Es sollte eigentlich ein Abend voller Lachen und typischer Raab-Späße werden, doch was sich gestern Abend in der neuesten Ausgabe der “Stefan Raab Show” auf RTL abspielte, ließ vielen Zuschauern das Lachen im Halse stecken. Der Altmeister der deutschen TV-Unterhaltung, der sich gerade erst mühsam seinen Weg zurück in die Primetime kämpft, hat sich mit einer besonders spitzen Zunge diesmal vielleicht den Falschen ausgesucht: Heidi Klum und ihre liebsten “Kaulitz-Mäuse”.

Der Aufreger des Abends: Ein Bambi, eine Party und ein böser Spruch
Alles begann harmlos. Stefan Raab, ganz in seinem Element, nahm die jüngste Bambi-Verleihung ins Visier. Ein gefundenes Fressen für den Entertainer, der dafür bekannt ist, die Glitzerwelt der Promis gerne mal durch den Kakao zu ziehen. Im Fokus seines Spotts: Der Auftritt von Tokio Hotel. Dass Bill Kaulitz mit seinen extravaganten Outfits immer für Gesprächsstoff sorgt, ist nichts Neues. Raab konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen und verglich den schrillen Sänger kurzerhand mit der Rock-Legende Tina Turner. Ein Lacher, der im Studio noch wohlwollend aufgenommen wurde – klassischer Raab-Humor eben.
Doch dann richtete sich die Kamera auf das Geschehen im Publikum der Bambi-Verleihung, und die Stimmung im Kölner RTL-Studio begann sich merklich zu verändern. Ein eingespielter Clip zeigte eine ausgelassen tanzende Heidi Klum. Während das restliche, oft etwas steife Galapublikum brav auf den Stühlen saß, feierte die Model-Mama den Auftritt ihres Schwagers und ihres Ehemanns Tom Kaulitz, als gäbe es kein Morgen mehr. Sie tanzte, jubelte und war sichtlich der größte Fan im Saal.
“Das kennt man ja”, kommentierte Raab süffisant die Szene, “wenn die Kinder auftreten, flippt Mutti einfach aus. Das ist immer so. Mami ist stolz.” Schon hier war ein erstes Zögern im Publikum zu spüren. Der Vergleich von Heidi Klum (51) als “Mutti” ihres 35-jährigen Ehemanns Tom ist ein Witz, der so alt ist wie ihre Beziehung selbst – und mittlerweile eigentlich einen Bart hat, der länger ist als der von Raab selbst.
Der Moment, als das Studio verstummte
Aber Stefan Raab wäre nicht Stefan Raab, wenn er nicht noch einen draufsetzen würde. Und genau hier überschritt er für viele die Grenze des guten Geschmacks. In seiner typischen Manier griff er sich ans Ohr, als würde er gerade eine Regieanweisung bekommen, und ließ die Bombe platzen: “Ich höre gerade, es ist gar nicht die Mama… es ist die Oma!”
Wumm. Der saß. Aber anders, als Raab es vielleicht erwartet hatte. Statt tosendem Applaus oder brüllendem Gelächter ging ein deutlich hörbares, schockiertes Raunen durch das Studiopublikum. Ein Moment der kollektiven Fremdscham. Heidi Klum, eine der erfolgreichsten Frauen im internationalen Showgeschäft, live im Fernsehen auf das Klischee der “alten Frau mit Toyboy” zu reduzieren und sie als “Oma” zu betiteln, wirkte nicht frech oder rebellisch, sondern schlichtweg gemein und, wenn man ehrlich ist, auch ein wenig verzweifelt.
Raab rudert (halbherzig) zurück
Vielleicht merkte der erfahrene Show-Hase Raab in diesem Moment selbst, dass er die Stimmung im Raum falsch eingeschätzt hatte. Schnell schob er ein kleines Lob hinterher: Er zolle Heidi Respekt dafür, dass sie als Einzige im Saal aufgestanden sei und mitgetanzt habe. Doch wer Raab kennt, weiß: Ein echtes Kompliment kommt ihm selten ohne einen vergifteten Nachgeschmack über die Lippen.
Unmittelbar nach dem kurzen Moment der Anerkennung trat er wieder nach. Es brauche schon “Eier”, um zu solcher Musik derart begeistert abzugehen, lästerte er weiter über die Musik von Tokio Hotel. Er bezeichnete Heidis Partylaune sogar ironisch als “Kapitulation” vor den musikalischen Darbietungen ihres Gatten. Der Versuch, die Wogen zu glätten, ging also eher im nächsten Schwall von Spott unter.

Warum dieser Witz so tief blicken lässt
Der Vorfall zeigt ein interessantes Phänomen im aktuellen deutschen Fernsehen. Stefan Raab, der in den 2000ern mit genau dieser Art von “Draufhau-Humor” zum Kult wurde, wirkt im Jahr 2025 mit solchen Sprüchen oft wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit. Witze über den Altersunterschied von Paaren, besonders wenn die Frau älter ist, wirken heute nicht mehr provokant, sondern eher altbacken und sexistisch.
Heidi Klum und Tom Kaulitz führen seit Jahren eine Ehe, die trotz aller Unkenrufe glücklich und stabil wirkt. Dass Heidi bei einem Auftritt ihres Mannes Spaß hat und ihn unterstützt, ist eigentlich ein Zeichen von Liebe und Stolz – und nicht von peinlichem “Mutti”-Verhalten. Dass Raab daraus eine “Oma”-Pointe zimmert, wirkt weniger wie scharfsinnige Satire, sondern eher wie der missglückte Versuch, mit billigen Klischees Lacher zu erhaschen.
Der Kampf um die Quote
Man darf bei all dem nicht vergessen: Stefan Raab steht unter Druck. Sein großes Comeback bei RTL verläuft bisher eher holprig. Die Quoten der “Stefan Raab Show” und seines neuen Formats “Die Unzerquizbaren” blieben zuletzt hinter den gigantischen Erwartungen zurück. Kritiker werfen ihm vor, seine Konzepte seien recycelt und sein Humor habe sich in den zehn Jahren seiner TV-Abstinenz nicht weiterentwickelt.
Solche provokanten Aussagen sind natürlich ein bewährtes Mittel, um im Gespräch zu bleiben. Und das hat er geschafft: Heute spricht ganz Deutschland über den “Oma”-Spruch. Aber ob das die Art von Aufmerksamkeit ist, die Raab langfristig wieder zum König der Unterhaltung macht, darf bezweifelt werden. Das Publikum ist sensibler geworden, und reines “Bashing” kommt nicht mehr so gut an wie früher.
Fazit: Ein Eigentor für den Entertainer?
Am Ende bleibt ein bitterer Beigeschmack. Während Heidi Klum und die Kaulitz-Brüder wahrscheinlich – wie schon so oft – souverän über den Dingen stehen und die Kritik weglächeln werden (vielleicht sogar mit einem weiteren verliebt-tanzenden Instagram-Post), hat sich Stefan Raab mit dieser Aktion keinen Gefallen getan. Das “Raunen” im Publikum war ein deutliches Indiz dafür, dass auch seine Fans nicht mehr jeden Tiefschlag feiern.
Es bleibt abzuwarten, ob Raab seine Strategie anpasst oder ob er weiter auf die Karte “Provokation um jeden Preis” setzt. Eines ist jedoch sicher: Heidi Klum mag für ihn die “Oma” sein, aber in Sachen Lebensfreude und Modernität hat sie dem “Raabinator” gestern Abend wohl ungewollt den Rang abgelaufen. Denn wer tanzt und feiert, wirkt am Ende immer jünger als der, der am Rand steht und lästert.