Sie stehen nie vor der Kamera – und doch entscheiden genau diese Frauen, was ganz Deutschland jeden Abend im TV sieht! Ihre Namen kennt kaum jemand, doch ihre Macht ist enorm. Wer sind diese geheimen Strippenzieherinnen hinter Ihren Lieblingssendungen – und warum spricht niemand über sie?
Die drei mächtigsten Fernseh-Chefinnen Deutschlands: Inga Leschek (47, l.), Christine Strobl (53) und Katja Hofem (55, r.)
Diese Frauen entscheiden darüber, was Millionen Menschen unterhält, amüsiert und informiert. Christine Strobl (ARD), Inga Leschek (RTL) und Katja Hofem (Netflix) sind die drei mächtigsten TV-Chefinnen in Deutschland. Auf dem Papier sind sie zwar Konkurrentinnen, im Leben verstehen sie sich allerdings bestens. Mit BILD sprechen sie über ihre Sehgewohnheiten, worum sie einander beneiden und die Zukunft des Fernsehens.
Christine Strobl: Wir sind nicht privat-privat befreundet, aber wir sind befreundete Kolleginnen.
Inga Leschek: Und manchmal gibt es tatsächlich Zeiten, in denen wir drei uns auf diversen Events häufiger sehen als unsere Freundinnen und Freunde.
Katja Hofem: Uns verbindet auch, dass wir uns schon so lange kennen. Wir schätzen und respektieren uns sehr. Wir haben die jeweils anderen Wege miterlebt. Es ist also immer schön, wenn wir uns treffen, sodass man schnell denkt: „Lasst uns mal wieder was trinken gehen …“ Meistens ist das dann allerdings eine Herausforderung wegen der Terminkalender.
Katja Hofem ist seit November 2021 bei Netflix – bereits kurz danach stieg sie zur Vice President Content DACH auf und verantwortet damit heute das gesamte Entertainment-Angebot von Netflix in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie entscheidet damit über das Angebot für über 15 Mio. Abonnenten im deutschsprachigen Raum
Sprechen Sie, wenn Sie sich sehen, nur über das Fernsehen? Oder haben Sie auch andere Themen?
Strobl: Klar. Sport zum Beispiel …
Leschek: Ich bin auf dem Weg, 50 Liegestütze zu schaffen. Gerade liege ich bei 45 – am Stück!
Strobl: Davon träumen Katja und ich noch …
Hofem: … versuchen aber noch, uns das nicht anmerken zu lassen. (lacht)
ARD, RTL und Netflix: „Es ist die Zeit der Partnerschaften“
Auf dem Papier sind Sie Konkurrentinnen. Sie arbeiten für die ARD, RTL und Netflix. Ist es dennoch denkbar, dass die Zukunft besser gemeinsam gelingen kann – oder sogar muss?
Leschek: Es ist die Zeit der Partnerschaften: „Teilen ist das neue Haben“. Wir müssen alle gucken, wie wir unsere Inhalte optimal auf die Straße bringen. Deshalb lohnt es sich manchmal, darüber nachzudenken, ob eine Partnerschaft nicht noch mehr Reichweite schafft – für beide Seiten. Wenn man unterschiedliche Zielgruppen anspricht, kann man am Ende sogar mehr Menschen erreichen. Dann kannibalisiert man sich nicht, sondern baut aufeinander auf. Die ARD und RTL haben ja kürzlich erstmals gemeinsam den ESC-Vorentscheid auf die Beine gestellt. Das hat sehr gut funktioniert. Wir hatten in diesem Jahr den erfolgreichsten ESC-Vorentscheid seit über 20 Jahren – und das ist toll für beide Partner. Darauf können wir aufbauen, auch mit anderen Partnern, gerne auch mal mit Netflix.
Inga Leschek ist seit Juni 2024 Chief Content Officer RTL Deutschland. Zusätzlich zu ihrer Position als Programmgeschäftsführerin von RTL und RTL+ verantwortet sie damit die Inhalte aller Sendermarken von RTL Deutschland (RTL, VOX, ntv, RTL Super & Multichannel), die Inhalte von RTL+ sowie alle journalistischen Inhalte und digitalen Plattformen von RTL NEWS (außer stern+)
Ginge so eine Partnerschaft auch zu dritt?
Strobl: Klar!
Hofem: Wir sind uns ja alle bewusst, dass die Zeit gerade eine besonders spannende Zeit ist, weil sie uns die Möglichkeit gibt, über Dinge nachzudenken, die wir uns früher nicht getraut hätten. Wir sind immer offen und bleiben im Gespräch. Wenn es also eines Tages eine Win-win-win-Situation geben würde, würden Christine, Inga und ich sie bestimmt nutzen. Es gibt keine Scheren im Kopf mehr, die eine Zusammenarbeit verhindern würden.
