Die Luft in der leeren Dreizimmerwohnung in Rostock ist dick vor Anspannung. Wo einst Kinder gelacht haben, herrscht nun ein Echo aus Stress und Resignation. Jasmin und Mike, bekannt aus der RTL2-Sozialdoku “Hartz und herzlich”, stehen vor den Trümmern ihrer bisherigen Existenz. Der Umzug ist fast geschafft, doch die eigentliche Arbeit fängt erst an: die Renovierung. Es geht nicht nur um ein paar Pinselstriche. Es geht um 1.300 Euro Kaution – eine Summe, die für das Bürgergeld-Paar über finanzielle Stabilität oder den freien Fall entscheidet.
Die Situation ist an sich schon dramatisch, doch der wahre Kern der Krise liegt viel tiefer. Der Auszug ist keine freiwillige Entscheidung, kein Wunsch nach einem Neuanfang. Es ist eine Anordnung des Jugendamtes. Eine Behörde hat entschieden, dass Jasmin und Mike mit der Erziehung ihrer beiden Kinder “völlig überfordert” sind. Dieses Urteil ist ein Schlag ins Gesicht für die jungen Eltern. Sie müssen ihre gewohnte Umgebung verlassen und in eine Eltern-Kind-Einrichtung ziehen, einen Ort, an dem ihre Fähigkeiten als Eltern unter ständiger Beobachtung stehen werden.

Der Druck, der auf dem Paar lastet, ist immens. Während die Möbel bereits in der neuen, fremden Umgebung warten, müssen Jasmin und Mike in der alten Wohnung schuften. Die Wände müssen gestrichen, die Spuren des alten Lebens beseitigt werden. Jede Stunde, die vergeht, rückt die Deadline näher. Jasmin ist diejenige, die dem Druck kaum noch standhalten kann. Sie glaubt nicht daran, dass sie es rechtzeitig schaffen werden. Die Angst, die Kaution zu verlieren, frisst sich in ihren Alltag.
“Mich kotzt es so an!”, bricht es aus Jasmin heraus. Es ist ein Schrei der Verzweiflung, der weit über die Renovierungsarbeiten hinausgeht. Es ist die Frustration über ein Leben am Limit, über einen ständigen Mangel, der jede Perspektive erstickt. “Wir haben jeden Monat so wenig Geld.”
Diese 1.300 Euro sind für sie kein Puffer, kein nettes Extra. Sie sind eine Notwendigkeit. Das Geld wird dringend gebraucht, denn die finanziellen Mittel der Familie sind, wie die Sendung offenbart, “extrem knapp”. Jasmin rechnet vor, was viele sich kaum vorstellen können: “Ich hätte schon gerne so 500 bis 600 Euro im Monat.” Eine Summe, die für viele selbstverständlich ist, bleibt für sie ein unerreichbarer Traum.
Die Realität ihres Alltags ist brutal: Fast 100 Euro geben sie wöchentlich allein für Lebensmittel aus – für vier Personen. Dazu kommen Windeln für die Kinder, Hygieneartikel. Jeder Cent muss dreimal umgedreht werden. Für das, was ein normales Familienleben ausmacht, bleibt nichts übrig. “Man will ja auch mal was mit den Kindern unternehmen”, sagt Jasmin, ihre Stimme gefärbt von Resignation. Ein Besuch im Zoo, ein Eis essen gehen – Luxusgüter in ihrer Welt.
Der drohende Verlust der Kaution ist daher mehr als nur ein finanzielles Ärgernis. Er ist eine Katastrophe. Denn nicht nur die Zukunft ist unsicher, auch die Vergangenheit holt sie ein. Das Paar muss noch viele Rechnungen überweisen, die sich aufgetürmt haben und bisher nicht beglichen werden konnten. Die 1.300 Euro sollten diese Löcher stopfen, ein wenig Luft verschaffen. Wenn dieses Geld wegbricht, droht der nächste Schuldenberg, der nächste Teufelskreis.
Die Belastung ist nicht nur finanziell, sondern auch physisch und psychisch. Der Umzug selbst zerrt an den Nerven. In einer Szene, die die Erschöpfung des Paares symbolisiert, schleppt Jasmin ein Regal zu einer Bekannten und muss sich danach sofort ausruhen. “Ich brauche diese Zeit alleine und ich muss mich entspannen”, erklärt sie. Es sind Momente, in denen deutlich wird, dass die Akkus leer sind. Der ständige Kampf ums Überleben, der Druck durch die Behörden und nun der Wettlauf gegen die Zeit bei der Renovierung – all das ist zu viel.

Unterstützung scheint Mangelware. Selbst Jasmins Schwester Cindy, die in der leeren Wohnung vorbeischaut, bringt wenig Trost. Laut Berichten kann sie nicht nachvollziehen, wie Jasmin und Mike den Auszug derart in die Länge ziehen. Ein Vorwurf, der in Jasmins ohnehin angespannter Lage wie ein weiterer Nadelstich wirken muss. Es ist das alte Lied: Wer am Boden liegt, muss sich oft auch noch erklären, warum er nicht schneller wieder aufsteht.
Die neue Realität in der Eltern-Kind-Einrichtung wird ein weiteres Kapitel der Prüfung. Es ist ein Schritt, der zwar dem Wohl der Kinder dienen soll, aber gleichzeitig die elterliche Autonomie massiv einschränkt. Sie werden beweisen müssen, dass sie die Unterstützung annehmen, dass sie lernen, was das Jugendamt von ihnen erwartet. Es ist ein Leben unter Aufsicht, während draußen die unbezahlten Rechnungen warten und das Geld für die alltäglichsten Dinge fehlt.
Die Sozialdoku “Hartz und herzlich” lebt von diesen Momenten ungeschönter Realität. Sie zeigt das Leben von Menschen, die oft durch das Raster der Gesellschaft fallen. Während, wie in der Sendung erwähnt, andere Bürgergeldempfänger wie Pamela sich vielleicht kurzzeitig über eine vierstellige Nachzahlung vom Jobcenter freuen können, zeigt das Schicksal von Jasmin und Mike die andere Seite der Medaille: die ständige Unsicherheit, die Angst vor dem nächsten Brief, der nächsten Forderung, der nächsten Hürde.

Für Jasmin und Mike ist der Kampf um die 1.300 Euro Kaution ein Symbol für ihren größeren Kampf. Es ist der Kampf um ihre Würde, um eine Chance, ihren Kindern ein stabiles Umfeld zu bieten, und letztendlich der Kampf darum, ihre Familie zusammenzuhalten. Ob sie den Wettlauf gegen die Zeit in der alten Wohnung gewinnen, bleibt ungewiss. Sicher ist nur, dass der Druck, unter dem sie stehen, für den Moment unerträglich scheint.