Es gibt Charaktere in der Fernsehgeschichte, die so tief im kollektiven Gedächtnis verankert sind, dass der Schauspieler dahinter fast zu ihrer Legende verschmilzt. Einer dieser unsterblichen Western-Helden ist Festus Haggen, der ungepflegte, manchmal streitsüchtige, aber zutiefst loyale Deputy Marshal von Dodge City in der ikonischen Serie Gunsmoke. Die Rolle machte Ken Curtis zum Weltstar, doch hinter dem kauzigen Äußeren von Festus verbarg sich ein Mann von außergewöhnlichem Talent, einer Karriere, die von den staubigen Ranches Colorados über die Big Bands Hollywoods bis hin zu den epischen Sets von John Ford reichte, und ein Leben, das in einem unerwartet stillen Moment endete.
Ken Curtis, ursprünglich als Curtis Wayne Gates am 2. Juli 1916 in Lamar, Colorado, geboren, trug das Erbe des Wilden Westens buchstäblich in seinen Adern. Seine ersten zehn Lebensjahre verbrachte er auf einer Ranch im östlichen Bent County, einer prägenden Zeit, die ihm die Härte und den Humor des Landlebens vermittelte. Doch die Faszination seines frühen Lebens lag in Las Animas, der Kreisstadt, wohin die Familie 1926 zog. Hier nahm sein Vater, Dan Sullivan Gates, erfolgreich an der Wahl zum Sheriff von Bent County teil und diente von 1927 bis 1931 in dieser Funktion.
Das Ungewöhnliche an dieser Familiengeschichte ist der Wohnort: Die Gates-Familie lebte direkt unterhalb des Gefängnisses, da die Haftanstalt den gesamten zweiten Stock des Gebäudes einnahm. Ken Curtis’ Mutter, Nelly Snead Gates, kochte für die Gefangenen. Man kann sich kaum eine intensivere und charakterbildendere Kindheitsumgebung vorstellen: Aufwachsen zwischen Recht und Unrecht, Freiheit und Gefangenschaft, und das alles unter dem Dach der Familie. Dieses direkte Eintauchen in die rauhe Realität der Grenze, in der die Grenzen zwischen Ordnungshütern und Outlaws oft verschwammen, mag unbewusst die Grundlage für die Authentizität seiner späteren Western-Rollen gelegt haben.
Curtis war jedoch nicht nur ein Ranch-Junge. Schon in der Bent County High School zeigte er seine Vielseitigkeit: Er war Quarterback des Footballteams – ein Anführer auf dem Spielfeld – und spielte Klarinette in der Schulband. Nach seinem Abschluss im Jahr 1935 und dem Dienst in der US Army während des Zweiten Weltkriegs von 1943 bis 1945, begann eine kurze, aber bemerkenswerte Phase an der Universität, wo er eigentlich Medizin studieren wollte. Doch die Anziehungskraft der Musik war stärker als der Ruf der Chirurgie. Er brach das Studium ab, um sich ganz seiner musikalischen Karriere zu widmen – eine Entscheidung, die sein Leben und die Unterhaltungslandschaft für immer verändern sollte.
Ken Curtis betrat die Bühne als Sänger, lange bevor er ein ikonischer Schauspieler wurde. Seine Stimme war klar, kraftvoll und perfekt für die Big-Band-Ära. 1941 war er bei der berühmten Tommy Dorsey Band und erlebte einen frühen Höhepunkt seiner Karriere, als er 1942 vertraglich Frank Sinatra als Sänger ablöste – eine Leistung, die das enorme Talent des jungen Curtis Wayne Gates unterstrich. Nach dem Krieg festigte er seinen Ruf in der Country-Musik. Für einen Großteil des Jahres 1948 war er ein prominenter Sänger und Moderator der langlebigen Country-Musik-Radiosendung WWV Jamboree.
Sein Übergang zum Ruhm im Western-Genre erfolgte durch seine Mitgliedschaft bei den legendären Sons of the Pioneers, denen er von 1949 bis 1952 als Leadsänger angehörte. Mit dieser Gruppe feierte er große Erfolge und lieferte unvergessliche Hits wie „Room Full of Roses“ und den unheimlichen Western-Klassiker „Ghost Riders in the Sky“. Die Musik war sein Tor zu Hollywood. Columbia Pictures erkannte sein Talent und unterschrieb bereits 1945 einen Vertrag mit ihm. Er spielte in einer Reihe von Musical-Western mit den „Hoots and Shoots“ und verkörperte romantische Cowboy-Hauptrollen, wobei er Gesang und Schauspielerei nahtlos miteinander verband.
