Terence Hills späte Wahrheit: Die fünf Namen, denen der sanftmütige Held mit 86 Jahren nicht verzeihen kann
Das Lächeln von Terence Hill ist eine kulturelle Konstante. Es ist das jugendliche, verschmitzte Funkeln in den stahlblauen Augen, das über Jahrzehnte hinweg Kinosäle und Wohnzimmer in ganz Europa füllte und unzählige Generationen von Kinogängern verzauberte. Es gehört zum kollektiven Gedächtnis wie die Faustschläge, die ohne Blutvergießen, aber mit perfekter Choreographie in seinen Filmen fielen. Der Mann, der als Mario Girotti in Venedig geboren wurde und als Terence Hill zur Leinwandlegende aufstieg, galt immer als Inbegriff der Unbeschwertheit, der Integrität und des unbesiegbaren Heldenmuts.
Doch hinter der makellosen Fassade des ewigen Cowboys lag immer ein stiller, introvertierter Mann, dessen Leben von tiefen Brüchen, unerwarteten Tragödien und einem lebenslangen inneren Ringen gezeichnet war. Terence Hill war nie ein gewöhnlicher Superstar; er war ein Mann zwischen zwei Welten – zwischen der italienischen Dolce Vita und der deutschen Melancholie seiner sächsischen Mutter, zwischen dem lauten Applaus und dem selbstgewählten, oft wochenlangen Rückzug auf sein Anwesen in Massachusetts oder in seiner umbrischen Heimat.
Jetzt, im Alter von 86 Jahren, hat diese Leinwandlegende in einem seltenen Moment der öffentlichen Katharsis das Schweigen gebrochen, das er jahrzehntelang wie einen Schutzpanzer trug. Er hat die Namen von fünf Menschen genannt, die in seiner Seele tiefe Wunden hinterlassen haben – fünf Namen, denen er, zumindest lange Zeit, nicht vergeben konnte. Dieses Geständnis ist nicht der Ausbruch eines alten, verbitterten Mannes, sondern der tiefe, menschliche Wunsch nach Wahrheit und innerem Frieden am Ende eines langen, komplizierten Weges. Es ist die Offenbarung, dass selbst die größten Helden ihre Schatten haben und dass die wahre komplexe Geschichte eines Menschen oft erst dort beginnt, wo das grelle Licht der Scheinwerfer endet.

Die Wurzeln des sanftmütigen Cowboys: Zwischen Dresden und Venedig
Um die emotionale Tiefe von Terence Hills spätem Bekenntnis zu erfassen, muss man die Dualität seiner Herkunft verstehen. Geboren 1939 in Venedig, als Sohn eines italienischen Chemikers und der Deutschen Hildegard Thieme aus Dresden, war Mario Girotti von Kindheit an ein Bürger zweier Kulturen. Sein Leben war von Anfang an von zwei Sprachen und zwei Herzen geprägt. Die entscheidenden, prägenden Jahre seiner frühen Kindheit verbrachte der kleine Mario während des Zweiten Weltkriegs (1943–1945) bei seinen Großeltern mütterlicherseits in dem kleinen sächsischen Dorf Lomatsch, nahe Dresden.
Diese Zeit, so sagte er später, lehrte ihn mehr als jede spätere Schauspielschule. Sie schärfte sein feines Gespür für ungesagte Worte, für die leise Trauer, die sich hinter dem Alltagsleben verbirgt. Es war eine Lektion in Menschlichkeit und Überleben, die ihm eine emotionale Tiefe verlieh, die seine späteren, oft leichtfüßigen Rollen nur scheinbar überspielten.
Zurück im Nachkriegs-Italien, in Rom, begann seine Karriere fast märchenhaft und rein zufällig. Als sportlicher Jugendlicher wurde er beim Schwimmen von dem berühmten italienischen Filmregisseur Dino Risi entdeckt. Er stand früh vor der Kamera, nahm schließlich den internationalen Künstlernamen Terence Hill an, angeblich weil die Initialen TH denen seiner deutschen Mutter Hildegard entsprachen. Der große, weltweite Durchbruch folgte mit dem Genre, das als rau und experimentell galt: dem Spaghetti Western.