Strobl: Das sehe ich auch so. Die Zeit der Scheren im Kopf ist vorbei. Es ist gut, dass wir eine vertrauensvolle Basis miteinander haben, sodass wir entsprechend einfach und unkompliziert über Dinge sprechen können. Es gibt keine Hemmschwellen und auch keine Denkverbote. Trotzdem stehen wir natürlich in einem Wettbewerb um die Zeitbudgets der Menschen. Und dieser Wettbewerb ist auch gut so. Wettbewerb schafft für alle Nutzer ein größeres und vor allem besseres Angebot. Und es ist wichtig, dass wir unsere unterschiedlichen Schwerpunkte auch klar herausstellen.
Christine Strobl trat am 1. Mai 2021 als ARD-Programmdirektorin die Nachfolge von Volker Herres (67) an. In dieser Funktion ist sie für das ARD-Gemeinschaftsprogramm Das Erste und die ARD Mediathek verantwortlich. Christine Strobl ist außerdem Mitglied im Aufsichtsrat der ARD Degeto sowie der SportA, der gemeinsamen Sportrechte-Agentur von ARD und ZDF
Leschek: Mitbewerber zu sein, spornt einen ja auch an. Es ist für mich beispielsweise inspirierend, wie Netflix Geschichten erzählt. Das ist Meisterklasse. Und auch bei der ARD läuft es gerade wie geschnitten Brot. Wir schauen oft zu euch und schlackern beeindruckt mit den Ohren.
Hofem: Jede von uns hat eine eigene Handschrift, eine eigene DNA und einen eigenen Auftrag. Trotzdem können wir uns über Erfolge der anderen freuen, denn am Ende sind das auch die Erfolge einer ganzen Branche und einer ganzen Industrie, in der wir alle hoffentlich noch eine Weile arbeiten wollen und können. Aber klar – wir konkurrieren auch mal um Ideen.
Welche Formate die drei Powerfrauen gerne im eigenen Programm sehen würden
Gibt es Formate der Konkurrenz, die Sie selbst gerne im eigenen Programm gesehen hätten?
Leschek: Klar! „Klein gegen Groß“.
Strobl: Das verstehe ich.
Hofem: „Tatort“
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Leschek: „Tatort“ sowieso! Und die Rechte für die Olympischen Spiele hätte ich auch gern.
Strobl: Jetzt wirst du aber gierig … (lacht)
Leschek: Ich bin halt inspiriert vom ESC, das lief so gut.
Strobl: „Let’s Dance“ und „Wer wird Millionär?“ könnte ich mir umgekehrt absolut auch in der ARD vorstellen. Ihr versteht es einfach meisterhaft, eure Marken erfolgreich zu entwickeln und zu platzieren. Nur eure Reality-Formate dürft ihr gerne behalten.
Leschek: Aber „Die Verräter“ wären theoretisch auch nicht weit weg von euch.
Strobl: Dann guck dir „Werwölfe“ an, dann reden wir noch mal.
Hofem: Ich oute mich jetzt mal. Ich gucke seit dem 11. Mai 1992 GZSZ. Ich bin eine Zuschauerin der ersten Stunde. Die Serie begleitet mich durch mein ganzes Leben.
Duo mit Trio: BILD-Vize Tanja May (l.) und BILD-Autor Michael Schacht mit Inga Leschek, Christine Strobl und Katja Hofem (v. l.)
Vor etwas über zwei Wochen wurde verkündet, dass RTL den Sender Sky übernimmt. Wie haben Sie das wahrgenommen?
Hofem: Spannend!
Strobl: Glückwunsch!
Leschek: Das freut mich sehr, weil ich weiß, dass Christine und Katja das ganz ehrlich meinen.
Strobl: Warum auch nicht? Der Deal wird weder Netflix noch der ARD schaden. Im Gegenteil – er befruchtet uns. Ich bin für ein starkes, duales System. Der Deal vermittelt Mut und Investitionsfreude, und das ist großartig. Und er ist auch ein starkes Signal an die Branche. Wir anderen wissen aber auch, was wir können und wofür wir stehen.
Hofem: Ich bin ja für ein starkes, triales System – also öffentlich-rechtlich, Privatfernsehen und Streaming. Ich erinnere mich, als Sky vor zwei Jahren auf dem Münchner Filmfest verkündet hat, keine fiktionalen Eigenproduktionen mehr zu machen. Die Nachricht fand ich viel schlimmer. Wir wollen einen gesunden Wettbewerb, um tolle Talente zu fördern.
Strobl: Warum auch nicht? Der Deal wird weder Netflix noch der ARD schaden. Im Gegenteil – er befruchtet uns. Ich bin für ein starkes, duales System. Der Deal vermittelt Mut und Investitionsfreude, und das ist großartig. Und er ist auch ein starkes Signal an die Branche. Wir anderen wissen aber auch, was wir können und wofür wir stehen.
Hofem: Ich bin ja für ein starkes, triales System – also öffentlich-rechtlich, Privatfernsehen und Streaming. Ich erinnere mich, als Sky vor zwei Jahren auf dem Münchner Filmfest verkündet hat, keine fiktionalen Eigenproduktionen mehr zu machen. Die Nachricht fand ich viel schlimmer. Wir wollen einen gesunden Wettbewerb, um tolle Talente zu fördern.