Letzte Minuten mit Laura Dahlmeier: Seilpartnerin erinnert sich an den fata-len Fehler – Ein winziger Moment der Unachtsamkeit, der alles kostete. Was wirklich geschah, erschüttert zutiefst.
Trotz guter Vorbereitung und Erfahrung bleibt für Dahlmeiers Berg-Partnerin Krauss das Gefühl, dass die Katastrophe am Laila Peak vielleicht hätte verhindert werden können: durch eine andere Zeit-Planung der Besteigung.
Die Seilpartnerin von Laura Dahlmeier, Marina Krauss, hat sich nach dem tragischen Unglück am Laila Peak am Donnerstag erstmals öffentlich geäußert. In einer bewegenden Pressekonferenz im pakistanischen Skardu erklärte sie auch, welche Gedanken sie nach dem Tod ihrer Partnerin nicht mehr loslassen. “Wenn wir eine halbe Stunde früher dran gewesen wären, wären wir sicher heruntergekommen”, sagte Krauss. Sie betonte, wie schwer es sei, mit dem Bewusstsein zu leben, dass vielleicht eine kleine Entscheidung – ein früherer Aufbruch – das Unglück hätte verhindern können.
Krauss erklärte, dass die beiden noch vor Sonnenaufgang aufgebrochen waren. Dies ist bei anspruchsvollen Hochgebirgstouren üblich, damit der Zeitplan für den Gipfel und den Abstieg eingehalten werden kann.
Bereits während des Aufstiegs verschlechterte sich aber die Schneesituation deutlich. Krauss berichtet, dass sie und Dahlmeier sich deshalb entschieden, den Gipfel nicht zu besteigen und umzudrehen: “Wir wussten, dass wir das technisch auf jeden Fall draufhaben, aber im Verlauf des Tages wurde der Schnee weich und die Bedingungen schlechter. Wir haben uns entschieden, noch vor dem Gipfel umzudrehen.” Der Unfall ereignete sich beim Abstieg auf etwa 5.700 Metern Höhe. Laut Krauss war sie an einer Abseilstelle bereits angekommen, als Dahlmeier nachkam – “dann begann der Steinschlag”, schildert Krauss.
Sie musste hilflos zusehen, wie ein riesiger Felsstein ihre Seilpartnerin Laura am Kopf traf. Dahlmeier wurde gegen die Felswand geschleudert. Krauss rief nach ihr, aber es kam keine Reaktion. “Von diesem Moment an hat sie sich nicht mehr bewegt. Für mich war es unmöglich, sicher zu ihr zu gelangen.” Krauss setzte sofort einen Notruf ab, konnte aber selbst wegen des anhaltenden Steinschlags und der exponierten Lage nichts weiter tun und stieg später alleine ins Basislager ab.
Krauss machte deutlich, dass Laura Dahlmeier nicht nur eine hochqualifizierte und leidenschaftliche Bergsteigerin war, sondern für sie vor allem ein besonderer Mensch, mit dem sie gemeinsam große Ziele und Abenteuer teilte.
Der “Kitt” der Berge schmilzt
Krauss betonte, Dahlmeier und ihr selbst sei in Vorbereitung der Besteigung des Laila Peaks durchaus sehr klar gewesen, dass derartige Risiken in solchen Bergregionen oft durch äußere Faktoren wie Wetter, Steinschlag und Klimawandel bestimmt werden – Risiken, die auch durch beste Planung und Erfahrung nicht ganz vermeidbar sind.
Der Unfall wirft erneut ein Schlaglicht auf die zunehmende Gefahr von Steinschlag im Hochgebirge – ein Problem, das durch den Klimawandel verschärft wird. Nicht nur in den Alpen, sondern auch im Karakorum-Gebirge beobachten Experten eine Zunahme solcher Naturgefahren. Die steigenden Temperaturen sorgen dafür, dass Schnee, Eis und vor allem der Permafrost, der “Kitt” der Berge, immer stärker schmelzen. Dadurch werden Felswände instabil, der Fels bricht leichter auseinander und Steinschläge werden häufiger. Besonders im Tagesverlauf, wenn Schnee und Eis schmelzen. Am Laila Peak ist die schützende Schneeschicht inzwischen vielerorts einer blanken Felsflanke gewichen, was das Risiko für Bergsteiger dramatisch erhöht.
Der Klimawandel intensiviere Naturgefahren wie Steinschläge und Felsstürze und mache eine präzise Risikoabschätzung inzwischen oft unmöglich, so zahlreiche Experten.