Ein Sturm zieht auf im deutschen Schlager-Paradies, und diesmal geht es nicht um heile Welt und Herzschmerz, sondern um knallharte Prinzipien, die Zukunft eines ganzen Genres und die Frage: Wie sexy darf eine Frau auf der Bühne eigentlich sein? Monatelang herrschte Eiszeit, doch nun hat Helene Fischer ihr Schweigen gebrochen. Ihre Antwort auf die Kritik von Schlager-Urgestein Howard Carpendale ist mehr als nur eine Replik – es ist ein Manifest der modernen Frau im Showgeschäft.
Es war der Aufreger des Jahres, der die Schlagerwelt im April in ihren Grundfesten erschütterte. Howard Carpendale, 79 Jahre alt und eine lebende Legende, nahm sich kein Blatt vor den Mund. In einem überraschend offenen Angriff kritisierte er Helene Fischer, die unangefochtene Königin des modernen Schlagers. Seine Vorwürfe wogen schwer: Ihre Shows seien „zu sexy“, die Musik bestehe nur noch aus „bum bum bum“ und habe mit dem klassischen Schlager, wie er ihn versteht und liebt, kaum noch etwas zu tun. Zwar verpackte er seine Kritik in ein „Ich liebe dich, du bist ein geiler Mensch“-Sandwich, doch der Kern seiner Aussage war bitter: Helene Fischer mache das Genre kaputt, indem sie es zu einer seelenlosen Pop-Show verkommen lasse, die mehr auf Reize als auf Inhalte setze.
Wochenlang blieb es still im Lager von Helene Fischer. Keine Pressemitteilung, kein wütender Instagram-Post, kein Interview. Viele deuteten dieses Schweigen als Taktik, andere als Unsicherheit. Doch wer Helene Fischer kennt, weiß: Sie ist ein Profi durch und durch. Sie schießt nicht aus der Hüfte, sie wartet ab, visiert an – und trifft dann mitten ins Schwarze.

Der Gegenschlag: Ruhig, aber vernichtend
Nun, Monate später, hat die Sängerin im Interview mit dem niederländischen „Telegraf“ reagiert. Und wie. Wer eine emotionale Schlammschlacht erwartet hatte, wurde enttäuscht. Stattdessen präsentierte sich eine Helene Fischer, die souveräner kaum sein könnte. Mit ruhiger, aber unmissverständlicher Stimme stellte sie klar, dass sie sich für absolut gar nichts entschuldigen muss.
„Ich weiß nicht, ob es zu sexy ist oder nicht“, entgegnete Fischer auf die Frage nach ihren oft knappen und spektakulären Bühnenoutfits. Ein Satz, der tief blicken lässt. Er zeigt, dass sie sich nicht von außen definieren lässt. „Ich fühle mich sehr stark und sehr selbstbewusst“, fügte sie hinzu. Und genau hier liegt der Kern des Konflikts: Während Carpendale in ihren Outfits eine Kommerzialisierung und vielleicht sogar eine Banalisierung des Schlagers sieht, betrachtet Fischer sie als Ausdruck ihrer künstlerischen Freiheit und ihrer persönlichen Stärke. Für sie gehören die Looks zur Kunst dazu, sie sind Teil der Inszenierung, die sie zur erfolgreichsten Live-Künstlerin Europas gemacht haben.
Die Sexismus-Keule: Ein Satz, der sitzt
Doch Helene Fischer beließ es nicht bei der Verteidigung ihrer Garderobe. Sie ging zum Gegenangriff über und hob die Diskussion auf eine gesellschaftspolitische Ebene, die Carpendale vermutlich nicht kommen sah. Mit einem einzigen Satz entlarvte sie die Kritik ihres älteren Kollegen als das, was viele Beobachter schon im April vermuteten: ein Generationenkonflikt, gefärbt von veralteten Rollenbildern.
„Ich glaube nicht, dass Frauen mich dafür kritisieren“, sagte Fischer.
Bähm. Dieser Satz sitzt. Er ist ein subtiler, aber wirkungsvoller Hieb gegen die patriarchalen Strukturen im Musikgeschäft, in dem männliche Künstler oft für ihre Coolness gefeiert werden, während Frauen ständig bewertet, sexualisiert und gemaßregelt werden, wenn sie zu selbstbewusst auftreten. Fischer impliziert damit, dass Carpendales Kritik weniger mit der Sorge um den Schlager zu tun hat, als vielmehr mit dem Unbehagen eines Mannes der alten Schule gegenüber einer modernen, starken Frau, die die Regeln selbst schreibt. Sie dreht den Spieß um: Nicht sie ist das Problem, weil sie „zu sexy“ ist, sondern der Blick der Kritiker ist das Problem, weil er veraltet ist.

Keine Kompromisse für 2026
Was bedeutet dieser offene Schlagabtausch nun für die Zukunft? Wird Helene Fischer „zu Kreuze kriechen“ und wieder im Dirndl oder im züchtigen Abendkleid auftreten, um den Haussegen im Schlager-Himmel zu retten? Absolut nicht. Im Gegenteil: Die Ansage für ihr großes Jubiläum ist klarer denn je.
2026 feiert Helene Fischer ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum. Geplant ist eine gigantische Stadiontournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Und Fans dürfen sich freuen (und Kritiker ärgern): Es wird keine stilistischen Änderungen geben. Keine Rückzieher. Die Shows werden weiterhin das sein, wofür Helene steht: Groß, international, poppig – und ja, verdammt sexy.
Sie macht deutlich, dass der Schlager keine starre Museumsform ist, die konserviert werden muss. Er ist lebendig, er entwickelt sich weiter. Das „Bum bum bum“, das Carpendale so stört, ist der Herzschlag einer neuen Generation, die keine Berührungsängste zwischen Volksmusik und Weltklasse-Pop hat. Helene Fischer hat den Schlager aus den verrauchten Eckkneipen in die glitzernden Arenen geholt. Sie hat ihn salonfähig gemacht für Menschen, die früher niemals Schlager gehört hätten. Und diesen Weg wird sie konsequent weitergehen.

Ein Generationenkonflikt ohne Sieger?
Am Ende bleibt ein faszinierendes Bild zweier Generationen. Auf der einen Seite Howard Carpendale, der Bewahrer, der Romantiker, der den Fokus auf die Melodie und das Wort legt und Angst hat, dass das „Echte“ verloren geht. Auf der anderen Seite Helene Fischer, die Innovatorin, die Performerin, die den Schlager als Gesamtkunstwerk begreift, in dem Sound, Licht, Tanz und ja, auch Sexappeal, eine Einheit bilden.
Beide haben ihre Berechtigung. Beide haben ihre Fans. Doch Helene Fischers Reaktion zeigt, dass die Zeit der stillen Duldung vorbei ist. Sie lässt sich nicht mehr sagen, wie sie zu sein hat – schon gar nicht von Männern, die ihre Karriere starteten, als die Welt noch eine ganz andere war.
Wenn Helene Fischer 2026 die Stadien füllt, wird sie dort oben stehen – stark, selbstbewusst und in Outfits, die Gesprächsstoff liefern. Und vielleicht wird Howard Carpendale dann, trotz aller Kritik, doch wieder sagen müssen: „Sie ist einfach ein geiler Mensch.“ Denn eines kann man Helene Fischer nicht absprechen: Sie bleibt sich treu. Und das ist im wankelmütigen Showgeschäft vielleicht die sexieste Eigenschaft von allen.