Gert Fröbe. Schon der Name ruft ein ikonisches Bild hervor: den bulligen, charismatischen Schurken, den unvergesslichen Auric Goldfinger, der in den 60er Jahren die Kinoleinwände der Welt beherrschte. Seine Präsenz war gigantisch, seine Stimme markant, sein Erfolg scheinbar grenzenlos. Fröbe, der deutsche Schauspieler mit der späten Weltkarriere, schien der Inbegriff des Traumes vom Tellerwäscher zum Millionär zu sein. Doch hinter der Fassade des triumphalen Bösewichts verbarg sich eine erschütternde Realität, geprägt von tiefster Armut, wiederkehrenden persönlichen Tragödien und einem dunklen Schatten aus der Vergangenheit, der ihn bis zu seinem letzten Atemzug verfolgen sollte. Sein Leben war ein Kampf, sein Ende ein melancholischer Rückzug.
Das Fundament für Fröbes unnachgiebige Stärke wurde in bitterer Armut gelegt. Am 25. Februar 1913 in Zwickau geboren, wuchs Gerhard Fröbe als Sohn eines Tischlers in Verhältnissen auf, die man heute als prekär bezeichnen würde. Die Familie kämpfte darum, genug Essen auf den Tisch zu bringen, und der junge Gerhard musste früh lernen, Verantwortung zu übernehmen. Schon als Kind trug er zum mageren Lebensunterhalt bei. Die Schule verließ er bereits im Alter von 14 Jahren, um eine Lehre als Buchdrucker zu beginnen. Ein pragmatischer, harter Weg, der die Realität seiner Herkunft widerspiegelte.
Doch tief in ihm glühte ein anderer Traum, der unvereinbar schien mit der Enge seiner ärmlichen Heimat: Er wollte Schauspieler werden. Diese Entscheidung war ein Akt der Verzweiflung und des unerschütterlichen Glaubens an sich selbst. Er brach die Lehre ab und stürzte sich in eine ungewisse Zukunft. Die frühen Jahre waren ein Überlebenskampf. Fröbe arbeitete zunächst als Bühnenarbeiter und in kleinen Rollen am Theater. Die Miete war oft ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte; zeitweise musste er in den Straßen leben. Er war obdachlos, hungrig und kämpfte an der Schwelle zum Existenzminimum. Viele hätten an diesem Punkt aufgegeben, doch Fröbes Erfahrung mit Not formte seinen Charakter und seine Haltung. Er war stets bescheiden, zutiefst dankbar für jeden Erfolg und vergaß nie, woher er kam. In späteren Interviews betonte er immer wieder die Bedeutung harter Arbeit und des niemals Aufgebens – eine Lektion, die er in seinen dunkelsten Stunden gelernt hatte.
Der Durchbruch, der Fröbe aus dem Schatten holte, kam spät, erst als er bereits über 40 Jahre alt war. Nach Jahren auf der Bühne und in Kleinstrollen im Film gelang ihm 1958 der entscheidende Coup: die Rolle des Gauners und Kriminalrates Karl Lohmann in der Verfilmung von Friedrich Dürrenmatts Kriminalroman Es geschah am hellichten Tag. Der Film wurde ein Erfolg und brachte Fröbe erstmals ernsthafte internationale Aufmerksamkeit. Seine markante Erscheinung und sein unverwechselbares Charisma etablierten ihn schnell als Charakterdarsteller.
Doch was 1964 folgte, sollte seine Karriere und sein Leben für immer verändern: die Rolle des Auric Goldfinger im gleichnamigen James-Bond-Film. Fröbe war nicht die erste Wahl – ursprünglich war ein britischer Schauspieler vorgesehen –, aber als er einsprang, verlieh er dem Schurken eine einzigartige, unvergessliche Note. Sein Goldfinger war nicht nur ein Bösewicht; er war ein skrupelloser, charismatischer Geschäftsmann mit einer beunruhigenden Tiefe. Fröbes starker deutscher Akzent und seine physische Präsenz machten die Darstellung des Schurken zu einem Meilenstein der Filmgeschichte.
Dieser Erfolg war nicht ohne Schwierigkeiten erkauft. Fröbe sprach kein Englisch und musste sämtliche Dialoge in einer fremden Sprache auswendig lernen – ein monumentaler Kraftakt, den er mit Bravour meisterte. Die Rolle brachte ihm weltweite Bekanntheit, finanzielle Stabilität und die Möglichkeit, seiner Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Er konnte sich ein eigenes Haus leisten, doch er blieb seinen Wurzeln treu und unterstützte regelmäßig karitative Organisationen und soziale Projekte. Die Zeit als Goldfinger war der Höhepunkt seines beruflichen Triumphs.
Doch gerade als der Ruhm seinen Zenit erreichte, begann ein düsterer Schatten über seinem Leben aufzuziehen, der bis zu seinem Tod nicht mehr weichen sollte: die Vorwürfe seiner Vergangenheit während der nationalsozialistischen Ära.
