Es sollte ein glanzvoller Abend werden, ein Fest der Ikonen, doch was blieb, war ein bitterer Nachgeschmack und eine Nation, die sich fragte: Was ist nur mit Thomas Gottschalk los? Zehn Tage sind seit der Bambi-Verleihung vergangen, doch die Wogen haben sich keineswegs geglättet. Im Gegenteil, die Diskussionen um den Auftritt des einstigen „Wetten, dass..?“-Königs reißen nicht ab. Doch nun hat der 75-Jährige genug. In einem Interview bricht er sein Schweigen – nicht um sich erneut zu entschuldigen, sondern um einen radikalen Schnitt zu machen. Thomas Gottschalk, das Gesicht der deutschen Fernsehunterhaltung, verabschiedet sich. Endgültig.

Der Abend, der alles veränderte
Es war der 13. November, als Thomas Gottschalk die Bühne betrat, um Weltstar Cher mit dem Bambi zu ehren. Was als Routineübung für einen Showmaster seiner Klasse galt, wirkte plötzlich mühsam. Zuschauer vor den Bildschirmen und Gäste im Saal nahmen einen Gottschalk wahr, der fahrig wirkte, fast orientierungslos. Die Leichtigkeit, die ihn Jahrzehnte ausgezeichnet hatte, schien verflogen.
Doch es war nicht nur sein körperlicher Zustand, der für Irritationen sorgte. Es war ein einziger Satz, der die Stimmung im Saal und später in den sozialen Netzwerken kippen ließ. In seiner Laudatio ließ sich Gottschalk zu der Bemerkung hinreißen, Cher sei die „einzige Frau, die er jemals ernst genommen habe“. Ein Satz, der vermutlich als charmantes Kompliment an eine Diva gedacht war, in der heutigen Zeit jedoch wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Ära wirkte. Der Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten. Vorwürfe von Sexismus und Unzeitgemäßheit prasselten auf den Entertainer ein. Clips seines Auftritts gingen viral, nicht wegen des Glanzes, sondern wegen des Fremdscham-Faktors.
„Das nervt mich inzwischen gewaltig“
Gottschalk reagierte zunächst mit einer öffentlichen Entschuldigung, doch der mediale Sturm legte sich nicht. Nun, in einem offenen Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa), zeigt sich der Showmaster dünnhäutig und genervt. Dass er zehn Tage nach der Verleihung immer noch auf seinen Gesundheitszustand und sein Verhältnis zu Cher angesprochen wird, geht ihm gegen den Strich.
„Das nervt mich inzwischen gewaltig“, gibt er offen zu. Er stellt klar: Niemand müsse sich Sorgen um ihn machen. Weder gesundheitlich noch in Bezug auf Cher gäbe es Probleme. Zwischen ihm und der Sängerin sei „alles in Ordnung“. Doch hinter dieser Abwehrhaltung verbirgt sich eine tiefere Resignation. Es scheint, als habe Gottschalk realisiert, dass er den Kampf gegen die Deutungshoheit der modernen Medienöffentlichkeit nicht mehr gewinnen will – oder kann.

Der Paukenschlag: Ein Abschied für immer
Und dann folgt der Moment, der die deutsche TV-Landschaft tatsächlich erschüttern dürfte. Es ist kein kokettes Spiel mit dem Ruhestand, wie man es von manchen Stars kennt, sondern eine nüchterne Feststellung. „Ich bin 75 und verabschiede mich jetzt aus dem Geschäft“, erklärt Gottschalk. Ein Satz, so schlicht und doch so gewaltig.
Nach 50 Jahren im Rampenlicht, in denen er Generationen von Zuschauern am Samstagabend vereinte, zieht er die Konsequenzen aus den jüngsten Ereignissen. Es ist der Rückzug eines Mannes, der spürt, dass seine Zeit – zumindest die Zeit seiner Art von Unterhaltung – abgelaufen ist. Der Bambi-Skandal war vielleicht nicht der alleinige Grund, aber er war zweifellos der Katalysator, der letzte Anstoß für eine Entscheidung, die vielleicht schon länger in ihm gärte.
Das letzte Hurra: Ein Datum für die Geschichtsbücher
Doch Thomas Gottschalk wäre nicht Thomas Gottschalk, wenn er sang- und klanglos durch die Hintertür verschwinden würde. Ein letztes Mal wird er das tun, was er am besten kann: spontan sein, improvisieren und unterhalten. Er kündigt seinen allerletzten Auftritt an.
Am Samstag, dem 6. Dezember, wird er gemeinsam mit seinen langjährigen Weggefährten Günther Jauch und Barbara Schöneberger vor der Kamera stehen. In der RTL-Show „Denn sie wissen nicht, was passiert“ wird das legendäre Trio noch einmal vereint sein. Es ist eine Sendung, die wie gemacht ist für einen Abschied: chaotisch, lustig und unvorhersehbar. Für Fans wird dieser Termin zum Pflichtprogramm. Es ist die Chance, einem der Größten „Lebewohl“ zu sagen.

Ein Blick zurück auf 50 Jahre TV-Geschichte
Mit Gottschalks Abgang endet mehr als nur eine Karriere. Es endet ein Kapitel deutscher Kulturgeschichte. Er war der Mann, der die „Goldbären“ salonfähig machte, der Weltstars auf sein Sofa holte und sie dazu brachte, die absurdesten Wetten einzugehen. Er war der unverwüstliche Optimist, der mit seinen bunten Anzügen Farbe in die deutschen Wohnzimmer brachte.
Seine Art der Moderation – locker, manchmal etwas unvorbereitet, aber immer mit Herz – prägte das Fernsehen über Jahrzehnte. Doch die Zeiten haben sich geändert. Was früher als charmante Frechheit durchging, wird heute auf die Goldwaage gelegt. Die Sensibilität des Publikums hat sich gewandelt, und Gottschalk, das „Kind der alten Schule“, fand sich immer öfter im Kreuzfeuer der Kritik wieder. Sein Rückzug ist daher auch ein Eingeständnis, dass die Symbiose zwischen ihm und dem Zeitgeist Risse bekommen hat.
Was bleibt?
Wenn am 6. Dezember das letzte Mal das Rotlicht der Kameras für Thomas Gottschalk erlischt, wird eine Lücke bleiben. Man mag über seine letzten Auftritte streiten, man mag seine Äußerungen kritisieren, aber seine Lebensleistung als Entertainer ist unbestritten. Er hat das Lagerfeuer-Fernsehen verkörpert wie kein Zweiter.
Vielleicht ist es genau der richtige Zeitpunkt. Bevor das Denkmal noch mehr Kratzer bekommt, zieht er selbst den Vorhang zu. Selbstbestimmt, wenn auch mit einem hörbaren Grollen im Unterton. Er geht nicht, weil er muss, sondern weil er nicht mehr will – nicht zu diesen Bedingungen, nicht unter dieser ständigen Beobachtung.
Wir werden ihn vermissen, den Thomas, mit all seinen Ecken, Kanten und den manchmal unbedachten Sprüchen. Denn Figuren wie ihn produziert das moderne Fernsehen kaum noch. Mach’s gut, Thommy. Und danke für die Show.