In der glitzernden Welt des deutschen Schlagers, wo die Melodien oft von ewiger Liebe und unbeschwertem Glück handeln, ist Stefan Mross ein strahlender Fixstern. Als Moderator von „Immer wieder sonntags“ bringt er regelmäßig Millionen von Menschen zum Lächeln. Doch hinter der Fassade des stets gut gelaunten Entertainers verbirgt sich ein Mann, der sich mit den tiefsten und dunkelsten Fragen des Lebens auseinandersetzt – einschließlich seines eigenen Endes. Nun bricht Mross ein Tabu und teilt eine Überzeugung, die so bizarr wie faszinierend ist: Er glaubt, sein genaues Todesdatum zu kennen.
Diese schockierende Enthüllung ist kein Scherz und keine makabre PR-Strategie. Es ist eine tiefe, innere Gewissheit, die der Musiker mit einer erstaunlichen Ruhe teilt. „Ich werde 93 Jahre alt. Das weiß ich schon“, offenbarte Mross kürzlich in einem Interview. Eine Aussage, die aufhorchen lässt. Woher nimmt ein Mensch eine solche Sicherheit über das Unvermeidliche, das große Mysterium, das Philosophen und Theologen seit Jahrtausenden beschäftigt?

In einer Gesellschaft, die den Tod oft verdrängt und als Schreckgespenst behandelt, wirkt Mross‘ Gelassenheit fast schon überirdisch. Er hat keine Panik vor dem Tod. Er sieht dem Ende mit einer stoischen Ruhe entgegen, die er selbst nicht vollständig rational erklären kann. „Keine Ahnung, wie ich darauf komme“, gibt er zu. Es ist kein Ergebnis einer mathematischen Berechnung oder einer medizinischen Diagnose. Es ist ein Gefühl, eine Eingebung, die sich in sein Bewusstsein eingebrannt hat.
Die Quelle dieser unglaublichen Überzeugung ist zweigeteilt und speist sich aus den tiefen Brunnen des Unterbewusstseins und einer fast mythisch anmutenden Begegnung. Zum einen war da ein Traum. „Das ist mir irgendwann mal nachts eingefallen, im Traum“, erklärt der Schlagerstar. Träume sind seit jeher ein Tor zu einer anderen Realität, ein Spiegel der Seele, in dem Ängste, Wünsche und manchmal vielleicht auch Ahnungen verborgen liegen. Für Stefan Mross war dieser Traum keine flüchtige nächtliche Fantasie, sondern eine Offenbarung, die sich mit der Kraft einer unumstößlichen Wahrheit in ihm festsetzte. Er wachte auf und wusste: 93 wird die Zahl sein.
Doch dieser Traum ist nicht der einzige Pfeiler seines Glaubens. Als wäre die nächtliche Vision nicht schon Beweis genug, wurde diese Gewissheit durch eine Begegnung mit einer wahren Legende des deutschen Showgeschäfts zementiert: Johannes „Jopie“ Heesters. Heesters, der selbst ein biblisches Alter von 108 Jahren erreichte und bis zuletzt auf der Bühne stand, war ein lebendes Symbol für Langlebigkeit und unbändigen Lebenswillen.
„Ich hatte einige Auftritte mit Johannes Heesters“, erinnert sich Mross, „und der hat mir auch gesagt: ‚Du Bengel, wirst mal 93!‘“ In diesem Moment trafen zwei Welten aufeinander: der aufstrebende Schlagerstar und der altersweise Patriarch des Entertainments. Was für Heesters vielleicht nur eine flapsige, aufmunternde Bemerkung war, ein Segen von Alt zu Jung, wurde für Mross zu einer Prophezeiung. Die Worte des Mannes, der selbst die 100 überschritten hatte, fielen auf den fruchtbaren Boden, den der Traum bereits bereitet hatte. Die Zahl 93 war nun nicht mehr nur eine Ahnung, sondern ein von einer Ikone bestätigtes Versprechen. „Und jetzt werde ich eben 93“, schlussfolgert Mross mit einer fast schon beiläufigen Entschlossenheit.

