindung zu seiner Heimat, zur Erde und zu den einfachen Dingen des Lebens hatte. Er sprach von Krauses Fähigkeit, trotz der Narben, die Krieg und persönliche Verluste in seiner Seele hinterlassen hatten, sein Lächeln und seinen unaufdringlichen Humor nie zu verlieren. Seine Geschwister waren anwesend, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Eine Ehefrau oder Kinder hatte er nie. Sein Leben war seine Arbeit und die stille Kontemplation in seiner brandenburgischen Heimat.
Es waren die kleinen Gesten, die die Tiefe der Wertschätzung für ihn zeigten. Kollegen wie Joachim Król und Maria Simon, die nicht persönlich anwesend sein konnten, schickten Videobotschaften, die während der Feier abgespielt wurden. Ein Kranz aus weißen Rosen, gesandt vom Team des Films „Schultze gets the Blues“, einer seiner Paraderollen abseits des Polizeirufs, wurde an seinem Sarg niedergelegt. Sein Bruder erinnerte in einer kurzen, bewegenden Ansprache an die schwere Kindheit, die sie gemeinsam durchlebt hatten und die Horst zu dem widerstandsfähigen und bescheidenen Menschen gemacht hatte, der er war. Als der Sarg in die Erde gelassen wurde, neben den Gräbern seiner verstorbenen Angehörigen, und die Klänge von „Amazing Grace“ die Stille des Friedhofs durchbrachen, war es ein Moment von tiefgreifender, unprätentiöser Schönheit. Ein passenderer Abschied für diesen Mann wäre kaum vorstellbar gewesen.
Um Horst Krause wirklich zu verstehen, muss man die Figur verstehen, die ihn unsterblich machte. Über 25 Jahre lang verkörperte er den gleichnamigen Polizeihauptmeister Horst Krause im Brandenburger „Polizeiruf 110“. Er war kein Superheld, kein genialer Ermittler mit spektakulären Methoden. Er war das genaue Gegenteil. Krause war ein Mann des Volkes, ausgestattet mit einem gesunden Menschenverstand, einer stoischen Ruhe und einem tiefen Verständnis für die Sorgen und Nöte der kleinen Leute. Seine Ermittlungen waren oft langsam, bedächtig, fast behäbig. Er löste seine Fälle nicht durch wilde Verfolgungsjagden, sondern durch geduldiges Zuhören, genaues Beobachten und ein untrügliches Gespür für menschliche Abgründe, die sich hinter der Fassade ländlicher Idylle auftaten.
In seiner abgetragenen Uniform, mit seinem unverkennbaren Gang und seiner lakonischen Art wurde er zu einer Identifikationsfigur für Millionen. Er war der Inbegriff von Verlässlichkeit in einer Welt, die immer unübersichtlicher wurde. Wenn Krause mit seinem Moped durch die märkischen Alleen tuckerte, dann war das mehr als nur eine Filmszene. Es war ein Versprechen, dass es noch Orte gibt, an denen die Zeit ein wenig langsamer vergeht und an denen Werte wie Anstand, Gemeinschaft und Gerechtigkeit noch etwas zählen. Er gab den Menschen im Osten Deutschlands nach der Wende eine Stimme und ein Gesicht, das sie verstanden und in dem sie sich wiedererkannten – ohne Ostalgie, aber mit einem tiefen Respekt für die Lebensleistung und die Mentalität der Menschen.
Doch sein Talent beschränkte sich nicht nur auf diese eine Rolle. In über 120 Film- und Theaterproduktionen zeigte er die ganze Bandbreite seines Könnens. Er konnte ein tragischer Held sein, ein verschmitzter Komödiant, ein tiefgründiger Charakterdarsteller. Doch allen seinen Rollen war eines gemein: eine grundlegende Menschlichkeit und Authentizität. Horst Krause spielte seine Rollen nicht nur, er lebte sie. Er verlieh ihnen eine Tiefe und eine Wahrheit, die man nicht lernen kann. Man hat sie oder man hat sie nicht. Er hatte sie im Überfluss.
Sein Privatleben hielt er konsequent aus der Öffentlichkeit heraus. Er hasste den roten Teppich und das oberflächliche Geplänkel der Medienbranche. Sein Zuhause in Brandenburg war sein Zufluchtsort, sein Reich. Hier, umgeben von der Natur, die er so liebte, fand er die Kraft und die Inspiration für seine Arbeit. Diese Zurückhaltung war keine Allüre, sie war ein wesentlicher Teil seiner Persönlichkeit. Er war ein Mann, der lieber beobachtete als redete, der lieber tat als ankündigte. Diese Bescheidenheit, diese Weigerung, sich dem Zirkus des Showgeschäfts zu unterwerfen, machte ihn für sein Publikum nur noch glaubwürdiger und liebenswerter.
Jetzt, nach seinem Tod, beginnt die Zeit des Erinnerns. Eine öffentliche Trauerfeier wird es seinem Wunsch entsprechend nicht geben. Stattdessen ist für Ende September in Berlin eine Sondervorführung eines Films über seine Karriere geplant. Es ist eine Geste, die ihm gefallen hätte: Nicht die Person Horst Krause soll im Mittelpunkt stehen, sondern sein Werk, das, was er der Welt hinterlassen hat. Es ist das Vermächtnis eines großen Schauspielers und eines noch größeren Menschen, der uns gelehrt hat, dass die wahre Stärke oft in der Stille liegt und dass man keine lauten Töne braucht, um gehört zu werden. Die Seele Brandenburgs hat ihren Körper verlassen, aber ihre Essenz, eingefangen in unzähligen Filmrollen, wird für immer bei uns bleiben. Deutschland verneigt sich in Dankbarkeit und stillem Respekt. Ruhe in Frieden, Horst Krause.