Er ist kaum 1,62 Meter groß, doch seine Ausstrahlung ist die eines Riesen. Ludwig Hofmaier, geboren 1941 in Saal an der Donau, hat sich still, ohne Pomp und ohne Pose, in die Herzen einer ganzen Nation geschlichen. Für die meisten ist er der verschmitzte, ehrliche und unverwechselbare Antiquitätenhändler aus der beliebten ZDF-Sendung „Bares für Rares“. Sein Lächeln, gütig und immer ein wenig schelmisch, wurde zu seinem Markenzeichen. Doch hinter dieser öffentlichen Freundlichkeit verbarg sich jahrzehntelang eine Traurigkeit, die ihn leise, geduldig und unnachgiebig begleitete – ein Schmerz, der so tief war, dass er ihn in die Arbeit trieb und ihn zwang, für sich selbst keine Sprache zu finden.
Nun, im hohen Alter von 84 Jahren, bricht Ludwig Hofmaier sein Schweigen und bekennt, was viele seiner engen Vertrauten nur vermuten konnten. Sein Geständnis ist ein tiefer, ungeschönter Blick in die Seele eines Mannes, der mehr erlebt, mehr gelitten und mehr geliebt hat, als man dem stets fröhlich wirkenden „Handstand-Lucky“ zugetraut hätte. Er enthüllt das dunkelste Kapitel seines Lebens: den frühen, tragischen Verlust seines Sohnes.
Der unsichtbare Begleiter: Die Trauer um den Sohn

Der größte Schmerz in Ludwig Hofmaiers Leben war der Verlust eines seiner drei Kinder, das viel zu früh verstarb. Über die genauen Umstände schwieg er lange, aus Respekt und Selbstschutz. In Interviews wich er der Frage aus, in privaten Gesprächen wechselte er das Thema. „Ich konnte es nicht aussprechen“, sagte er in einem seltenen Moment der Offenheit, „weil es mich zerreißen würde.“
Diese tiefe Wunde wurde zu seinem unsichtbaren Begleiter. Er trug sie nicht mit Bitterkeit, sondern mit Demut. Anstatt wirklich zu trauern, stürzte er sich in die Arbeit. „Arbeit war seine Flucht“, erinnerte sich seine Ehefrau Elisabeth Hofmaier. Reisen, Sammeln, Verkaufen – jedes neue Fundstück, jedes Flohmarktgespräch war eine kleine Ablenkung von dem Schmerz, der in den Nächten zurückkehrte. Elisabeth, sein Anker, beschrieb ihn in dieser Zeit als zerbrochen: „Er hat nie gelernt, wirklich zu trauern. Er hat stattdessen gearbeitet.“
Die Stille in den Nächten, allein im Wohnwagen, mit alten Fotos auf dem Tisch, war die einzige Bühne für seine Tränen. „Ich hätte so gern noch einmal mit ihm geredet“, gestand er einmal seiner Frau, bevor er weinte, „leise, fast beschämt, als wäre Weinen etwas, das er sich nicht erlauben durfte.“ Diese Zurückhaltung prägte ihn. Er war ein Mann, der für andere stark war, aber für sich selbst keine Sprache für den Schmerz fand. Wenn er in „Bares für Rares“ ein altes Spielzeug, ein Kinderbuch oder ein zerbrochenes Musikinstrument sah, huschte ein Schatten über sein Gesicht – kurz, kaum merklich, aber echt.
Er sah nicht nur Antiquitäten; er sah Geschichten, Menschen, Erinnerungen. Diese Traurigkeit, dieser leise Schatten, wurde Teil seiner Identität. Er machte ihn menschlicher, weiser und empfindsamer. Es ist vielleicht der tiefere Grund, warum er in der Fernsehsendung so berührend wirkte: Er wusste, dass das Leben gibt und nimmt, ohne Erklärung. „Ich habe aufgehört, nach dem Warum zu fragen“, sagte er später. „Ich lebe für das, was bleibt.“
Vom Handstand-König zum Händler: Der Wendepunkt in den Siebzigern
Lange vor seiner Karriere als Antiquitätenexperte war Ludwig Hofmaier der „Handstand-Lucky“. In den 1960er Jahren bereiste der kaum 1,62 Meter große Mann im Handstand die Straßen der Welt, von Regensburg bis Rom, um Geld für wohltätige Zwecke zu sammeln. Er war ein Symbol für Lebensfreude, Zähigkeit und Durchhaltevermögen. Er bewies der Welt, dass Größe nichts mit Körpergröße zu tun hat, sondern mit Kraft im Willen und in den Armen.
Doch Ende der 70er Jahre änderte ein Unfall alles. Zwischen Regensburg und München übersah ihn ein Auto. Die Kollision war nicht verheerend, aber der Sturz unglücklich. Schulter und Wirbelsäule wurden verletzt. Die Ärzte verordneten ihm das Ende des Sports. Für Ludwig war das, als würde man ihm die Luft nehmen. „Ich konnte mir ein Leben ohne Bewegung nicht vorstellen“, erinnerte er sich.
