Der gestohlene Thron: Frank Schöbel (82) nennt die 5 Stars, die er am meisten verachtet – von Helene Fischer bis Roland Kaiser
Frank Schöbel, der schillernde Name des ostdeutschen Schlagers (DDR), war nicht nur ein Sänger; er war eine Stimme, die ganze Generationen prägte. Sein Erfolg in einem abgeschlossenen sozialistischen Staat machte ihn zu einem kulturellen Symbol, einem unbestrittenen „Schlagerkönig“ des Ostens. Doch im Alter von 82 Jahren, als er auf seinen Karriereweg über zwei Regime blickt, schweigt Schöbel nicht länger. Zum ersten Mal spricht er offen über die bitteren Schattenseiten, die tiefen Verletzungen und die große Enttäuschung, die er in einer Musikindustrie erlitt, die sich bis zur Unkenntlichkeit verändert hat.
Das Leben von Frank Schöbel ist ein lebendiges Zeugnis von Konkurrenz, politischen Brüchen und der Gnadenlosigkeit der Kommerzialisierung. Er nennt fünf große deutsche Stars namentlich, die er nicht nur als Rivalen ansieht, sondern als Auslöser für Groll, gezielte Demütigungen und das Gefühl, an den Rand gedrängt worden zu sein. Für Schöbel sind es Namen, die er niemals vergessen und niemals verzeihen wird. Hinter den hellen Scheinwerfern verbergen sich Thronkämpfe, Arroganz und Verrat, die den Veteranen das Gefühl gaben, sein Erbe sei vorsätzlich ausgelöscht worden.

Die Vergiftung der Moderne: Der Kampf zwischen Erbe und Laserlicht
Die deutsche Musikindustrie erlebte nach 1989 einen dramatischen Wandel. Für Künstler, die im Rahmen der DDR aufgewachsen und berühmt geworden waren, bedeutete die Wiedervereinigung nicht nur Freiheit, sondern auch den Verlust von Status und Bedeutung. Der Aufstieg neuer Stars, die den Konsumismus und die Kommerzialisierung repräsentierten, drängte sie in eine „Nostalgie-Schublade.“
Helene Fischer: Das Symbol der „verkauften Seele“
Helene Fischer, der moderne Superstar des deutschen Schlagers, ist der Name, der ganz oben auf Frank Schöbels Liste der Verachtung steht. Mit Millionen verkauften Alben, ausverkauften Stadien und Shows, die eher Las Vegas als Leipzig ähneln, gilt Fischer als das Gesicht des zeitgenössischen Schlagers. Doch für Schöbel ist sie das Symbol dafür, die Seele dieses Genres geopfert zu haben.
Schöbel kritisiert Fischer offen, weil er glaubt, dass bei ihr alles perfekt inszeniert, aber unaufrichtig sei. „Es geht nur um Lichtshows, Kostüme und Millionen, aber wo bleibt das Herz?“ fragt er in Interviews. Was ihn am bittersten traf, war die Tatsache, dass er selbst immer weniger mediale Aufmerksamkeit erhielt, während Fischer nahezu den gesamten medialen Raum des Schlagers dominierte.
Ein besonders schmerzhafter Moment für Schöbel war 2013 während eines großen ARD-TV-Specials. Er hatte gehofft, als Ostlegende ebenfalls auftreten zu dürfen, doch die Produktion entschied sich ausschließlich für Helene Fischer. Backstage soll er gesagt haben: „Für sie ist Platz, für uns nicht mehr“.
Die Sache spitzte sich einige Jahre später zu, als Schöbel zu einer gemeinsamen Weihnachtsshow eingeladen wurde. Laut Insidern soll Fischer hinter verschlossenen Türen darauf bestanden haben, dass er nicht im Hauptprogramm auftrete, sondern lediglich in einem kurzen Zusammenschnitt gezeigt werde. Für Schöbel war das eine gezielte Degradierung. „Mir wurde endgültig klar, dass Tradition in dieser Branche keinen Wert mehr hat, wenn sie nicht ins Marketing passt“, erklärte er. Diese Wunde ist so tief, dass er den Namen Helene Fischer nur mit Bitterkeit ausspricht und sie als jene ansieht, die den Schlager auf eine neue Ebene gehoben hat, aber ohne „Herzblut.“
Andrea Berg: Die Verachtung des Erbes
Andrea Berg, die „Schlagerkönigin“ der Neuzeit, ist der nächste Name, der Schöbel zutiefst missfällt. Er wirft ihrer Musik vor, „austauschbar“ zu sein, ihre Texte „plakativ“ und ihre Shows „überinszeniert“. „Das ist kein Lied mehr, das ist ein Produkt,“ bemerkte er.
