Reinhold Messner bricht sein Schweigen: ‘Wir haben nicht nur eine große Alpinistin verloren – wir haben ein Kapitel der Bergsteiger-Geschichte für immer begraben!’ Tränen, Erinnerungen und die letzten Worte im bewegendsten Interview seines Lebens.
Der tragische Tod von Laura Dahlmeier hat nicht nur die Sportwelt erschüttert, sondern auch eine der größten lebenden Bergsteiger-Legenden tief bewegt: Reinhold Messner. In einem eindringlichen Interview mit dem WDR-Fernsehen sprach der Südtiroler offen über seine Trauer, die Bedeutung von Dahlmeier für den Alpinismus und die unberechenbare Gefahr der Berge, die auch erfahrene Sportlerinnen nicht verschont.
Ein Schock für die Bergsportgemeinschaft
Am Tag der Nachricht war die Betroffenheit groß. Laura Dahlmeier, ehemalige Biathlon-Olympiasiegerin, Weltmeisterin und leidenschaftliche Alpinistin, war bei einem Solo-Aufstieg in den Berchtesgadener Alpen tödlich verunglückt. Die Details des Unfalls waren zunächst spärlich. Bekannt war nur, dass sie allein unterwegs war und offenbar aus großer Höhe abgestürzt war. Die Bergwacht konnte nur noch ihren leblosen Körper bergen.
Diese Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und löste Bestürzung aus – nicht nur unter Sportfans, sondern besonders in der Kletterszene, wo Dahlmeier in den letzten Jahren nach ihrer Biathlon-Karriere mit großem Respekt empfangen wurde.
Reinhold Messner: „Ich habe eine Schwester im Geiste verloren“
In einem bewegenden TV-Interview im WDR nahm Reinhold Messner kein Blatt vor den Mund. Mit ernster Stimme, aber klarer Haltung schilderte er seine Reaktion auf die Todesnachricht:
„Es ist, als hätte ich eine Schwester im Geiste verloren. Laura war eine von denen, die die Berge nicht nur bestiegen haben, sondern sie verstanden – als Naturgewalt, als Herausforderung, als Ort der Demut.“
Messner, der selbst über Jahrzehnte mit den Extremen des Hochgebirges konfrontiert war, betonte die Tiefe der Verbindung zwischen Menschen, die sich den Bergen verschreiben. „Sie hatte den Geist des Alpinismus in sich – diese stille Entschlossenheit, die Bereitschaft zur Einsamkeit, das Vertrauen auf den eigenen Instinkt. Das ist heute selten.“
Vom Biathlon-Star zur Alpinistin
Laura Dahlmeier war nicht nur ein Ausnahmetalent im Wintersport. Nach ihrer sportlichen Karriere, gekrönt von sieben Weltmeistertiteln und zwei Olympiasiegen, zog sie sich relativ früh aus dem Wettkampfsport zurück – um sich einem anderen Abenteuer zu widmen: dem Bergsteigen.
„Ich wollte schon immer mehr als Runden im Stadion laufen“, sagte sie einmal in einem früheren Interview. Schon während ihrer aktiven Zeit hatte sie Touren auf anspruchsvolle Gipfel gemacht, darunter den Mont Blanc und den Cho Oyu im Himalaya. Nach ihrem Rücktritt vom Biathlon investierte sie ihre ganze Energie in alpine Projekte, darunter Skitouren, Kletterrouten und Vorträge über Nachhaltigkeit in den Bergen.
Für Messner war dieser Schritt keine Überraschung: „Es war klar, dass sie mehr suchte als Medaillen. Sie war eine Suchende. Die Berge haben ihr eine andere Art von Sinn gegeben.“
Der Tod am Berg – tragisch, aber nie sinnlos?
