Karin Hanczewski Clemens Porikys/Karin Henczewski via Getty Images
Karin Hanczewski erzählt, wann sie sich zum ersten Mal in eine Frau verliebt hat und warum der Weg zum Schauspiel kein leichter war.
Die meisten kennen sie als durchsetzungsstarke Kommissarin Karin Gorniak im Dresdener “Tatort”. Neun Jahre hat Karin Hanczewski (43) hier ermittelt, bis “irgendwann alles erzählt war. Ich bin mehrfach fast gestorben“, lacht sie, als wir sie bei der Premiere des neuen Streaming Hits “Call My Agent: Berlin” (Disney+) treffen. Sie spielt die lesbische Schauspielagentin Sascha, die alle und jeden verführt.
Schauspielerin Karin Hanczewski hat Jura studiert
BUNTE: Ist Sascha Ihre Traumrolle?
Karin Hanczewski: Ich liebe diese Serie, den Glamour, die Ausstattung, das Spiel mit der Realität, den Humor genauso wie die Ernsthaftigkeit hinter dem, worum es geht: nämlich das Filmemachen. Und was ist Film sonst als Verführung? Dreharbeiten sind sehr intensiv. Und wenn alle mit Leidenschaft an einem Strang ziehen, kann etwas sehr Kraftvolles entstehen. Wenn das passiert, ist das für mich eine Form von Lebendigkeit.
Eigentlich haben Sie Jura studiert.
Das habe ich meinen Eltern zuliebe begonnen. Ich komme aus einer polnischen Einwandererfamilie, in der niemand vor mir studiert hat. Aber Bildung war ihnen sehr wichtig.
Und Ihnen?
Ich habe schnell gemerkt, dass Jura nichts für mich ist. Zum Glück hatte ich einen Freund, der mich ermutigt hat, meinen eigenen Weg zu gehen. Damals habe ich mich an zwei Schauspielschulen beworben und habe mich für das Europäische Theaterinstitut in Berlin entschieden. Danach habe ich zwar meine Liebe fürs Theater entdeckt und einige Jahre auf der Bühne gestanden, aber eigentlich wollte ich immer zum Film. Es war kein leichter Weg.
Durchhaltevermögen und Glück brachten sie bis zum “Tatort”
Warum?
Ich habe lange versucht, einen Fuß in die Branche zu bekommen. Kurzfilme oder Studentenfilme ohne Budget gedreht, viele Castings gemacht, alle möglichen Jobs angenommen – von Pizza ausfahren bis hin zum Putzen –, um mich über Wasser zu halten. Es macht was mit dir, wenn du einen Traum verfolgst oder eine starke Sehnsucht hast und immer wieder Absagen bekommst. Das war eine harte Zeit.
Wie haben Sie es trotzdem geschafft?
Ich glaube, das Geheimnis meines Erfolgs ist mein Durchhaltevermögen. Irgendwann ging es dann los. Ich werde nie vergessen, wie mich meine Agentin im Urlaub anrief und sagte: “Du bist ‘Tatort’-Kommissarin!” Glück gehört natürlich auch dazu.
Und jetzt die Rolle der Sascha – die große Verführerin.
Das mag ich an dieser Figur, dass sie so temperamentvoll ist und dabei so viel Humor hat. Vor allem aber, wie frei sie und auch die Serie mit ihrem Lesbischsein umgeht. Meistens wird die sexuelle Orientierung im Fernsehen ja problematisiert oder es geht ums Coming-out, das ist hier nicht so. Diese Lust, mit der Sascha nach rechts und links guckt, ist auch ein emanzipatorischer Akt. Frei zu sein in ihrem Begehren.
Karin Hanczewski: “Eigentlich oute ich mich bis heute fast jeden Tag”
Sie haben sich 2021 im Rahmen der Aktion ActOut in der “Süddeutschen Zeitung” als queer geoutet und das Manifest damals sogar mitinitiiert. Was hat sie dazu bewegt?
Ich hatte den Wunsch, dass das gemeinsame Coming-out ein politischer Akt wird, und bin stolz darauf, dass sich 185 Schauspielende beteiligt haben. Es musste sich strukturell etwas ändern. Damals wurde in den Redaktionen immer noch hinter verschlossenen Türen gesagt: “Den können wir nicht besetzen, der ist schwul.” Angeblich, weil das Publikum ein Problem damit hätte. Totaler Nonsens! Man glaubt mir doch auch, dass ich eine Ärztin bin, wenn ich eine spiele, ohne Medizin studiert zu haben. Das ist Schauspiel, das ist unser Beruf.
Was hat sich seitdem verändert?
Anfangs wurden mir nur lesbische Rollen angeboten. Es gab eine Zeit der Verunsicherung. Aber das war ein Missverständnis, denn es geht ja nicht um eine Partnerwahl, sondern eine Besetzung im Film. Heute bekomme ich diverseste Angebote, alles querbeet. Ich hätte auch keine Lust, nur Rollen zu spielen, die mir sehr ähneln.
Wann haben Sie sich zum ersten Mal in eine Frau verliebt?
Mit 27.
Haben Sie sich dann gleich geoutet?
Eigentlich oute ich mich bis heute fast jeden Tag. Wenn mich jemand fragt: Und, hast du einen Mann? Dann antworte ich: Nein, eine Frau. Es ist wichtig, Menschen zu haben, die einen begleiten und dir zeigen, dass man überhaupt nicht anders ist, sondern total normal.