Fröbe wurde beschuldigt, Mitglied der NSDAP und der SA (Sturmabteilung) während des Zweiten Weltkriegs gewesen zu sein und sogar an einer antisemitischen Aktion beteiligt gewesen zu sein, bei der jüdische Geschäfte beschädigt wurden. Diese Anschuldigungen trafen den Schauspieler mit voller Wucht. Er bestritt die Vorwürfe vehement und beteuerte, er habe sich während des Krieges ausschließlich um das Überleben seiner Familie und den Fortbestand seiner Karriere gekümmert. Er erklärte, niemals antisemitische Ansichten vertreten zu haben, und verwies auf seine zahlreichen Zusammenarbeiten mit jüdischen Schauspielern und Regisseuren während seiner Laufbahn.
Die Kontroverse wurde jedoch nie vollständig ausgeräumt. Sie belastete Gert Fröbe unerbittlich und führte zu öffentlichen Protesten, beispielsweise gegen seine Teilnahme an der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im Jahr 1987. Einige jüdische Organisationen riefen zum Boykott seiner Filme auf. Diese tief sitzende moralische Belastung kontrastierte scharf mit seinem internationalen Image als gefeierter Künstler. Der Schmerz, als Nazi-Sympathisant gebrandmarkt zu werden, während er gleichzeitig versuchte, das schauspielerische Erbe Deutschlands zu vertreten, war eine psychische Tortur, die den einst so lebenslustigen Mann zunehmend in die Isolation trieb.
Parallel zu diesem öffentlichen Leid musste Gert Fröbe eine Reihe von privaten Katastrophen verkraften, die das Bild des strahlenden Weltstars endgültig demontierten und ihn zu einem zutiefst gezeichneten Menschen machten.
Das Jahr 1957 brachte den ersten schweren Schlag: Seine erste Ehefrau, die Schauspielerin Maria Stuart, mit der er drei Kinder hatte, erlag den Folgen einer Krebserkrankung. Der Verlust der starken Frau an seiner Seite traf den Familienmenschen Fröbe schwer. Nur vier Jahre später, 1961, folgte die nächste unfassbare Tragödie: Sein Sohn Joachim starb im Alter von nur 22 Jahren bei einem Autounfall. Für einen Vater, der selbst aus ärmlichsten Verhältnissen stammte und seinen Kindern ein besseres Leben bieten wollte, muss der Verlust eines Kindes eine unerträgliche Bürde gewesen sein. Fröbe war zutiefst erschüttert und brauchte lange Zeit, um diesen Schicksalsschlag emotional zu verarbeiten.
Die Serie der Verluste riss nicht ab. Im Jahr 1971 verlor Fröbe seine zweite Ehefrau, die Schauspielerin Karin Humboldt, mit der er zwei weitere Kinder hatte, ebenfalls an Krebs. Innerhalb von nur vierzehn Jahren musste er den Tod von zwei Ehefrauen und einem Sohn verkraften. Die Häufung dieser Tragödien, die in krassem Gegensatz zu seinem öffentlichen Erfolg stand, machte ihn zu einem gealterten, verletzlichen Mann, der mit gesundheitlichen Problemen wie Diabetes und Herzleiden kämpfte.
Diese persönlichen Katastrophen prägten Gert Fröbe nachhaltig, sowohl als Mensch als auch als Künstler. Sie verliehen seiner späteren Schauspielerei eine zusätzliche Tiefe, machten ihn aber auch empfindlicher für die Härten des Lebens. Er zog sich im Laufe seines Lebens zunehmend zurück, suchte Trost in der Stille und in der Nähe der verbliebenen Familie.
Am 5. September 1988 starb Gert Fröbe im Alter von 75 Jahren in seiner Wahlheimat München an den Folgen eines Herzinfarkts. Sein Tod löste Trauer in der Filmwelt aus, doch die Erinnerung an ihn war komplex. Man erinnerte sich an den großartigen Schauspieler, an den Mann mit der besonderen Ausstrahlung, aber auch an die Schatten, die sein Leben überschattet hatten.
Gert Fröbe wurde auf dem Waldfriedhof in Grünwald beigesetzt. Sein Grab wird noch heute von Fans besucht, die ihm die Ehre erweisen. Er hinterließ ein filmisches Vermächtnis von unschätzbarem Wert. Seine Darstellung des Goldfingers bleibt unvergesslich. Sein Leben jedoch ist eine mahnende Erzählung über den hohen Preis des Ruhms und die unentrinnbaren Schicksalsschläge, die selbst die größten Leinwand-Giganten in die Knie zwingen können. Fröbes Geschichte ist die eines Mannes, der die Hölle der Armut überwand, die Welt eroberte, aber niemals den Kampf gegen die Tragödien in seinem eigenen Herzen gewinnen konnte.