Wochenlang lag er im Krankenhaus. Er wollte niemanden sehen, außer Elisabeth. Sie blieb Tag und Nacht, hielt seine Hand und las ihm vor. „Ich dachte, wenn ich seine Seele bewege, kommt der Körper nach“, sagte sie. Nach drei Monaten begann Ludwig das schmerzhafte Training erneut. Er gab nicht auf. „Ich bin kein Mann für Aufgeben“, sagte er, „ich hab’s ja im Namen – Hofmaier, einer, der was aufbaut.“
Dieser Unfall war der Wendepunkt, der den lebenslustigen Turner zu einem nachdenklicheren, stilleren, aber auch weiseren Mann machte. Er begann, über Angst, Verletzlichkeit und Grenzen zu sprechen. Später gab er jungen Kollegen den Rat: „Erfolg ist kein Geschenk. Erfolg ist das, was übrig bleibt, wenn du nach einem Sturz wieder aufstehst.“
Elisabeth: Der Kompass, der über ein halbes Jahrhundert lenkt
Hinter jedem starken Mann steht oft eine noch stärkere Frau, und für Ludwig Hofmaier ist das Elisabeth. Über ein halbes Jahrhundert hält diese Ehe, die Stürme überstanden hat, an denen viele andere zerbrochen wären. Sie lernte ihn kennen, als er noch als Schausteller durch Bayern zog – er lebenslustig, sie klug, bodenständig, mit einem feinen Humor.
Die frühen Jahre waren hart, geprägt von Geldsorgen und Ludwigs ständigen neuen Ideen. Er war der Komet, Elisabeth die „Bremse“, die Ordnung hielt. Doch die Reisen und die ständige Abwesenheit führten zu einer Phase der Entfremdung in den 90er Jahren, in der sie fast aufgegeben hätten. Distanz, Müdigkeit, Missverständnisse.
Doch beide konnten nicht loslassen. Nach einem heftigen Streit kam der Wendepunkt, als Ludwig sagte: „Ich kann mir ein Leben ohne dich vorstellen, aber ich will’s nicht.“ Es war das Versprechen der Wiederkehr, der Beginn einer neuen Form der Liebe – einer Liebe, die nicht von großen Worten lebt, sondern von Gesten: Kaffee am Morgen, kleine Briefe, das gemeinsame Schweigen.
Als Ludwig zum Fernsehstar wurde, blieb Elisabeth der ruhende Pol. Sie hasste die Öffentlichkeit, blieb lieber im Hintergrund. „Ich bin die Frau, die ihm zuhört, wenn alle anderen reden“, sagte sie. Er nannte sie „mein Kompass“. Ihre Liebe, die über die Jahre Kinder und Enkel hervorbrachte, ist heute still und tief, „wie ein Fluss, der schon zu lange fließt, um laut zu sein.“ Sie haben gelernt, dass Liebe nicht immer Jubel ist. „Manchmal ist sie einfach Stille“, so Elisabeth, „und das reicht.“

Das versöhnliche Alter und das wahre Vermächtnis
Mit 84 Jahren lebt Ludwig Hofmaier zurückgezogen in Saal an der Donau. Er hat die Bühne und den Trubel von „Bares für Rares“ im Jahr 2020 leise verlassen. Sein Geist ist wach, sein Humor ungebrochen, auch wenn der Körper nicht mehr mithält. Die letzten Jahre waren gesundheitlich schwierig, gezeichnet von Arthrose, Kreislaufproblemen und Herzschwäche.
Doch er ist dankbar. „Ich habe wieder einen Tag gekriegt, das ist doch was“, sagt er jeden Morgen. Er klagt selten. „Ich habe so viel erlebt, dass ich gar nicht weiß, worüber ich mich beschweren soll.“ Seine Wohnung gleicht einem kleinen Museum; sein geschätztes Vermögen von 1,5 bis 2 Millionen Euro, aufgebaut durch geschickten Handel, ist ihm gleichgültig. „Ich bin reich“, sagt er, „aber nicht an Geld.“
Sein größter Reichtum ist die Großzügigkeit und die Erkenntnis, dass wahre Schönheit in der Geschichte der Dinge steckt. „Wenn jemand ein Stück besonders liebt“, sagt er heute, „Nimm es mit, aber denk an mich.“ Er hat seinen Frieden gefunden. Er spricht über den Tod anders, sanfter, versöhnlicher. „Ich glaube, dass alles, was wir lieben, irgendwo bleibt“, sagt er. „Vielleicht sehen wir uns wieder, und dann trinken wir ein Bier.“
Ludwig Hofmaier war Handstand-Lucky, Turner, Händler, Fernsehmann, aber vor allem ein Mensch, der sein Herz gezeigt hat. Sein Leben ist keine Heldengeschichte, sondern ein stilles Lied über Durchhaltevermögen, Demut und Güte. Er wünscht sich, dass man sich an ihn erinnert, „nicht weil ich im Fernsehen war, sondern weil ich nie aufgehört habe, ein guter Mensch zu sein.“ Und das ist das schönste Vermächtnis.