Die bittere Nostalgie des DDR-Superstars: Frank Schöbel – Über die Sehnsucht nach einem leisen Abgang und die Schatten der Vergangenheit

Berlin. Er war das Gesicht einer ganzen Ära, ein gefühlvoller Entertainer, dessen Melodien die Herzen von Millionen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) eroberten. Frank Schöbel, der unbestrittene Solokünstler-König der Ost-Popmusik, feiert heute sein Leben im hohen Alter – ein Leben, das auf den ersten Blick golden glänzt, doch bei genauerem Hinsehen eine Mischung aus bittersüßer Nostalgie und dem tiefen Wunsch nach einem leisen Abschied offenbart. Der Satz, den er einmal fallen ließ, wirkt heute wie ein Testament: „Ich möchte nicht auf der Bühne sterben“. Er ist das Eingeständnis einer Verwundbarkeit, die im krassen Gegensatz zu der überlebensgroßen Persona steht, die er über eine lange Zeit verkörperte.

Der Blick in Frank Schöbels Vergangenheit ist wie das Durchblättern eines Geschichtsbuches, das von Triumph, Talent und schwerer Tragödie geprägt ist. Die Wurzeln dieses emotionalen Teppichs reichen tief in seine Kindheit zurück. Geboren in eine Familie mit reichem künstlerischem Erbe – seine Mutter Käte Brinkmann war Opernsängerin, sein Onkel Herbert Kühnert Radiomoderator – wurde sein frühes Leben jäh von einem tiefen Verlust überschattet. Sein Vater, Johannes Schöbel, ein Rechtsanwalt, wurde während der Nachkriegszeit von sowjetischen Truppen verschleppt und starb wenig später in einem NKWD-Sonderlager. Dieser frühe, prägende Verlust prägte Schöbels Identität zutiefst und zwang ihn, seine Kindheit in Leipzig ohne die Anleitung einer Vaterfigur zu meistern.

In seiner Autobiografie beschreibt Schöbel lebhaft, wie seine Mutter ihn allein erzog und ihm die Liebe zur Musik vermittelte. Rückblickend auf die Umstände seines Vaters gestand er die Komplexität seiner Familiengeschichte: „Man sagte mir, dass mein Vater Anwalt in der NSDAP war, das war damals üblich“. Diese stillen, unbeantworteten Fragen zu seinem Erbe begleiteten den jungen Frank, während er seinen Weg suchte. Obwohl er zunächst eine Ausbildung zum Kameratechniker absolvierte und sogar kurzzeitig Meteorologe werden wollte, war seine wahre Berufung – der Gesang – unvermeidlich. Im jungen Erwachsenenalter traf er die entscheidende Wahl, die ihn zu einer der beliebtesten Figuren der deutschen Popkultur machen sollte. Aus dem persönlichen Schmerz seiner frühen Jahre schöpfte er die Kraft, die ihn zu dem kraftvollen, erfolgreichen Künstler antrieb, der er wurde.

Der Aufstieg zum „Traumpaar“ und die schmerzhafte Untreue

Zu Beginn seiner Karriere begann Frank Schöbels kometenhafter Aufstieg in der DDR. In seinen frühen Erfolgsjahren trat er in vier musikalischen Filmen auf, allen voran Joachim Haslers Kultklassiker Heißer Sommer, in dem er die Hauptrolle des jungen Kai spielte und seinen Status festigte. Zusammen mit seiner damaligen Frau, der Popsängerin Chris Doerk, bildete er das gefeierte Duo Chris und Frank. Zweimal nacheinander gewannen sie den DDR-Hitparadenwettbewerb, mit Lieb mich so, wie dein Herz es mag und Abends in der Stadt. Sie galten als das „Traumpaar der DDR“.

Schöbels Solokarriere explodierte kurz darauf mit der Veröffentlichung seiner Hitsingle Wie ein Stern. Der Song verkaufte sich sage und schreibe 400.000 Mal über das ostdeutsche Label Amiga und schaffte es über das westdeutsche Label Philips sogar in die Single-Charts der Bundesrepublik Deutschland, wo er mehrere Wochen lang zu hören war. Dies führte zu einem historischen Moment: Schöbel wurde wenig später der erste ostdeutsche Popsänger, der in Westdeutschland im Fernsehen auftrat.

Der öffentliche Erfolg und das Bild des perfekten Paares mit Chris Doerk waren jedoch eine Fassade, die im Privatleben zu bröckeln begann. Nach der Geburt ihres Sohnes konzentrierte sich Chris Doerk fast ausschließlich auf das Kind, was bei Frank Schöbel Gefühle der Vernachlässigung auslöste. Chris, die sich heute an Franks ständiges Flirten und Zwinkern erinnert, sah darin im Rückblick ein mögliches Warnzeichen. Die Belastung durch Frank Schöbels Untreue wurde schließlich unerträglich. Chris, obwohl von Natur aus geduldig, spürte, dass die Situation sie „zerstörte“. Nach acht Jahren Ehe traf sie die herzzerreißende Entscheidung zur Scheidung, ein Trauma, das bis heute nachhallt: „Die Scheidung bleibt mir wie ein Pferdehuf im Gedächtnis“, reflektierte sie, fügte jedoch hinzu, ohne Frank hätte sie ihren geliebten Sohn Alexander nicht.

