Die Stille nach dem Sprung: Daniel Küblböcks dramatische letzte Stunden auf der AIDAluna
Es ist eine Tragödie, die Deutschland seit Jahren in Atem hält und bis heute mehr Fragen als Antworten hinterlässt: das mysteriöse Verschwinden von Daniel Küblböck von Bord des Kreuzfahrtschiffes AIDAluna am 9. September 2018. Die offiziellen Untersuchungen sind abgeschlossen, Daniel Küblböck wurde für tot erklärt, doch die tief sitzende Verunsicherung und die Spekulationen bleiben. Nun wirft ein neuer, tiefgründiger Podcast, „Ein Mensch verschwindet – Daniel Küblböck“, ein erschütterndes Licht auf die dramatischen letzten Stunden des ehemaligen DSDS-Stars an Bord und enthüllt ein menschliches Drama voller Verzweiflung, psychischer Qualen und möglicherweise schockierender Versäumnisse.
Der Podcast, der mit hochsensiblen Interviews mit Fans, Ex-Partnern, Kommilitonen und erstmals auch direkten Augenzeugen der schicksalhaften Kreuzfahrt aufwartet, zeichnet das Bild eines Menschen, der verzweifelt um sein emotionales und seelisches Überleben kämpfte, während er in seiner selbstgewählten Rolle als „Lana Kaiser“ Halt suchte. Die Geschichte ist nicht nur das Porträt eines Künstlers, der mit dem frühen Ruhm rang, sondern die erschreckende Chronik eines systemischen Versagens im Umgang mit psychischer Not.
Die Verwandlung zur „Lana Kaiser“: Ein Ruf nach Akzeptanz
Schon die Wochen vor der fatalen Reise glichen einem emotionalen Beben. Daniel Küblböck, der sich damals bereits als Daniel Kaiser-Küblböck vorstellte, erlebte eine tiefgreifende Wesensveränderung. Sein Umfeld sprach von psychischen Problemen – später wurde eine akute psychotische Episode vermutet. Diese innere Zerrissenheit manifestierte sich in der öffentlichen Zurschaustellung seiner weiblichen Identität als Lana Kaiser. Die Kreuzfahrt von Hamburg nach New York sollte für Lana, die sich zu diesem Zeitpunkt intensiv mit dem Wunsch nach einer Geschlechtsangleichung beschäftigte, eine Art Neubeginn oder zumindest eine Auszeit von dem medialen Druck und der ständigen Kritik bedeuten.
Doch was sich auf den ersten Blick wie eine selbstbewusste Neuerfindung anfühlte, offenbarte sich an Bord der AIDAluna als Ausdruck tiefer Not. Passagiere berichteten von einem auffälligen und verwirrten Verhalten. Küblböck, der in Frauenkleidern und stark geschminkt auftrat, soll aggressiv reagiert haben, wenn er als Daniel angesprochen wurde, und sich vehement den Namen „Lana“ wünschte. Er wechselte mehrfach seine Kabine, da er angeblich randalierte, gegen Wände sprang und laute Selbstgespräche führte. Ein Klima der Angst und des Unbehagens breitete sich unter den Mitreisenden aus, viele versuchten, ihm aus dem Weg zu gehen.
Die Nacht der Entscheidung: Verzweiflung auf Deck 5
Die letzte Nacht auf See, bevor die AIDAluna am 9. September 2018 in die eisige Labradorsee einfuhr, markiert den tragischen Höhepunkt. Die Zeugenberichte und die spärlichen Informationen der Ermittler, die im Podcast neu beleuchtet werden, lassen das Bild eines verzweifelten Menschen entstehen.
Daniel Küblböck soll in den frühen Morgenstunden am 9. September immer verwirrter und aufgebrachter gewesen sein. Der schockierende Schlüsselmoment, der nun durch die Recherchen des Podcasts mit emotionaler Wucht zurück in die Öffentlichkeit dringt, ist die vergebliche Suche nach ärztlicher Hilfe. Mehrere Quellen, die im Podcast zu Wort kommen, legen nahe, dass Küblböck das Schiffshospital aufsuchte, weil es ihm psychisch extrem schlecht ging – seine Bitte, einen Arzt zu sprechen, wurde jedoch aufgrund der späten Stunde abgelehnt.
