Vom Arbeitsrecht zum strategischen Milliarden-Deal: Wie ein oft unterschätzter Rechtsbereich eine Schlüsselrolle bei RTLs Übernahme von Sky spielte – Freshfields begleitete den komplexen Prozess und zeigte, dass selbst klassische juristische Themen den Ausschlag für große wirtschaftliche Entscheidungen geben können.
Die Medienlandschaft Europas ist im Umbruch – Streamingdienste, Digitalisierung und Konsolidierung bestimmen das Geschehen. In diesem Kontext sorgte ein Deal für besonderes Aufsehen: Die RTL Group, Teil des Bertelsmann-Konzerns, plant die Übernahme der deutschen Aktivitäten des Pay-TV-Anbieters Sky. Rechtsberatend zur Seite steht RTL dabei die internationale Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Was zunächst als arbeitsrechtliche Beratung begann, entwickelte sich für Freshfields zu einem der bedeutendsten Mediendeals des Jahres.
Strategische Neuausrichtung: RTLs Konsolidierungskurs
RTL verfolgt seit einigen Jahren eine konsequente Digital- und Konsolidierungsstrategie. Mit Plattformen wie RTL+ und Investitionen in Content, Technologie und Reichweite positioniert sich das Unternehmen als paneuropäischer Player im Wettbewerb gegen US-Streaminggiganten. Die Übernahme der deutschen Sky-Aktivitäten ist ein logischer nächster Schritt: Mit Sky Deutschland erhält RTL Zugang zu zusätzlichen Bezahl-Inhalten, einer etablierten Plattform und millionenfachen Haushalten.
Doch die Übernahme ist komplex – rechtlich, wirtschaftlich und politisch. Gerade im regulierten Medienmarkt spielt das Arbeitsrecht eine zentrale Rolle: Der Übergang von Arbeitsverhältnissen, Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte und Fragen des Tarifrechts sind zu klären, bevor kartellrechtliche und medienrechtliche Genehmigungen folgen können. Hier kommt Freshfields ins Spiel.
Freshfields: Vom Arbeitsrecht zur Dealstruktur
Freshfields Bruckhaus Deringer ist eine der führenden Kanzleien Europas, wenn es um Großtransaktionen, Fusionen und Umstrukturierungen geht. Was weniger bekannt ist: Die Kanzlei verfügt über eine starke arbeitsrechtliche Praxis, die bei Transaktionen oft eine Schlüsselrolle einnimmt. Im Fall RTL/Sky war das Team um Dr. Katrin Grube, Partnerin im Bereich Arbeitsrecht, zunächst mit der arbeitsrechtlichen Due Diligence befasst. Dabei ging es um Fragen wie:
Welche Betriebsvereinbarungen gelten bei Sky Deutschland?
Welche Tarifbindungen bestehen?
Welche Arbeitsverhältnisse sind befristet, welche unkündbar?
Wie ist die Mitbestimmung auf betrieblicher und Unternehmensebene organisiert?
Diese Informationen sind essenziell, um die Risiken und Folgekosten einer Übernahme bewerten zu können. „Arbeitsrechtliche Aspekte können einen Deal machen oder scheitern lassen“, so Grube in einem Hintergrundgespräch. In diesem Fall öffneten sie jedoch die Tür zu einer umfassenderen Beratung.
Ausweitung der Mandatierung: M&A, Kartellrecht, IP
Nach der ersten Phase der Prüfung und Risikoanalyse übernahm Freshfields auch die rechtliche Strukturierung des Deals. Partner aus den Bereichen Gesellschaftsrecht/M&A, Kartellrecht, IT/IP und Datenschutz wurden eingebunden. Denn die Übernahme betrifft nicht nur Arbeitsverträge, sondern auch:
Die Übertragung von Lizenzverträgen (insbesondere Sportrechte)
Fragen der Wettbewerbsaufsicht durch das Bundeskartellamt und die EU-Kommission
Datenschutzrechtliche Themen im Umgang mit Kundendaten
IT-Integrationen und Schnittstellen zwischen Sky- und RTL-Systemen
Hier bewährt sich das multidisziplinäre Beratungskonzept der Großkanzlei: Sämtliche Experten sind unter einem Dach vernetzt und können Hand in Hand arbeiten. Das reduziert Reibungsverluste, beschleunigt Prozesse – und stärkt das Vertrauen des Mandanten.