Es ist unmöglich, über Mross’ Fixierung auf sein Lebensende zu sprechen, ohne den Kontext von Trauer und Verlust zu betrachten, der sein jüngstes Leben geprägt hat. Der Tod ist für ihn kein abstraktes Konzept; er ist ein schmerzlich vertrauter Begleiter geworden. Erst im Sommer dieses Jahres musste der Moderator Abschied von seiner geliebten Mutter Stefanie nehmen. Sie starb am 20. August im Alter von 85 Jahren. Der Verlust der Mutter, der Frau, die ihm das Leben schenkte, ist ein Einschnitt, der die eigene Sterblichkeit unweigerlich ins Zentrum der Gedanken rückt.
Dieser Schicksalsschlag war nicht der erste. Bereits im August 2010 verlor Stefan Mross seinen Vater an den Krebs. Diese wiederholten Konfrontationen mit der Endgültigkeit des Lebens haben tiefe Spuren in seiner Seele hinterlassen. Sie zwingen einen Menschen, Bilanz zu ziehen, über die verbleibende Zeit nachzudenken und vielleicht auch nach einem Anker zu suchen, der in den stürmischen Gewässern der Trauer Halt gibt.
Könnte diese feste Überzeugung, 93 Jahre alt zu werden, also ein psychologischer Schutzmechanismus sein? Ein Weg, die Angst vor dem Unbekannten zu bannen, indem man ihm ein konkretes Datum, ein fast schon beruhigend fernes Ziel gibt? Wenn man “weiß”, dass man noch über 40 Jahre zu leben hat, nimmt das dem Tod vielleicht seinen unmittelbaren Schrecken. Es verwandelt die vage Angst vor dem Ende in einen planbaren Horizont. Es ist eine Form der Selbstermächtigung, eine Strategie, um die Kontrolle über das Unkontrollierbare zurückzugewinnen.
Anstatt sich von der Angst lähmen zu lassen, hat Mross einen Weg gefunden, sie in pure Lebensfreude umzuwandeln. Seine Gelassenheit ist kein Ausdruck von Fatalismus, sondern von Akzeptanz. Wenn das Ende so weit entfernt ist, warum dann nicht die Gegenwart in vollen Zügen genießen?
Und genau das tut er. Der Schlagerstar blickt nicht nur auf sein fernes Lebensende, sondern auch auf einen sehr nahen und freudigen Meilenstein. Im November feiert er einen runden Geburtstag: Stefan Mross wird 50. Die Hälfte des Weges zur 93 ist fast geschafft, wenn man seiner Überzeugung folgt. Dieses Jubiläum will er nicht still im Kämmerlein begehen, sondern auf die ihm eigene Art: gemeinsam mit den Menschen, die ihm über die Jahre die Treue gehalten haben – seinen Fans.

Er veranstaltet eine spezielle Fanreise nach Südtirol, um seinen 50. Geburtstag zu zelebrieren. Für 649 Euro können die Fans vier Nächte lang mit ihrem Idol feiern, inklusive Halbpension, täglichem Musikprogramm, einer Fanwanderung und einem Überraschungsausflug. Diese Geste ist bezeichnend. Mross zieht sich nicht zurück, um über seine Sterblichkeit zu grübeln. Er geht hinaus, auf die Bühne, unter die Leute, und feiert das Leben, das er hat – und das Leben, von dem er überzeugt ist, dass es noch lange andauern wird.
Die Geschichte von Stefan Mross ist eine, die tief berührt und gleichzeitig verwundert. Sie wirft Fragen auf über Glauben, Schicksal und die menschliche Psyche. Ist es eine selbsterfüllende Prophezeiung? Gibt ihm der Glaube an ein langes Leben die Kraft, gesünder und bewusster zu leben, und erreicht er die 93 vielleicht gerade deswegen? Oder ist es schlicht der Trost, den eine von Trauer gezeichnete Seele braucht, um weiterzumachen?
Am Ende spielt es vielleicht keine Rolle, ob die Zahl 93 eine mystische Wahrheit oder eine psychologische Notwendigkeit ist. Was zählt, ist die Wirkung, die dieser Glaube auf den Menschen Stefan Mross hat. Er hat für sich einen Weg gefunden, dem Tod die Macht zu nehmen. Er hat die Angst durch Gewissheit ersetzt und die Trauer in einen Antrieb verwandelt, jeden verbleibenden Tag zu feiern. In einer Welt voller Unsicherheiten hat sich Stefan Mross seine eigene, unerschütterliche Wahrheit geschaffen – und lebt nach ihr, gelassen und voller Tatendrang, “immer wieder sonntags” und an jedem anderen Tag, der ihm bis zu seinem 93. Geburtstag noch geschenkt wird.