Nach turbulenten Jahren ging Frank Schöbel eine lange Beziehung mit Aurora Lacasa ein, mit der er zwei Töchter hatte. Eine davon, Dominique, trat in die Fußstapfen ihres Vaters und wurde ebenfalls eine erfolgreiche Sängerin. Auch wenn Schöbel und Lacasa nie heirateten, hielt ihre Partnerschaft lange an. Später begrüßte Frank eine weitere Tochter, und setzte damit sein tief verwurzeltes musikalisches und familiäres Erbe fort.

Der Stasi begegnen und die „ostdeutsche Idiot“-Rolle

Schöbels Leben war untrennbar mit dem politischen System der DDR verbunden, was zu legendären, aber auch schmerzhaften Momenten führte. In seiner Autobiografie schildert er die surreale Begegnung mit dem Stasi-Chef Erich Mielke, der ihn an einem großen runden Tisch traf. Der Dialog war minimalistisch und bezeichnend: „Na?“ – „Na!“. Schöbel fasste es treffend zusammen: „Niemand gab viel von sich preis“.

Besonders eindrücklich ist seine Schilderung der Versuche der Stasi, ihn anzuwerben, nachdem zwei seiner Musiker nach einer Tournee im Westen geflohen waren. Stolz lehnte Schöbel das Angebot zur Zusammenarbeit ab und erklärte: „Das wäre das Letzte, was ich tun würde – jemanden zu verraten und ihn zu betrügen. Das liegt mir nicht, ich möchte Musik machen.“

Trotz seiner Frustrationen mit dem Regime blieb Schöbel seiner ostdeutschen Fangemeinde treu. Er beklagte, dass ihm Einladungen zur wichtigen ZDF Hitparade in Westdeutschland wegen der Entscheidungen des Zentralkomitees der SED verwehrt blieben. „Es war sehr schmerzhaft, immer der ostdeutsche Idiot zu sein und nur gelegentlich für Fernsehsendungen in den Westen reisen zu dürfen“, schrieb er. Dennoch war für ihn klar: „Ich blieb hier“. Schöbel lehnte den Begriff „Star“ ab, da er glaubte, er würde ihn von seinem Publikum distanzieren. Er zog es vor, als „ganz normaler Frank“ in Jeans und Lederjacke aufzutreten, am liebsten auf Stadtfesten und im Zelt, um gewöhnliche Menschen zu treffen – dort, wo er sich wohlfühlte. Ein Höhepunkt seiner Karriere war Mitte der Achtzigerjahre das Album Weihnachten in Familie, das zum erfolgreichsten Weihnachtsalbum der DDR avancierte.

Das Leben nach den Charts: Fußball, Fitness und der leise Abgang

Heute blickt Frank Schöbel auf eine beispiellose Karriere zurück, die mit sechs Jahrzehnten Bühnenpräsenz fast alle Facetten der deutschen Unterhaltung abdeckte – von Hits bis hin zur Auszeichnung mit der Goldenen Henne für sein Lebenswerk.

Doch die Prioritäten haben sich verschoben. Obwohl er bis vor Kurzem noch zahlreiche Auftritte jährlich absolvierte, schätzt er nun den neu gewonnenen Frieden. Er hat die ständige Jagd nach Ruhm und Chartplatzierungen aufgegeben: „Wie schön kann es sein, wenn man nicht mehr die Charts verfolgt, wenn man nicht mehr bei Shows sein muss, die immer dümmer werden“. Stattdessen widmet er sich der einfachen Zeit mit Freunden und dem Leben in seinem Holzhaus mit Garten in Berlin-Mahlsdorf.

Bemerkenswert ist seine anhaltende Vitalität. Auch heute noch ist er aktives Mitglied einer Seniorenmannschaft im Fußball und hält sich mit regelmäßigen Besuchen im Fitnessstudio fit. Seine jugendliche Erscheinung schreibt er einer bewussten Ernährungsumstellung zu: begrenzter Alkoholkonsum, minimaler Fleischverzehr und eine gemüsehaltige Diät. Sein Lebensmotto, das ihn jung hält, ist einfach: „Nicht über das Altern nachzudenken, das ist mir zu anstrengend und stielt mir einfach meine Zeit“.

Die Frage, wie lange er noch auftreten wird, ist die einzige, bei der er zögert. Er denkt wie ein Sportler: „von Spiel zu Spiel“. Aber eines steht fest: Er will ein peinliches Ende vermeiden. Sein tiefster Wunsch, den er in seiner Autobiografie äußert, ist ein Abschied in Würde und Ruhe: „Ich werde mich sehr leise und warm verabschieden, weil ich nicht auf der Bühne sterben möchte“. Frank Schöbel, der Superstar, der die Bühne immer liebte, sehnt sich am Ende seines bewegten Lebens nach der Stille – nach Hause kommen, das Leben genießen, und das letzte Kapitel nicht im Scheinwerferlicht, sondern im warmen Licht seiner Erinnerungen zu schreiben. Ein bewegendes Ende für eine ikonische Karriere.

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