Herausforderung Medienkonzentration: Die Rolle der Regulierungsbehörden
Ein nicht zu unterschätzender Aspekt bei der Sky-Übernahme sind medienrechtliche Beschränkungen. In Deutschland gilt das Prinzip der Meinungsvielfalt, und große Zusammenschlüsse im Medienbereich werden besonders genau geprüft. RTL ist bereits einer der größten privaten Fernsehanbieter; mit Sky könnte sich die marktbeherrschende Stellung weiter ausweiten.
Freshfields berät RTL auch in diesen regulatorischen Fragen. Das Team um Kartellrechtspartner Dr. Frank Montag führt Gespräche mit dem Bundeskartellamt, der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) und der Landesmedienanstalt NRW. Ziel ist es, frühzeitig Bedenken auszuräumen und ggf. Auflagen oder Kompensationen zu verhandeln, um den Deal genehmigungsfähig zu machen.
Bedeutung für den Markt: Konsolidierung mit Signalwirkung
Sollte der Deal vollzogen werden, hätte dies weitreichende Auswirkungen auf den deutschen Medienmarkt:
Stärkung der nationalen Anbieter: RTL würde mit Sky ein starkes Pay- und Streaming-Angebot unter einem Dach vereinen und besser gegen internationale Anbieter wie Netflix, Amazon Prime oder Disney+ bestehen können.
Neue Werbemarktstrukturen: Mit mehr Reichweite und Daten könnte RTL Werbekunden gezieltere Angebote machen und damit neue Einnahmequellen erschließen.
Content-Kooperationen: Durch Synergien bei Sportrechten, Eigenproduktionen und internationalen Formaten könnten Kosten gesenkt und Zuschauerbindung erhöht werden.
Arbeitsmarktimpulse: Der Zusammenschluss dürfte auch Arbeitsplätze sichern – oder neue schaffen, etwa im Tech- oder Produktionsbereich.
Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Aufsichtsbehörden zustimmen. Auch Sky-Mutter Comcast muss den Deal absegnen, und es könnten Bieter aus anderen Ländern Interesse bekunden. In jedem Fall dürfte Freshfields die Mandatsführung behalten.
Kanzleiprofil: Freshfields als First Mover
Freshfields ist im deutschsprachigen Raum seit Jahrzehnten für hochkarätige Mandate bekannt – von Börsengängen über Konzernspaltungen bis hin zu Compliance-Verfahren. Die Kanzlei hat eine besonders starke Stellung im Medien- und Technologiebereich: So beriet sie etwa ProSiebenSat.1, Axel Springer und internationale Tech-Giganten bei Fusionen, Kartellverfahren und Reorganisationen.
Dass Freshfields bei RTL nun wieder federführend ist, überrascht daher kaum. Doch der Weg vom arbeitsrechtlichen Gutachten zur vollumfänglichen Dealbegleitung zeigt, wie sich Expertise flexibel skalieren lässt. Es bestätigt auch den Trend, dass Arbeitsrecht nicht länger ein „Nebenschauplatz“ ist, sondern im Zentrum strategischer Unternehmensentscheidungen steht.
Fazit: Von der Fachfrage zur Fusion
Was als klassische arbeitsrechtliche Prüfung begann, mündete in eine der bedeutendsten Übernahmen des Jahres. Der RTL-Sky-Deal zeigt eindrucksvoll, wie vielfältig und entscheidend rechtliche Expertise in einem komplexen Medienumfeld sein kann. Freshfields hat mit seiner breit aufgestellten Beratungspraxis bewiesen, dass es nicht nur um Paragraphen geht, sondern um strategische Begleitung auf Augenhöhe – vom ersten Gutachten bis zur finalen Vertragsunterzeichnung.
Ob der Deal zustande kommt, hängt nun von regulatorischen Prüfungen und wirtschaftlichen Detailverhandlungen ab. Doch eines steht fest: Die Medienlandschaft in Deutschland wird nach diesem Vorstoß nicht mehr dieselbe sein – und Freshfields hat daran maßgeblichen Anteil.