Bergs Geringschätzung von Schöbels Erbe zeigte sich deutlich bei einem Auftritt 2016, als ihr in einem TV-Special 20 Minuten Bühnenzeit zugestanden wurden, während Schöbel lediglich im Publikum saß. Darüber hinaus soll Berg bei einem Branchentreffen ein gemeinsames Foto mit ihm abgelehnt haben, weil sie nicht in eine „Retro-Schublade“ gesteckt werden wollte. Für Schöbel war das eine bittere Erfahrung: „Ich spürte, dass wir für die neue Schlagerwelt nur noch ein Anhängsel sind“.
Der härteste Schlag erfolgte bei einer großen TV-Preisverleihung 2018. Schöbel sollte ursprünglich eine Laudatio für einen Ehrenpreis für sein Lebenswerk halten. Doch kurzfristig wurde sein Auftritt gekürzt, um Andrea Berg mehr Bühnenzeit für eine Showeinlage zu geben. Backstage soll Schöbel gesagt haben: „Für ihre Lichtershow hat man meine 50 Jahre Musik einfach weggestrichen“. Seit diesem Moment sieht er Berg nicht mehr als Kollegin, sondern nur noch als Symbol für die Entwertung seiner eigenen Arbeit.

Die Wunde der Wiedervereinigung: Verdrängung und Isolation
Nach dem Fall der Berliner Mauer blieb die Unterscheidung zwischen „Ost“- und „West“-Künstlern in der Unterhaltungsbranche bestehen. Frank Schöbel, ein unangefochtener Star in der DDR, sah sich plötzlich einer harten Realität gegenüber: Er wurde als „Nischenstar“ betrachtet, der von großen Namen aus dem Westen überschattet wurde.
Roland Kaiser: Der Thronräuber
Roland Kaiser stieg mit Hits wie Santa Maria und Joanna zum „Schlagerkönig“ des vereinten Deutschlands auf. Für Schöbel, der im Osten jahrzehntelang an der Spitze stand, war Kaiser der neue Konkurrent und der Mann, der ihn in den Schatten stellte.
Schöbel erinnert sich, dass Kaiser in den 90er-Jahren überall präsent war: Talkshows, Stadien, Galas, während ostdeutsche Künstler oft nur als Nischenstars wahrgenommen wurden. „Wir hatten auch Erfolg, aber Kaiser bekam alle Scheinwerfer ab“, sagt er.
Am meisten schmerzte Schöbel ein Abend im Jahr 1995, als beide bei einem großen Charity-Konzert auftraten. Schöbel wurde kurzfristig auf einen Nachmittags- anstatt den Primetime-Slot verschoben, angeblich weil Kaiser mehr Exklusivität wünschte. Für Schöbel war das ein Schlag ins Gesicht.
Der Konflikt eskalierte endgültig bei einer Jubiläumsshow, die eigentlich beiden gewidmet sein sollte. Kaiser wurde als unangefochtene Legende des deutschen Schlagers gefeiert, während Schöbel lediglich ein kurzes Medley zugestanden wurde. Insider berichten, dass Kaiser sogar durchgesetzt haben soll, als Einziger ein Live-Orchester zu erhalten, während Schöbel mit Playback auftreten musste. Für den Ost-Star war das mehr als nur eine Beleidigung, es war das klare Signal, dass seine Ära offiziell beendet war. Seitdem spricht Schöbel nicht mehr von Kaiser als Rivalen, sondern als den Mann, der ihm endgültig die Krone entrissen hat.
Wolfgang Lippard („Lippi“): Der Verrat des Kollegen
Wolfgang Lippard, Moderator und Sänger, war oft Kollege von Schöbel auf vielen DDR-Bühnen. Doch Schöbel wirft ihm vor, nach der Wiedervereinigung jene TV-Rollen bekommen zu haben, die er selbst gerne gehabt hätte.
Besonders bitter wurde es, als Lippard 1992 Wetten, dass…? moderierte, was Schöbel das Gefühl gab, an den Rand gedrängt zu werden. „Ich wusste, für Leute wie mich gibt es im neuen Fernsehen keinen Platz mehr“, teilte er mit.
