
Wencke Myhre, der gefeierte Star des europäischen Schlagers, wurde mit ihrem Charme und ihrer unverwechselbaren Stimme zu einer lebenden Legende. Lieder wie „Er hat ein knallrotes Gummiboot“ machten sie zum Inbegriff der heiteren Frohnatur. Doch hinter dem öffentlichen Lächeln verbirgt sich die Geschichte einer Frau, die viel erlebt, viel verloren und noch mehr überlebt hat – eine Kämpferin, deren Leben eine Bühne und manchmal auch ein Schlachtfeld war.
I. Der still verleugnete Schmerz
Die Musikikone, die stets Kraft und Optimismus verkörperte, traf eine Diagnose, die ihr Leben für immer veränderte: Brustkrebs. Für eine Künstlerin, die das Publikum wie die Luft zum Atmen brauchte, war der Schock immens. Zunächst hielt sie ihre Krankheit geheim. „Ich wollte nicht, dass Mitleid mein Publikum ersetzt“, erzählte sie später. „Ich wollte, dass die Menschen meine Stimme hören, nicht meine Krankheit.“
Sie musste Operationen, Therapien und tiefe Schwäche ertragen – Dinge, die sie aus der ihr vertrauten Welt der Bühne rissen. Ein damaliger Vertrauter sah sich plötzlich ohnmächtig: „Ich konnte ihr Reichtum, Schutz und Sicherheit geben, aber nicht das, was sie wirklich brauchte: Gesundheit und Ruhe.“ Die Krankheit zwang sie zur Erkenntnis: „Ich habe gelernt, dass ich nicht unbesiegbar bin – und dass das kein Ende bedeutet, sondern einen Neubeginn.“
Ihr größter seelischer Schmerz war jedoch der unfassbare Verlust ihres zweiten Ehemannes, des bekannten Regisseurs und Produzenten, der sich das Leben nahm. Es war ein Schock, der sie an den Rand der Verzweiflung brachte. Obwohl ihre Ehe beendet war, verband sie ein unsichtbares Band. Monatelang suchte sie nach Antworten und quälenden Fragen, ob sie es hätte verhindern können. „Ich hatte das Gefühl, als wäre der Boden unter mir weggezogen worden“, beschrieb sie diesen Zustand. Doch die Musik rettete sie erneut. „Die Musik hat mich gerettet. Sie war mein Schmerzmittel, mein Gebet, mein Weg zurück ins Leben.“
II. Die Suche nach dem Frieden
Mit drei gescheiterten Ehen – jede geprägt von unterschiedlichen Dynamiken (jugendlicher Hoffnung, künstlerischer Leidenschaft, rationalem Unternehmertum) – schwor Wencke Myhre der Unterhaltungsbranche in Liebesdingen ab. Sie sehnte sich nach einer Liebe, die nicht von Glanz, sondern von Frieden lebte.
Diesen Frieden fand sie mit dem schwedischen Dirigenten und Komponisten Anders Eljas. Ihre Beziehung begann als Freundschaft und künstlerische Zusammenarbeit, wuchs jedoch zu einer tiefen, ruhigen Liebe heran, fernab der Öffentlichkeit in ihrem Sommerhaus.
„Mit ihm habe ich gelernt, was Frieden in einer Beziehung bedeutet. Wir müssen nichts beweisen, wir müssen nur da sein.“
Sie spricht offen über ihre Endlichkeit und das Älterwerden, jedoch ohne Angst. Sie lebt heute bewusster, achtet auf Stille, Bewegung und ihre spirituelle Mitte. Das Alter hat sie nicht gebrochen, es hat sie veredelt.
III. Das Vermächtnis der Menschlichkeit
Obwohl ihr Vermögen, geschätzt auf Millionen, ihre langjährige Karriere widerspiegelt, lebt Wencke Myhre bescheiden. Ihr Reichtum, so sagt sie, liegt nicht in Palästen oder Schmuck.
„Reichtum ist morgens aufzuwachen ohne Angst und abends zu wissen, dass jemand an dich denkt.“
Ihr größtes Vermächtnis ist die Echtheit. Sie war nie jemand, der den Erfolg an Geld oder Ruhm maß. Nach über sechs Jahrzehnten auf der Bühne ist sie ein Symbol für die Fähigkeit, trotz aller Brüche, Krankheiten und persönlichen Niederlagen weiterzustrahlen. Wie ihr Sohn sagte: „Meine Mutter ist eine Überlebenskünstlerin. Sie hat die Dunkelheit gesehen und trotzdem Licht geschenkt.“ Wencke Myhre hat die Liebe nicht besiegt – sie hat sie verstanden.