
Die kontroversen Äußerungen des Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) zum „Stadtbild“ haben in der deutschen Politik eine Welle der Empörung ausgelöst. Nicht nur Linken-Politiker wie Heidi Reichinnek warfen ihm öffentlich blanken Rassismus vor, auch Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) distanzierte sich scharf von Merz und betonte, er wolle in einem Land leben, in dem die Politik Brücken baut statt mit Sprache zu spalten.
I. Hitzige Debatte und unerwartete Unterstützung
In einer angespannten Debatte bei Markus Lanz standen Merz’ Aussagen im Zentrum der Diskussion. Kanzleramtschef Torsten Frei (CDU) bemerkte zunächst, dass Merz sich klar ausgedrückt habe und es keinen Grund für den großen Aufruhr gebe.
Der Grünen-Politiker Belet stimmte dem nicht zu und konterte, Merz’ „Stadtbild“-Äußerung sei offen für jegliche Deutung geblieben – dies sei das Hauptproblem. Auch Lanz machte gegenüber Frei deutlich, dass sich ein Bundeskanzler, der klar spricht, nicht noch einmal erklären müsse.
Die größte Überraschung war jedoch die Stellungnahme des Ex-Grünen-Politikers Boris Palmer. Er stellte sich auf die Seite von Merz und argumentierte, dass der Kanzler durch die Erwähnung von Abschiebungen deutlich gemacht habe, dass es nicht um Menschen mit Migrationshintergrund gehe, die in wichtigen Bereichen arbeiten, sondern nur um eine kleine Gruppe. Palmer betonte: „Die Verbindung zur Abschiebung war im Zitat da.“
II. Merz trifft einen „wunden Punkt“ und Kritik an der „Empörungskultur“
Der Tübinger Oberbürgermeister Palmer räumte ein, dass Merz einen „wunden Punkt“ getroffen habe. Es sei unbestritten, dass es in den vergangenen Jahren eine Veränderung im Stadtbild gegeben habe, die alle bemerkt, aber nicht besprechen durften.
Palmer zeigte sich beinahe erleichtert, dass der Bundeskanzler „jetzt sozusagen mal eine Bresche schlägt“, um eine echte Debatte zu ermöglichen. Er fügte jedoch hinzu, dass Merz rhetorisch nicht alles richtig gemacht habe. Dennoch betonte Palmer mehrfach: „Ich finde, die Debatte hat uns weitergebracht.“
Scharfe Kritik übte er an der sogenannten „Empörungskultur“: „Mit dieser Empörungskultur kommen wir nicht mehr weiter. Wir können das alles nicht mehr wegschieben, dass wir diejenigen, die es aussprechen, dämonisieren und ausgrenzen.“ Er lobte Merz’ Standhaftigkeit angesichts des „enormen“ Drucks.
III. Die Warnung der Bürgermeister
Im Gegensatz dazu warnte die parteilose Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, Jutta Steinruck, eindringlich vor den Folgen der „Stadtbild“-Aussagen: „Im ersten Moment war mehr als die Hälfte meiner Stadt im Stadtbild nicht mehr erwünscht.“ Sie erwarte von einem Bundeskanzler, dass er nicht spalte.
Obwohl Markus Lanz die Existenz echter Probleme in deutschen Städten – wie die sinkende Sicherheitswahrnehmung – nicht verneinte, blieb der Konsens, dass die Lösung der Probleme nicht durch Verallgemeinerung erfolgen dürfe, die Menschen mit Migrationshintergrund in ihrer Gesamtheit ins Visier nimmt.