Die schicksalhafte Allianz und die harte Wahrheit des Ruhms
Die wahre Zäsur in Hills Karriere war die schicksalhafte Zusammenarbeit mit dem gutmütigen Riesen Carlo Pedersoli, besser bekannt als Bud Spencer. Gemeinsam entwickelten sie eine völlig neue Art des Westerns – komödiantisch, leichtfüßig, ein Ballett aus perfekt choreografierten Prügeleien, aber immer mit einem großen Herzen. Filme wie Die rechte und die linke Hand des Teufels (1970) und Vier Fäuste für ein Halleluja (1971) machten sie über Nacht zu den beliebtesten Stars des Kontinents.
Doch gerade dieser Erfolg war der Nährboden für die erste Reihe von Enttäuschungen und dem Gefühl, von der Kunstwelt nicht ernst genommen zu werden. Terence Hill, der fast schon stur darauf bestand, alle seine Stunts selbst zu machen, um Authentizität zu vermitteln, empfand eine tiefe Frustration über die Wahrnehmung seiner Kunst durch die Kritiker und die großen Studios. Die Öffentlichkeit liebte seine ansteckende Lebensfreude, doch die Fachwelt maß ihn mit einem anderen Maßstab.
Der Vergleich, der ihn am meisten schmerzte, war jener mit dem amerikanischen Western-Idol Clint Eastwood. Eastwood wurde von Hollywood und der Kritik als der “wahre”, der “authentische”, der “künstlerisch wertvolle” Western-Held gefeiert, dessen Filme Kunst seien. Im Gegensatz dazu wurden Hill und seine europäischen Komödien oft abgetan. Hill soll in einem privaten Moment die tiefe Bitterkeit geäußert haben: „Ich habe mir für das Publikum den Arsch aufgerissen, ich habe mein Leben riskiert.“ Und trotzdem wurden unsere Filme behandelt, „als wäre das noch Kunst“. Dieser ergreifende Kommentar war der Beginn einer langen Reihe von Enttäuschungen, die sein Verhältnis zur Branche für immer prägen sollten.
Dieser Schmerz über das Missverstandenwerden seiner künstlerischen Integrität spiegelt sich in den Namen wider, denen er nicht vergeben konnte:
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Die Studiobosse und die Kritiker: Die Macht des Establishments, die seine Arbeit jahrzehntelang abwertete und ihn auf den “sympathischen Komiker” reduzierte, war eine konstante Kränkung. Seine konsequente Ablehnung von Rollen, die seinem moralischen Kompass widersprachen – selbst wenn sie ihm Verträge und Einfluss in Hollywood gekostet hätten – zeigt, wie tief sein Bedürfnis nach Würde und Integrität war. Er schrieb damals an seinen Agenten: „Ich werde keine Filme machen, bei denen ich mich am nächsten Tag im Spiegel nicht mehr ansehen kann. Ich habe Kinder, die zu mir aufschauen.“
Sergio Corbucci: Die besonders große Spannung mit dem berühmten und berüchtigten Spaghetti-Western-Regisseur Sergio Corbucci, der Hills Interpretation des Western-Genres als zu leicht und humorvoll kritisierte, weil es dessen ursprünglichen Geist verändert habe. Corbucci konzentrierte sich auf die Härte, während Hill Action als komödiantisches Element bevorzugte. Sie verließen ein arrangiertes Treffen ohne Handschlag, und das Projekt scheiterte, da sie sich in ihren künstlerischen Prinzipien nicht einig wurden. Hill hielt an seinen Prinzipien fest: „Ich will keine Helden spielen, die nur schreien. Ich will Männer zeigen, die zweifeln, die lachen, die auch mal Angst haben, Männer, die innerlich kämpfen.“
Jean-Paul Belmondo: Hier war es weniger eine persönliche Fehde als die erzwungene, medial inszenierte Konkurrenz. Während ihre Filme in den Kinos parallel liefen und um die Gunst des Publikums kämpften, inszenierten die Medien genüsslich eine Rivalität zwischen dem italienischen Cowboy und dem französischen Draufgänger. Belmondo wurde als Nationalheld gefeiert, während Hill für viele Kritiker immer nur der sympathische Komiker blieb. Terence Hill sagte später dazu, wie traurig es sei, „wenn Menschen, die im Grunde dasselbe lieben – das Kino, das Publikum – von anderen gegeneinander aufgehetzt werden.“ Er gestand, diesen Moment nie ganz vergessen zu haben.

