Explosives Comeback im Waldstadion: Linkin Park fegt mit neuer Frontfrau Emily Armstrong durch Frankfurt – Niemand hat mit dieser gewaltigen Energie gerechnet! Fans außer sich vor Euphorie – Ist das die Wiedergeburt der legendären Band oder der Beginn einer völlig neuen Ära?
„Ich habe eine Frage: Wer sieht Linkin Park zum ersten Mal?“ Mike Shinoda liest den Satz auf Deutsch von seinem Spickzettel ab. Zahlreiche Hände schießen im Waldstadion in die Höhe und jubeln der Nummer zwei von Linkin Park zu. Es ist das erste von zwei ausverkauften Frankfurter Konzerten der Band im Rahmen ihrer „From Zero World Tour“.
Neben Chester Bennington hat Shinoda den Sound der amerikanischen Nu-Metal-Band geprägt. Nachdem Bennington sich 2017 das Leben nahm, verstummte die Band. Erst da wurde vielen klar, wie sehr seine oft düsteren Texte von einem inneren Kampf erzählten.
Ein Weitermachen ohne den Frontmann schien unmöglich, waren es doch seine Präsenz, seine Stimme und seine Texte, die das Erscheinungsbild von Linkin Park bestimmten. Als sich die Band 2024 entschied, doch weiterzumachen, kam das für viele Fans überraschend. Wer sollte in diese großen Fußstapfen treten?
„Danke, dass ihr Emily mit offenen Armen und offenem Herzen empfangt. Wir sind sehr dankbar für eure Liebe und euren Support“, sagt Shinoda, und das Stadion antwortet mit begeistertem Jubel. Die Erleichterung ist spürbar: Linkin Park sind zurück.
Das Publikum liebt Emily Armstrong
Emily Armstrong, die neue Frontfrau, steht im lässigen Skaterlook mit blondem Haar und durchdringendem Blick auf der Bühne. Die 39 Jahre alte Musikerin war vor ihrem Einstieg bei Linkin Park nahezu unbekannt. Doch die Rockstar-Attitüde hatte sie schon früh drauf: Sie schmiss die Schule, um ihren Traum von einer Musikerkarriere zu verfolgen.
Armstrong wirkt zu Beginn zurückhaltend, fast schüchtern. Den Refrain überlässt sie den Fans – als hätte sie Angst, nicht zu genügen. Doch mit jedem Song taut sie weiter auf, gewinnt an Selbstvertrauen, nimmt die Bühne für sich ein und erobert das Publikum.
Sie sprintet den Steg entlang und wechselt scheinbar mühelos zwischen klarem Gesang, kraftvollen Refrains und aggressivem Screaming hin und her, zeigt sich mal wütend und mal verletzlich und erinnert dabei an Bennington, allerdings ohne dessen bleischweren Weltschmerz. Trotz der Schwere vieler Texte bringt Armstrong eine Leichtigkeit und fast schon freche Energie mit, die den Songs spürbar gut tut.
Chester Bennington ist nicht vergessen
Was viele befürchtet hatten, passiert nicht: Sie versucht nicht, Bennington zu kopieren. Sie singt ihn – und doch klingt es neu. Bei Klassikern wie „One Step Closer“ und „Numb“ trägt sie ihn mit, anstatt ihn zu ersetzen. Neben ihr hält Shinoda alles zusammen, mal als Co-Sänger, mal als nahbarer Gastgeber, der immer wieder ins Publikum springt, Hände schüttelt, Selfies macht, Autogramme gibt – und zum Dank eine Einhornmütze geschenkt bekommt, als er seine ikonische Cap verschenkt.
Linkin Park ist mehr als ein Nostalgie-Act. Neue Songs wie „The Emptiness Machine“ und „Heavy Is the Crown“ werden fast so laut mitgesungen wie die Hits der Nullerjahre. Der Chor aus 60.000 Kehlen im Waldstadion macht Gänsehaut: „I had to fall to lose it all, but in the end, it doesn’t even matter.“ Bei „In the End“ steht Armstrong auf einem Steg mitten in der Menge, angeleuchtet vom Spot, während Shinoda die Rap-Parts gibt. Für einen Moment wirkt es, als wären sie nie weg gewesen.
Das Publikum setzt sich aus alten und jungen Fans zusammen, alle in Schwarz gehüllt, textsicher bei neuen und alten Liedern. Manche Besucher dürften Bennington nur aus dem Internet kennen, aber noch nie live erlebt haben – und singen trotzdem jede Zeile mit. Die generationsübergreifende Begeisterung macht klar, wie sehr die Band über die Jahre hinweg verbindet. „Wir widmen euch den nächsten Song“, sagt Shinoda und legt mit „Cut the Bridge“ nach – ein Brückenschlag zwischen damals und heute.
Die Balance zwischen alt und neu gelingt
Auch die Bühne selbst erzählt von früher. Die Visuals auf den Leinwänden erinnern an die Ästhetik der frühen Linkin-Park-Videos. Ein Hauch Zweitausender, ein bisschen „Crawling“-Video für heute. So gelingt ein Balanceakt zwischen Tribut und Neuanfang.
Armstrong ist keine Kopie, sondern eine neue Seite im Buch dieser Band. Dass sie selbst zur Stimme einer neuen Generation wird, merkt man an den Moshpits, die aufploppen, an Kindern, die textsicher „Numb“ schreien, und an der Stimmung, die selbst in ruhigen Momenten wie dem Fort-Minor-Cover „Where’d You Go“ nicht kippt, sondern inne hält. Ein stiller Gruß an den Mann, der fehlt, ohne seinen Namen zu nennen.
Nach knapp zwei Stunden klingt das Set aus: „Papercut“, „Heavy Is the Crown“, „Bleed It Out“. Shinoda taucht noch einmal in den Graben ab, schüttelt Hände, bedankt sich unzählige Male. „Vielen Dank“, ruft er ins Rund, als wolle er selbst noch begreifen, dass es wieder geht – mit dieser Band, diesen Songs, diesem neuen Kapitel.
2025 ist Linkin Park anders, aber nicht weniger stark als zuvor. Und wer dachte, man müsse ewig in der Vergangenheit leben, weiß jetzt: Manche Wunden bleiben. Aber manchmal heilt Musik sie. Zumindest ein Stück weit.