Die Situation eskalierte. Es gab Berichte, dass er mehrfach Alarm ausgelöst haben soll – ein verzweifelter, lauter Schrei nach Beachtung und Hilfe, der in den kalten Gängen des Luxusdampfers verhallte. Das Gefühl, in seiner tiefsten Not abgewiesen und nicht ernst genommen worden zu sein, muss für den psychisch bereits stark angeschlagenen Menschen eine zutiefst entmutigende Erfahrung gewesen sein.
Die letzte Sprachnachricht: Ein flehender Abschied
Ebenfalls emotional erschütternd ist die Analyse von Küblböcks letzter Sprachnachricht, die er kurz vor seinem Verschwinden an einen Freund schickte. Die Nachricht, die mit einer fast kindlichen, flehenden Note vorgetragen wird, ist ein unverblümtes Dokument seiner Panik.
„Hallo Manni, ich bins, der Daniel, äh, also die Lana eigentlich. Ich wollte dir nur sagen, dass ich gern von diesem Schiff hier runter möchte. Ich würde gern nach New York fliegen. Auf dem Schiff klappt irgendwie nichts, wie ich es mir, äh, ruf mich doch bitte zurück. Alles klar, machs gut, ciao.“
Diese Worte sind mehr als nur ein verzweifelter Hilferuf – sie sind ein Zeugnis seiner tiefen Verwirrung und des Wunsches, diesem beängstigenden Ort zu entkommen. Die Sprachnachricht ist der emotionale Gegenpol zu dem Überwachungsvideo, das eine Person, mutmaßlich Daniel Küblböck in Frauenkleidern, gegen fünf Uhr morgens zielstrebig zur Reling auf Deck 5 stürmend zeigt, bevor sie in die eisige See sprang.
Experten sind sich einig: Die Kombination aus psychischer Erkrankung, dem Gefühl der Isolation und der verweigerten ärztlichen Hilfe könnte in dieser tragischen Nacht einen verhängnisvollen Mechanismus ausgelöst haben. Sein Vater, Günther Küblböck, hatte bereits zuvor versucht, die Reise seines Sohnes zu verhindern, da er die Wesensveränderung bemerkt hatte.
Das Rätsel bleibt: Die ungelöste Wunde
Obwohl die kanadische Küstenwache eine tagelange, groß angelegte Suche durchführte, wurde keine Spur des vermissten Sängers gefunden. Die Wassertemperatur von nur 10,5 Grad in der Labradorsee ließ Experten schnell die Hoffnung schwinden – die maximale Überlebensdauer in dieser Umgebung wird auf wenige Stunden geschätzt. Die juristische Todeserklärung im Jahr 2021 setzte einen formalen Schlusspunkt unter den Fall, doch in den Herzen der Fans und Angehörigen bleibt die Wunde offen.
Der Podcast „Ein Mensch verschwindet“ ist daher kein gewöhnlicher True-Crime-Podcast. Er ist eine menschliche Aufarbeitung der Geschehnisse und beleuchtet die Komplexität der Geschlechtsidentität sowie das Stigma psychischer Erkrankungen im Licht der Öffentlichkeit. Er verdeutlicht auf schmerzhafte Weise, wie ein Mensch, der schon als junger, bunter Paradiesvogel im DSDS-Rampenlicht stand, in seinen letzten Tagen völlig isoliert und in seiner tiefsten Not vielleicht nicht die dringend benötigte Unterstützung erhielt.
Die Tragödie des Daniel Küblböck alias Lana Kaiser ist somit nicht nur die Geschichte eines persönlichen Absturzes, sondern ein erschütternder Spiegel unserer Gesellschaft, in dem wir uns fragen müssen, wie es sein konnte, dass ein Mensch, der so verzweifelt um Hilfe flehte, so unsanft in die eisige Einsamkeit entlassen werden konnte. Die Fragen nach Menschlichkeit und Verantwortung hallen noch immer über der Labradorsee nach.