Der Schlag, der alles veränderte: Der Tod von Ross Hill
Die beruflichen Enttäuschungen und künstlerischen Konflikte waren jedoch nur die Vorboten einer unvorstellbaren Tragödie, die das Leben von Terence Hill für immer in zwei Hälften teilte und seinen späteren Wunsch nach Wahrheit und Versöhnung erst verständlich macht.
Wir schreiben den 30. Januar 1990. In Stockbridge, Massachusetts, stirbt Ross Hill, der 16-jährige Adoptivsohn von Terence und Lori Hill, bei einem Autounfall auf vereister Straße. Ross, den sie 1973 als Säugling in einem Münchner Waisenhaus gefunden und wie ihr eigenes Kind liebten und aufzogen, war ein talentierter junger Mann, der kurz davor stand, an der Seite seines Vaters eine Hauptrolle in Lucky Luke zu übernehmen.
Die Nachricht traf Terence Hill, der in Europa am Set eines neuen Films stand, wie ein Blitzschlag, der ihm den Boden unter den Füßen wegzog. Der Schmerz war unvorstellbar, lähmend. Er tat das, was der Mensch in einer solchen Situation oft tut: Er verschwand. Er stornierte alle Termine, verließ das Filmset und zog sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurück. Wochenlang, monatelang wusste niemand, wo er war. Es gab keine Erklärungen, nur eine Stille.
Als er viele Monate später langsam wieder in Erscheinung trat, war er ein veränderter Mann. Das jungenhafte, verschmitzte Funkeln in seinen Augen, dieses Markenzeichen, war erloschen. Es war ersetzt worden durch einen leeren, unendlich traurigen Blick. Die Interviews wurden noch seltener als zuvor, die Filme, die er drehte, wurden ernster, nachdenklicher, fast melancholisch. Der unerträgliche Schmerz über den Verlust von Ross durchzog fortan alles, was er tat. Der Held war verwundbar geworden, der Mensch hatte die Oberhand über die Rolle gewonnen.
Der härteste Bruch: Die Spannungen mit Bud Spencer
Die tragische Zäsur des Jahres 1990 führte zu der wohl schockierendsten Offenbarung in Terence Hills spätem Geständnis: die Erwähnung von Bud Spencer in der Liste der Namen, denen er nicht vergeben konnte. Bud Spencer – der Mann, mit dem er in über 18 Filmen vor der Kamera stand, sein Fels, sein Bruder, seine „Familie“.
Hill stellte sofort klar, dass es niemals eine persönliche Feindschaft gab, doch er gab zu, dass die Beziehung hinter der perfekten Leinwandharmonie oft kompliziert und voller Spannungen war. „Es gab schwierige Zeiten“, sagte er, „tiefe Meinungsverschiedenheiten über Drehbücher, über politische Botschaften in den Filmen, über die Richtung, in die unsere gemeinsame Karriere gehen sollte.“
Der Höhepunkt dieses Konflikts manifestierte sich bei den Dreharbeiten zu einem ihrer letzten gemeinsamen Filme, Die Troublemaker. Nach dem Tod seines Sohnes suchte Terence Hill nach mehr Tiefe und Ernsthaftigkeit in den Geschichten und wollte die komödiantischen Elemente reduzieren. Spencer hingegen, der fest davon überzeugt war, dass ihre Pflicht darin bestand, dem Publikum Freude und Lachen zu schenken, wollte am bewährten Humor festhalten.
Es kam zu einem lauten, heftigen Streit am Set. Stundenlang redeten die beiden Legenden kein Wort miteinander. Eine eisige Stille lag über dem Set. Es war die ultimative Zerreißprobe ihrer Freundschaft.
