Augsburg/Berlin – Im Bundestag herrscht Krawall wie nie – und seine Präsidentin schlägt jetzt Alarm: „Der Deutsche Bundestag war noch nie so polarisiert wie heute, noch nie“, warnt Julia Klöckner (CDU) im Gespräch mit der „Augsburger Allgemeinen.“
Vor allem die sozialen Netzwerke sieht sie als Brandbeschleuniger: „Aus meiner Sicht tragen die digitalen Medien zur größten Veränderung bei.“ Reden würden nicht mehr fürs Plenum gehalten, sondern für Instagram und TikTok. „Es ist kein Zufall, dass so viel geschrien wird. Das erhöht die Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken.“
Klöckner betont, dass Linke und AfD einander benutzen würden. „Ich habe den Eindruck, dass beide Extreme einander brauchen. Nicht für die Debatte im Plenum, sondern für ihre Anhängerschaft in den digitalen Medien.“ In Ausschüssen sei der Ton dagegen sachlich.
Julia Klöckner und Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) können nicht nur gut miteinander feiern – wie hier auf dem Sommerfest vom Parlamentskreis Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Juli
Störer möchte sie künftig härter anpacken. Ordnungsgelder sollen verdoppelt werden. Aber wichtiger sei: direktes Ansprechen.
Klöckner spricht im Interview über …
▶︎ Meinungen: „Man hat manchmal den Eindruck, dass es nur noch zwei Meinungen gibt. Die eigene und eine falsche.“
▶︎ … Robert Habeck: Kritik von Habeck prallt an ihr ab. Opposition müsse, so Klöckners Tipp, „mit Würde und konstruktiv“ ertragen werden. Der Ex-Wirtschaftsminister hatte Klöckner kürzlich in einem Interview mit der „taz“ vorgeworfen, sie habe „die Gesellschaft gespalten“ – „ob mutwillig oder aus Dämlichkeit, weiß ich nicht“.
▶︎ … Kopfbedeckung und Pullover im Parlament: „Das Abnehmen von Kopfbedeckungen in Gebäuden gehört zur Höflichkeit dazu.“ Politische Botschaften auf Kleidung lehnt sie ab. Das bewies sie im Juni, als sie die Linken-Abgeordnete Cansin Köktürk während einer Debatte aus dem Plenarsaal des Bundestages warf. Der Grund: Küktürk trug ein Shirt mit der Aufschrift „Palestine“.
▶︎ … einen AfD-Vize: Kandidaten stellen ja, Anspruch auf Wahl nein. „Es ist eine geheime Wahl, und da ist jeder Abgeordnete frei.“
▶︎ … den nächsten Bundespräsidenten: „Warum sollte das höchste Amt nur ein Mann ausfüllen können?“, fragt Klöckner. Angesprochen auf eigene Ambitionen erklärt sie: „Wer für ein solches Amt ein Bewerbungsinteresse bekunden würde, hätte das Amt nicht verstanden.“