Der Höhepunkt war erreicht, als Lippard in einer Talkshow gefragt wurde, wer nach der Wende noch wirklich Publikum ziehe. Lippard antwortete: „Die Leute wollen neue Gesichter, nicht immer die alten Schlageronkels“. Viele verstanden sofort, dass er Schöbel damit meinte. Dieser Satz verbreitete sich wie ein Lauffeuer und brannte sich tief bei Schöbel ein, der es als Verrat des Kollegen empfand.
Ein weiterer Vorfall ereignete sich bei einer großen Silvestershow in Berlin. Schöbel sollte ursprünglich einen der Hauptauftritte übernehmen, wurde aber kurzfristig in die Nebensendung verschoben, weil Lippard angeblich darauf bestand, allein den Höhepunkt zu gestalten. Der letzte Tropfen war die Nachricht, dass Lippard bei Produzenten hinter seinem Rücken gesagt haben soll: „Frank ist verbraucht, mit dem kann man kein junges Publikum mehr erreichen“. Seit diesem Tag, so sagt Schöbel, habe er Lippi nie wieder vertraut.

Chaos und Respektlosigkeit: Die Erosion der Moral
Schließlich drückt Schöbel seine Verachtung für jene aus, die seiner Meinung nach eine neue Unterhaltungswelt voller Chaos, Schulden und Respektlosigkeit repräsentierten – im krassen Gegensatz zu den disziplinierten Werten, die er in der DDR vertrat.
Matthias Reim: Das Symbol des Chaos
Matthias Reim stieg mit seinem Hit Verdammt, ich lieb’ dich 1990 zum Star auf. Er ist jedoch auch der Inbegriff von Skandalen, Millionenschulden, gescheiterten Beziehungen und Alkoholproblemen. Für Frank Schöbel ist Reim der Gegenpol zu allem, wofür er selbst stehen will: Disziplin, Fleiß, Ehrlichkeit. „Das war unser Maßstab. Bei ihm war es Chaos“, bemerkte Schöbel.
Was ihn am meisten störte, war, dass Reim trotz aller Skandale immer wieder gefeiert wurde. Er konnte Millionen verspielen und wurde trotzdem bejubelt, während für Leute wie Schöbel ähnliche Fehler karrierezerstörend gewesen wären.
Der Konflikt zwischen den beiden eskalierte bei einem Festival 2002, als Reim Schöbel angeblich Backstage ignorierte und sich stattdessen in den Mittelpunkt drängte. „Er tat so, als gäbe es uns gar nicht“, erinnert sich ein Weggefährte.
Der bitterste Moment soll bei einer großen TV-Gala 2005 gewesen sein. Reim bekam die Hauptbühne, während Schöbel nur für einen kurzen Auftritt eingeplant war. Backstage soll Reim angeblich demonstrativ seine Assistenten angewiesen haben, Schöbel zu übergehen und ihm den Zugang zum Backstage-Bereich zu erschweren. „Es war, als hätte es mich nie gegeben“, sagt Schöbel rückblickend. Dieser Vorfall brannte sich so tief in sein Gedächtnis ein, dass er Reim seitdem nicht mehr als Partner auf Augenhöhe betrachtet und hinter seiner Fassade nur noch Chaos und Rücksichtslosigkeit sieht.
Fazit: Das verletzte Erbe
Fünf Namen, fünf Geschichten, fünf offene Rechnungen. Für Frank Schöbel sind sie ständige Erinnerungen an unlauteren Wettbewerb, Kränkungen und das Gefühl, an den Rand gedrängt worden zu sein. Seine Geschichte zeigt, dass die Welt des Schlagers nicht nur Glanz und Harmonie bedeutet, sondern auch Eitelkeiten, Machtkämpfe und tiefe Verletzungen.
Frank Schöbel ist nicht nur ein Opfer des Wandels; er ist ein lebendiger Zeuge dafür, wie eine Kultur vom Kommerz verschlungen wurde, wo das Erbe gegen Laserlicht eingetauscht und der Respekt vor einer Legende gekürzt wurde, um Platz für eine seelenlose „Lichtshow“ zu schaffen. Jetzt, im Alter von 82 Jahren, ist sein Geständnis kein Jammern, sondern eine scharfe Anklage gegen den unsichtbaren Preis des Ruhms und die Gnadenlosigkeit der modernen Unterhaltungsindustrie. Der entthronte König des Ostens hat endlich seine Stimme gefunden.