Es war der sonst so schweigsame Bud Spencer, der am Abend in ihrem Hotel das Schweigen brach. Er soll seine große Pranke auf Hills Schulter gelegt und mit seiner tiefen, brummigen Stimme gesagt haben: „Ich verstehe dich, Terence, ich verstehe deinen Schmerz, aber du darfst bei all der Trauer die Freude nicht ganz verlieren. Nicht für dich und nicht für die Menschen da draußen, die uns lieben.“
Dieser Moment war der Wendepunkt. Kein Bruch, sondern der ultimative Beweis: Echte, tiefe Freundschaft hält auch die dunkelsten Stunden, die härtesten Wahrheiten und die tiefsten Meinungsverschiedenheiten aus. Terence Hill wusste in diesem Moment, dass er verstanden wurde. Aber die Wunde, die der Streit, die Trauer und die Meinungsverschiedenheiten hinterlassen hatten, brauchte Zeit zur Heilung. Terence Hill wartete nicht auf eine Entschuldigung von der Welt; er begann, sie in sich selbst zu suchen. Er begann, sich von den oberflächlichen Erwartungen der Branche zu lösen und sich auf die Projekte zu konzentrieren, die ihm wirklich am Herzen lagen.

Die heilende Kraft der Versöhnung und das Vermächtnis des 86-Jährigen
Erst Jahrzehnte später, kurz nach dem Tod seines geliebten Bruders Bud Spencer im Jahr 2016, kam es zum Moment der öffentlichen Versöhnung, der Katharsis, die alle Anwesenden zutiefst berührte. Bei einer großen Gedenkveranstaltung für Bud Spencer in Rom stand Terence Hill auf der Bühne. Er, der sein Leben lang so schweigsam über seine Gefühle war, sprach mit ruhiger, aber fester Stimme. „Ich habe ihn manchmal nicht verstanden“, sagte er über Bud, „und er mich wahrscheinlich noch viel weniger. Aber er war mein Bruder. Er hat mein Leben gerettet, viele Male – nicht im Film, sondern wirklich.“
Es war ein tiefes, persönliches Geständnis über Jahre des Schweigens und Missverständnisse, über Dinge, die zwischen zwei Männern, die sich so nah standen, vielleicht nie ausgesprochen wurden. In diesem magischen Moment spürte jeder im Raum: Terence Hill hatte gelernt zu vergeben. Nicht nur Bud Spencer für die Momente des Streits. Er hatte vor allem sich selbst vergeben – für die Wut, für das Schweigen, für das zu lange Festhalten an alten Kränkungen.
Kurz darauf, in einem seiner seltensten und ehrlichsten Interviews mit 86 Jahren, sprach er die Worte aus, die sein spätes Lebensmotto wurden. Er sagte leise und langsam: „Ich bin jetzt 86. Ich habe in meinem Leben viel geliebt, manchmal vielleicht auch gehasst, aber vor allem habe ich oft geschwiegen. Heute glaube ich, dass man am Ende nur dann wahren Frieden findet, wenn man alles ausspricht, was man nie sagen wollte.“
Terence Hill der sanftmütige Held, hat uns am Ende seines Weges nicht nur seine filmische Größe gezeigt, sondern auch seine zerbrechliche, fehlbare und dadurch umso bewundernswertere menschliche Seite. Sein spätes Vermächtnis ist nicht mehr der unbesiegbare Cowboy, sondern die Figur des weisen, gütigen Priesters Don Matteo, dessen Werte er auch im Privaten lebt: Empathie, Seelsorge und Solidarität. Ob durch die Versteigerung des berühmten rot-gelben Dunebuggies aus Zwei wie Pech und Schwefel für das Palheim Kinderkrankenhaus in Budapest oder durch die Widmung von Premiere-Einnahmen an von der Gesellschaft vergessene Menschen – Hill nutzt seinen Status für tief empfundene Solidarität und Menschlichkeit.
Er wünscht sich, dass man sich an ihn erinnert: „Nicht als unbesiegbarer Held, sondern als jemand, der versucht hat, ehrlich zu sein, auch wenn es manchmal weh getan hat.“
Seine Geschichte beginnt als Film, mit Helden, mit Dramatik, aber sie endet als das wahre, komplizierte und zutiefst menschliche Leben eines Mannes, der unter all dem Ruhm und all den Erwartungen vor allem eines geblieben ist: ein Mensch. Eine Geschichte, die in Wahrheit, Schmerz und der heilenden Kraft der Versöhnung mündet. Terence Hill hat uns die wichtigste aller Lektionen gelehrt: Mut, Ehrlichkeit und Lebensfreude sind keine Frage des Alters, und der größte Sieg ist der Frieden, den man in sich selbst findet, nachdem man gelernt hat, die Schatten der Vergangenheit anzunehmen und auszusprechen.