Ein einziger Song machte ihn unsterblich. „Verdammt, ich lieb‘ dich“ – diese Zeile brannte sich 1990 in das kollektive Gedächtnis einer ganzen Nation und katapultierte einen Mann namens Matthias Reim über Nacht in den Pop-Olymp. Sechzehn Wochen auf Platz eins der deutschen Charts, ein Rekord, der bis heute Bestand hat. Goldene Schallplatten, ausverkaufte Hallen und ein Leben auf der Überholspur. Reim war mehr als nur ein Sänger; er war ein Phänomen, der rockige Rebell des deutschen Schlagers, dessen raue Stimme die perfekte Symbiose aus Verletzlichkeit und Stärke verkörperte. Doch hinter der glitzernden Fassade des Erfolgs verbarg sich ein Leben voller dramatischer Abstürze, persönlicher Tragödien und eines unbändigen Willens, immer wieder aufzustehen. Heute, im Alter von 67 Jahren, ist die Geschichte von Matthias Reim die eines Mannes, der die höchsten Höhen und die tiefsten Tiefen des Lebens durchschritten hat – und dabei nie seine Authentizität verlor.
Der Aufstieg war kometenhaft, fast surreal. Geboren 1957 in Korbach, in einer bürgerlichen Familie, war Reims Jugend von Disziplin und den hohen Erwartungen seines Vaters geprägt. Die Musik wurde zu seinem Zufluchtsort, einer Welt, in der er seine wahren Emotionen ausdrücken konnte. Nach Jahren des Komponierens für andere Künstler gelang ihm mit „Verdammt, ich lieb‘ dich“ der Durchbruch, der alles verändern sollte. Plötzlich war er der Star, der Held der Fans, der Mann, der die Sprache der Herzen sprach. Sein Debütalbum „Reim“ zementierte seinen Status als Ikone. Doch der Ruhm hat einen hohen Preis, und Reim sollte ihn in voller Härte bezahlen.
Der Druck, den Erfolg zu wiederholen, war immens. Plattenfirmen und Produzenten zerrten an ihm, wollten seinen authentischen Sound glattbügeln und ihn in eine kommerziellere Schablone pressen. Reim, der Künstler mit Leib und Seele, wehrte sich. Er kämpfte um seine musikalische Integrität, geriet in Konflikte und eckte an. Während er auf der Bühne der gefeierte Star war, begann hinter den Kulissen der schleichende Abstieg. In den 1990er Jahren, auf dem Zenit seines Ruhms, traf er eine Reihe katastrophaler finanzieller Entscheidungen. Falsche Berater und ein naiver Umgang mit den plötzlich sprudelnden Millionen führten zu einem Schuldenberg, der ins Unermessliche wuchs. Die Gerüchte über seinen Bankrott wurden lauter, die Schlagzeilen gnadenloser. Der Mann, der einst die Charts anführte, stand plötzlich vor dem Nichts. Sein Rückzug aus dem Rampenlicht war keine freiwillige Pause, sondern eine Flucht vor dem Ruin.
Doch die finanziellen Probleme waren nur ein Teil des Sturms, der über sein Leben hereinbrach. Die wahren Schicksalsschläge trafen ihn auf einer viel persönlicheren, brutaleren Ebene. Einer der dunkelsten Tage seines Lebens war der Verlust seines Sohnes Bastian im Jahr 2022. Bastian, der seit seiner Kindheit mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, verstarb im Alter von nur 35 Jahren. Für einen Vater gibt es keinen größeren Schmerz als den, das eigene Kind zu Grabe tragen zu müssen. Dieser Verlust riss eine Wunde, die niemals heilen wird. Reim zog sich noch weiter zurück, versuchte, den unerträglichen Schmerz im Stillen zu verarbeiten. Gleichzeitig begann sein eigener Körper zu rebellieren. Anhaltende Müdigkeit, Atemprobleme und ein Gefühl der totalen Erschöpfung wurden zu seinen ständigen Begleitern. Der unzerstörbar wirkende Rockstar war plötzlich ein Mann, der um seine eigene Gesundheit kämpfte.
Sein Liebesleben war nicht weniger turbulent. Vier Ehen, gescheiterte Beziehungen und öffentliche Kontroversen zeichneten ein Bild von einem Mann auf der ständigen Suche nach Halt. Seine aktuelle Ehe mit der 32 Jahre jüngeren Sängerin Christin Stark sorgte für Aufsehen und wurde von vielen kritisch beäugt. Doch für Reim ist Christin mehr als nur seine Frau; sie ist sein Anker, seine größte Stütze in den dunkelsten Stunden. Sie ist diejenige, die seine Ängste versteht und ihm die Kraft gibt, weiterzumachen, auch wenn die Dämonen der Vergangenheit und die Sorgen um seine Gesundheit an ihm nagen. Christin Stark ist die treibende Kraft hinter seinem Willen, nicht aufzugeben.
Nach Jahren der Stille, in denen viele ihn bereits abgeschrieben hatten, gelang ihm 2013 das, was niemand mehr für möglich gehalten hatte: ein triumphales Comeback. Mit dem Album „Unendlich“ stürmte er erneut auf Platz eins der deutschen Charts. Es war mehr als nur ein musikalischer Erfolg; es war eine Auferstehung. Reim hatte sich neu erfunden, ohne sich selbst zu verraten. Seine neuen Lieder waren reifer, persönlicher, durchdrungen von den Narben und Lektionen seines Lebens. Er begann, über seine tiefsten Ängste und Verluste zu singen. Der Song „Bastian (Blaulicht in der Nacht)“ ist eine herzzerreißende Hommage an seinen verstorbenen Sohn, ein musikalisches Denkmal, das seine unendliche Trauer in Noten fasst.
Heute, mit 67 Jahren, ist der Kampf nicht vorbei. Matthias Reim leidet an einer chronischen Atemwegserkrankung, die seine Auftritte zu einer körperlichen Zerreißprobe macht. Jeder Abend auf der Bühne ist ein Sieg über die eigene Gebrechlichkeit. Seine Frau Christin teilt die Sorgen, steht aber felsenfest an seiner Seite, ebenso wie sein langjähriger Manager Bernd Dietrich, der ihn durch die schlimmsten finanziellen Krisen und medialen Stürme begleitete. Auf der anderen Seite standen immer wieder Produzenten, die ihn verbiegen wollten, und Journalisten, die ihn als One-Hit-Wunder abtaten und auf seinen endgültigen Fall warteten.
Die Lebensgeschichte von Matthias Reim ist eine Lektion in Widerstandsfähigkeit. Sie lehrt uns, dass wahrer Erfolg nicht in ununterbrochenem Ruhm liegt, sondern in der Fähigkeit, nach jedem Sturz wieder aufzustehen. Trotz Schulden, Schicksalsschlägen und gesundheitlichen Problemen hat er seine Liebe zur Musik, zur Familie und zu sich selbst nie verloren. Er ist nicht nur ein Sänger; er ist eine kulturelle Ikone, ein Überlebender, der das Genre des Schlagers mit seiner Rock-Attitüde revolutioniert und zeitlose Hymnen geschaffen hat, die Generationen verbinden. Matthias Reim ist der lebende Beweis dafür, dass man verdammt oft fallen kann und trotzdem der Held seiner eigenen Geschichte bleibt.