Eine weitere entscheidende Verbindung, die seine Karriere in ungeahnte Höhen katapultierte, war die zu einer der größten Regie-Legenden aller Zeiten: John Ford. Durch seine zweite Ehe mit einer Schwiegertochter des Meisters wurde Curtis Teil des inneren Kreises von Ford. Er arbeitete in bedeutenden Filmen mit Ford und dem Western-Titan John Wayne zusammen, darunter Rio Grande (1950), wo er als Sänger in der fiktiven Band, den Regimental Singers (die eigentlich die Sons of the Pioneers waren), auftrat. Obwohl er nicht immer als Hauptdarsteller aufgeführt wurde, wurde er schnell zu einem vertrauten Gesicht in Fords Epen. Unvergessen sind seine Rollen in The Quiet Man, Wings of Eagles und The Alamo. Er stellte seine Vielseitigkeit auch in der Komödie Mister Roberts (1955) unter Beweis, an der Seite von Henry Fonda, James Cagney und Jack Lemmon.
Trotz dieser beeindruckenden Filmografie und einem kurzen Ausflug als Produzent von zwei Low-Budget-Monsterfilmen (was seine unkonventionelle Seite zeigte), ist die Rolle, die Ken Curtis unsterblich machte, die des Festus Haggen in der Western-Fernsehserie Gunsmoke.
Im Jahr 1964 trat Curtis dem Cast bei und sollte elf Jahre lang die Rolle des Festus Haggen verkörpern. Er trat in 304 Episoden auf – länger als jeder andere Deputy von Marshall Matt Dillon. Festus war das genaue Gegenteil der glänzenden, romantischen Western-Helden, die Curtis einst gespielt hatte. Er war ungepflegt, mit einem oft schief sitzenden Hut, streitsüchtig, leicht erregbar und stolz auf seine Unbildung. Seine einzigartige, nasale Sprechweise und seine unvergleichliche Mimik machten ihn sofort zu einem Publikumsliebling. Festus war nicht der scharfsinnigste oder kultivierteste Deputy, aber seine Menschlichkeit, seine unerschütterliche Loyalität und sein trockener Humor gaben der Serie eine geerdete Tiefe. Er war der Underdog, für den jeder Zuschauer insgeheim jubelte.
Diese Rolle war eine Triumphleistung der Charakterdarstellung und überschattete alle seine früheren Erfolge. Wo andere Schauspieler mit der Typisierung kämpften, umarmte Curtis die Figur des Festus und machte sie zu seinem Markenzeichen.
Nach dem Ende von Gunsmoke im Jahr 1975 blieb Curtis der Schauspielerei treu. Ein Jahrzehnt später kehrte er in der kurzlebigen Western-Serie Della Rose zum Fernsehen zurück. Eine seiner bemerkenswertesten späteren Rollen war die eines pensionierten Polizeidetektivs in einer Gastrolle in Carroll O’Connors NBC-Programm In the Heat of the Night – ein Beweis dafür, dass sein Talent über das Western-Genre hinausging.
Seine letzte schauspielerische Rolle war eine Rückkehr zu seinen Wurzeln: Er spielte den alternden Viehzüchter Sebe in der Fernsehproduktion Conagher (1991) basierend auf dem Buch des beliebten Western-Autors Louis L’Amour. Es war ein passender Abschluss, eine letzte Verbeugung vor der Welt, die er so authentisch dargestellt hatte.
Privat fand Ken Curtis sein Glück in seiner zweiten Ehe mit Torrey Connelly, die er 1966 heiratete. Sie blieben bis zu seinem Tod verheiratet, und er umarmte seine Rolle als Stiefvater für ihre beiden Kinder. In seinen späteren Jahren zog er sich nach Clovis, Kalifornien, zurück, wo er ein ruhigeres Leben führte.
Der Vorhang fiel für Ken Curtis in einem Moment stiller Tragik. Am 28. April 1991 starb der große Western-Star im Schlaf an einem Herzinfarkt in Fresno, Kalifornien. Es war ein stilles, unerwartetes Ende für einen Mann, dessen Leben von Musik, Action und den lauten, epischen Geschichten des Westens geprägt war. Seine Asche wurde eingeäschert und, in einer poetischen Geste, in den flachen Ebenen seiner Heimat Colorado verstreut – genau dort, wo seine Reise auf der Ranch begonnen hatte.
Das Leben von Ken Curtis war eine Ode an die amerikanische Vielseitigkeit: vom jugendlichen Klarinettisten unter einem Gefängnis zum Big-Band-Sänger, vom romantischen Cowboy zum gefeierten Shakespeare-des-Westens Festus Haggen. Sein Vermächtnis lebt nicht nur in den 304 Episoden von Gunsmoke weiter, sondern in der Erinnerung an einen einzigartigen Darsteller, der die Seele des Westens mit Humor, Menschlichkeit und einem unvergesslichen Knurren einfing. Ken Curtis ist gegangen, aber der Geist von Festus Haggen reitet für immer weiter.