Die Frage, warum Menschen sich in gefährliche Situationen begeben, obwohl sie um das Risiko wissen, war ein zentraler Punkt im Interview. Messner reagierte deutlich:
„Der Tod am Berg ist nie ein Ziel, aber er ist eine Möglichkeit, die wir immer einkalkulieren müssen. Wer das nicht versteht, sollte nie losgehen.“
Er betonte, dass niemand den Tod von Dahlmeier glorifizieren solle – aber auch nicht verurteilen. „Sie wusste, was sie tat. Sie war vorbereitet, erfahren, stark. Aber der Berg entscheidet. Immer.“
Diesen Satz – „Der Berg entscheidet“ – wiederholte Messner mehrmals. Er spricht damit aus, was viele Bergsteiger empfinden: Die Natur kennt keine Gnade, keine Ausnahme, keine Rücksicht. Auch nicht für Weltmeisterinnen.
Eine Mahnung – aber keine Verurteilung
Reinhold Messner nutzte das Interview auch, um eine Botschaft an die Öffentlichkeit zu senden. Er warnte davor, den Tod von Laura Dahlmeier als Leichtsinn oder Übermut zu interpretieren:
„Sie war keine Hobbybergsteigerin. Sie war durchtrainiert, diszipliniert, klug. Der Unfall zeigt uns, wie wenig Kontrolle wir letztlich haben.“
Zugleich plädierte er für Respekt – sowohl für Dahlmeier als auch für alle, die in den Bergen ihr Leben verlieren. „Es ist leicht, im Warmen zu sitzen und zu urteilen. Aber wer je auf einem schmalen Grat stand, bei Wind und Eis, weiß: Jeder Schritt kann der letzte sein. Und trotzdem gehen wir weiter – aus Liebe.“
Die emotionale Seite: Schmerz, Verlust, Erinnerung
Trotz seiner rationalen Erklärung ließ Messner seine Gefühle durchblicken. In einem Moment des Interviews stockte ihm die Stimme.
„Ich habe viele Freunde am Berg verloren – aber Laura ist ein besonderer Verlust. Vielleicht, weil sie jung war. Vielleicht, weil sie so viel noch vor sich hatte. Vielleicht, weil sie mich an mich selbst erinnert hat.“
Die Emotionen, die Messner zeigte, waren ungewohnt offen. Der sonst so sachliche Extrembergsteiger wirkte verletzlich. Seine Worte waren nicht nur analytisch, sondern persönlich – ein Tribut an eine Frau, die nicht nur sportlich, sondern menschlich beeindruckte.
Ein Appell an die Bergsport-Community
Zum Abschluss des Gesprächs richtete Messner einen Appell an alle, die in den Bergen unterwegs sind – ob Profis oder Laien:
„Geht in die Berge. Aber geht mit Demut. Mit Wissen. Und mit dem Bewusstsein, dass das Leben kostbar ist.“
Er forderte eine Rückbesinnung auf alpine Ethik, auf Respekt vor der Natur, auf echte Vorbereitung statt nur Ausrüstung. „Der Berg verzeiht nichts. Aber er schenkt auch alles – Stille, Weite, Erkenntnis.“
Fazit: Ein Verlust, der bleibt
Der tragische Tod von Laura Dahlmeier hinterlässt eine große Lücke – im Sport, in der Alpinwelt, in vielen Herzen. Ihr Weg war außergewöhnlich: Vom gefeierten Wintersport-Star zur ernstzunehmenden Alpinistin, mit einer Haltung, die viele inspiriert hat.
Reinhold Messners Worte im WDR-Interview fangen diese Tragödie mit Klarheit und Menschlichkeit ein. Er sprach nicht nur über Dahlmeier, sondern auch über das Wesen des Bergsteigens: Die Schönheit und die Gefahr, das Streben und das Risiko, die Größe und die Verletzlichkeit.
„Wir haben eine große Alpinistin verloren“, sagte er – und damit sagte er alles.
Laura Dahlmeier (1993–2025):
Olympiasiegerin, siebenfache Weltmeisterin im Biathlon, leidenschaftliche Alpinistin. Gestorben im Alter von 31 Jahren bei einem Solo-Aufstieg in den Berchtesgadener Alpen. Ihre Begeisterung für die Berge und ihr respektvoller Umgang mit der Natur bleiben unvergessen.