Unfassbares Schicksal: Auch Laura Dahlmeiers Freund Robert Grasegger wird Opfer der Lawine
Zwei Leben, zwei Berge, ein stilles Band
Mehr als drei Jahre vor dem tragischen Tod von Laura Dahlmeier am Laila Peak in Pakistan ereignete sich bereits eine andere Katastrophe, von der kaum jemand außerhalb der Bergsteigerwelt erfuhr. Damals, im Januar 2022, starb Robert Grasegger – der Mann, den Laura Dahlmeier einst liebte – bei einem Lawinenunglück in Patagonien. Zwei Schicksale, zwei Berge, und doch ein leises Echo, das bis heute nachhallt.
Wer war Robert Grasegger?
Robert Grasegger war kein Superstar, kein Mann der großen Bühne. Geboren 1992 in Grainau, aufgewachsen am Fuß des Wettersteingebirges, war er von klein auf mit den Bergen verbunden. Während andere Kinder Fußball spielten, zog es Robert schon früh in die Stille des Schnees und auf vereiste Hänge. Mit 15 bestieg er die Zugspitze über eine selten begangene Route, mit 18 begann er die Ausbildung zum international zertifizierten Bergführer – dem höchsten Standard im Alpinismus.
Robert war ruhig, präzise, kompromisslos mit sich selbst, aber nie laut. In der Szene der Bergsteiger war er bekannt und respektiert, nicht wegen öffentlicher Auftritte, sondern weil er Sicherheit, Verantwortungsbewusstsein und Demut vor der Natur lebte. Freunde beschrieben ihn als den, bei dem man keine Angst haben musste, weil er immer wusste, was zu tun war. Er hinterließ keine Social-Media-Spuren, sondern Erinnerungen in den Herzen der Menschen, mit denen er unterwegs war.
Die Liebe zu Laura – leise, aber tief
Niemand weiß genau, wann und wie sich Laura Dahlmeier und Robert Grasegger kennenlernten. Einige sagen, es sei bei einem Alpina-Training 2017 gewesen, andere erzählen von gemeinsamen Touren rund um Garmisch-Partenkirchen. Was sie verband, war die Liebe zu den Bergen, zur Heimat, zur Stille. Während Laura als Biathlonstar gefeiert wurde, war sie mit Robert einfach nur „Laura“ – ohne Medaillen, ohne Kameras, mit müden Augen und zerrissenen Handschuhen.
Ihre Beziehung war nie öffentlich, kein Paarfoto, keine Statements. Es war eine stille Verbindung, getragen von Vertrauen und gegenseitigem Verständnis. Robert war der Fels in der Brandung, der nie von olympischem Ruhm beeindruckt war. Laura war die, die auf Komfort verzichtete und auf Touren einfach Mensch war.
Das Lawinenunglück in Patagonien
Im Januar 2022 reiste Robert Grasegger mit zwei Begleiterinnen nach Patagonien, um den Aguja Guillaumet zu besteigen – einen wilden, gefürchteten Granitgipfel der Fitz-Roy-Kette. Sie planten sorgfältig, wählten eine sichere Route, doch Patagonien verzeiht keine Fehler. Beim Queren eines Hangs löste sich eine Nassschneelawine. Alle drei wurden mitgerissen. Anna Trunschnigg aus Österreich überlebte schwer verletzt, der dritte im Bunde mit Glück. Robert, der vorausging, verschwand unter der weißen Masse.
Über 40 Helfer suchten stundenlang nach ihm, doch erst am nächsten Morgen fanden sie seinen leblosen Körper. In seiner Jackentasche lag ein unberührter Energieriegel, das Seil noch fest um die Hüfte. Kein Drama, kein Aufschrei in den Medien. Nur Stille.
Lauras Trauer – ein unsichtbarer Riss
Laura Dahlmeier schwieg. Keine öffentliche Trauer, kein Statement, kein Abschied. Freunde und Weggefährten bemerkten, dass sie sich zurückzog, Termine absagte, für Monate verschwand. Eine Freundin berichtete: „Laura hat nicht geweint. Sie war einfach weg. Monatelang. Kein Telefon, keine Mails, keine Termine, als hätte sie etwas verloren, das sie nie zeigen durfte.“
Der Tod von Robert war für Laura mehr als ein Verlust. Es war ein Riss, leise, aber tief. Vielleicht war es dieser Riss, der sie zurück zu den Bergen brachte, zu den einsamen, gefährlichen Höhen, wo sie Antworten suchte. Immer öfter war sie allein unterwegs, nur noch Marina Kraus, ihre vertraute Bergpartnerin, wich ihr nicht von der Seite.
Zwei Jahre später: Der letzte Weg von Laura
Zwei Jahre nach Roberts Tod brach Laura Dahlmeier mit Marina Kraus zum Laila Peak auf. Sie hinterließ ein handschriftliches Testament: Niemand solle sein Leben riskieren, um ihren Körper zu bergen, falls sie nicht zurückkäme. Sie wollte bleiben, wenn es so sein sollte – so wie Robert in Patagonien geblieben war.
Am 28. Juli 2025 starb Laura am Laila Peak. Auch sie kehrte nicht mehr zurück. Zwei Leben, zwei Berge, zwei stille Abschiede – und für beide kein Grabstein, keine laute Zeremonie, sondern nur Schnee, Wind und die Erinnerung.
Was bleibt: Ein leises Vermächtnis
Robert Grasegger und Laura Dahlmeier lebten und starben, wie sie es gewählt hatten: kompromisslos, bescheiden, in der Stille der Berge. Ihre Geschichten sind keine Heldensagen für die große Bühne, sondern leise Legenden für jene, die die Berge verstehen. Sie gingen nicht aus Leichtsinn oder Unerfahrenheit, sondern weil sie das Leben in seiner ganzen Tiefe suchten – und fanden.
Heute legen Bergsteiger manchmal einen Stein nieder, eine Blume, dort, wo sie geblieben sind. Kein Name, kein Kreuz, nur Wind und Stille. In den Bergen erzählen die Winde von Robert und Laura – von zwei Menschen, die keine Bühne brauchten, um unvergessen zu bleiben.
Vielleicht war es Schicksal, vielleicht ein unsichtbares Band. Sicher ist nur: Die Art, wie sie gelebt und geliebt haben, bleibt – als Echo in Schnee, Felsen und Wind.